Suchergebnisse für „erdbeben lawine“ – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Shutdown stoppt Kobusch am Denali https://blogs.dw.com/abenteuersport/shutdown-stoppt-kobusch-am-denali/ Wed, 16 Jan 2019 14:45:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43277

Jost Kobusch in Alaska

US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Shutdown, der Stilllegung der Bundesverwaltung, auch Jost Kobusch ausgebremst. Der deutsche Bergsteiger stand im Ort Talkeetna in Alaska plötzlich vor einer verschlossenen Tür. Das Büro der Ranger sei geschlossen, „weil die Finanzierung des Regierungshaushalts aussteht“, las Jost auf einem Schild hinter der Glasscheibe. Per Email informierte die Denali-Nationalparkverwaltung den 26-Jährigen außerdem darüber, dass er wegen des Shutdowns wohl vorerst keine Nachricht mehr erhalten werde. „Schau einfach die Nachrichten“, lautete die Empfehlung.

„Regierungsscheiß“

Kobusch hatte sich vorgenommen, in diesem Winter den 6190 Meter hohen Denali im Alleingang zu besteigen, den höchsten Berg Nordamerikas. Alle Formalitäten hatte er erledigt – bis auf den Besuch in der Ranger-Station in Talkeetna. Anderthalb Jahre Vorbereitung für die Katz. „Es hat schon etwas von einem sehr großen Fehlschlag“, sagte Jost im kanadischen Fernsehsender KTVA (s. Video unten). „Es ist eine Sache, wenn du dich bei starkem Wind auf einem Berg befindest und gezwungen bist, im Sturm umzudrehen.  Aber es ist eine ganz andere Sache, wenn dich so ein Regierungsscheiß zur Umkehr zwingt.“ Um nicht mit ganz leeren Händen nach Deutschland heimreisen zu müssen, wollte Kobusch wenigstens den 3773 Meter hohen Berg Kahiltna Queen besteigen. Doch auch daraus wurde nichts, die Lawinengefahr war zu groß. „Im nächsten Jahr komme ich wieder“, kündigte Jost an.

2015 war Kobusch auf einen Schlag weltweit bekannt geworden. Der junge Deutsche hatte ein Video der Riesenlawine gedreht, die – ausgelöst durch das verheerende Erdbeben am 25. April 2015 – das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest verwüstet hatte. 19 Menschen waren damals zu Füßen des Everest ums Leben gekommen. Im Frühjahr 2016 bestieg Kobusch mit der Annapurna seinen ersten Achttausender – ohne Flaschensauerstoff. Im Herbst 2017 gelang ihm im Alleingang die Erstbesteigung des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II im Osten Nepals. Im vergangenen Herbst eröffnete Jost nach eigenen Angaben solo eine neue Route auf die 4884 Meter hohen Carstensz-Pyramide, den höchsten Berg Ozeaniens. Der Denali sollte sein nächster Alleingang an einem der „Seven Summits“, der höchsten Gipfel aller Kontinente, werden. Doch Bergsteiger sind Trump so was von schnuppe. Aber wer eigentlich nicht?

]]>
Wie der kleine Prinz auf den Pumori https://blogs.dw.com/abenteuersport/wie-der-kleine-prinz-auf-den-pumori/ Thu, 13 Dec 2018 10:41:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42925

Zsolt Torok (r.) am Pumori

„Der kleine Prinz stieg auf einen hohen Berg“, schrieb der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry in seiner 1943 erschienenen, weltberühmten Erzählung „Der kleine Prinz“. „Von einem Berg so hoch wie diesem, dachte er, kann ich in einem Augenblick den ganzen Planeten und die ganze Menschheit überschauen. Aber er sah nichts weiter als die Nadeln spitzer Felsen.“ Zsolt Torok, Teofil Vlad und Romeo (genannt „Romica“) Popa dürften weniger überrascht gewesen sein, als sie im vergangenen Herbst auf dem 7161 Meter hohen Gipfel des Pumori standen und nichts anderes sahen als direkt gegenüber die Achttausender Mount Everest und Lhotse sowie den Siebentausender Nuptse. Die drei Bergsteiger aus Rumänien hatten gerade im Alpinstil – also ohne Einsatz von Sherpas, ohne Flaschensauerstoff und ohne feste Lagerkette – eine neue Route durch die Südostwand eröffnet. Sie tauften sie „Le Voyage du Petit Prince“ (die Reise des kleinen Prinzen). Ich habe Zsolt Torok gefragt, warum ihre Wahl auf diesen Namen fiel.

Die Komfortzone verlassen

Torok, Popa und Vlad – und ihre Route durch die Pumori-Südostwand

„Wegen der Unschuld und Wahrhaftigkeit des Herzens des kleinen Prinzen“, antwortet mir der 45-Jährige. „Wenn er eine Frage stellte, gab er nie auf, bis er eine Antwort erhielt. War er hartnäckig? Oder fühlte er sich der Wahrheit verpflichtet? Auf seiner Reise traf er viele Charaktere. Genau wie wir auf unserer Reise. Und genau wie er mussten auch wir unsere Komfortzone verlassen, um das Wesentliche herauszufinden. Um es auf dem Planeten Pumori zu entdecken.“

Fünf Biwaknächte in der Wand

Die Mixedkletterei zwischen dem Einstieg in die Südostwand auf 5600 Metern und dem Ausstieg auf den Gipfelgrat auf 6700 Metern sei vergleichbar mit der Eigernordwand gewesen – „mit ähnlichen Passagen wie der ‚Rampe‘, der „Weißen Spinne‘ oder dem ‚Wasserfallkamin.“ Fünf Nächte verbrachte das rumänische Trio in der extrem steilen Wand. „Geeignete Biwakplätze fehlten. Wir waren gezwungen, die unmöglichsten Stellen herzurichten.“ Zsolt war die Route im Frühjahr 2017 schon einmal mit seinem Landsmann Vlad Capusan angegangen, hatte den Versuch jedoch wegen zu hoher Lawinengefahr abgebrochen.

„Keine vertikale Arena, eher ein Heiligtum“

Kaum Platz fürs Biwakzelt

Diesmal glückte das Unternehmen. Torok bezeichnet die Erstbegehung der Route als „meinen bis dato größten Erfolg, weil eine Weltpremiere wertvoller ist als eine Wiederholung einer Route.“ Dennoch will der 45-Jährige den Coup des rumänischen Trios nicht zu hoch hängen: „Eigentlich bin ich kein Freund der Jagd nach Erstbegehungen, weil die Berge nicht als vertikale Arena betrachtet werden sollten. Sie sind eher so etwas wie ein Heiligtum. Traditionelle Routen wurden von großartigen Bergsteigern gemeistert. Sie sind, genauso wie Evergreens in der Musik, immer wertvoll.“ Das „romantische Bergsteigen“, zu dem sich Zsolt nach eigenen Worten hingezogen fühlt, „verschwindet allmählich aus den Seelen der Menschen und wird durch den Durst nach dem Extremen ersetzt“.

Auf Nanga Parbat und Saldim Ri

2012 bestieg Torok mit seinen Landsleuten Teofil Vlad, Marius Gane und Aurel Salasan den Nanga Parbat. Es war sein erster Achttausender-Erfolg nach gescheiterten Versuchen am Cho Oyu (2006) und am K 2 (2010). 2016 gelang ihm in Nepal mit Vlad Capusan die Erstbesteigung des 6374 Meter hohen Saldim Ri (auch Peak 5 genannt) nahe dem Achttausender Makalu.

Ursprünglich wollte Zsolt im Frühjahr 2015 den Mount Everest besteigen. Doch die Saison endete, bevor sie richtig begonnen hatte – nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal und der dadurch am Pumori ausgelösten Lawine, die das Everest-Basislager zerstörte und 19 Menschen das Leben kostete. Dieses Erlebnis habe er während der Besteigung des Pumori völlig ausgeblendet, schreibt mir Zsolt. „Es ist wie beim Autofahren. Hältst du erst einmal das Lenkrad in deinen Händen, hast du auch das Vertrauen und die Zuversicht für jede Reise.“

Everest bleibt ein Ziel

Dem Everest im Blick

Der Everest, den er während des Aufstiegs auf den Pumori ständig im Blick hatte, bleibt für Zsolt Torok auch weiterhin ein Ziel, weil „ich wie der kleine Prinz niemals meine Träume und meine Fragen aufgeben werde“. Wenn es so weit sei, wolle er über die Normalroute auf der Südseite aufsteigen, dem Weg der Erstbesteiger, sagt Zsolt, „weil ich ein Romantiker bin“. Er werde dann wohl „zur Enttäuschung vieler“ bei seinem Aufstieg Flaschensauerstoff nutzen, so Torok, „weil es nicht mein Ziel ist, die Grenzen meines Körpers auszutesten, ob er in der Lage ist, auf fast 9000 Metern zu überleben. Mein Ziel wäre es, am Everest einen symbolträchtigen Ort zu erreichen, einen Platz der Meditation. Ich will wissen , wie es sich dort oben anfühlt, welche Gedanken einem durch den Kopf gehen.“

]]>
Doppelt beinamputierter Chinese auf dem Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/doppelt-beinamputierter-chinese-auf-dem-everest/ Mon, 14 May 2018 11:37:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40711

Xia auf der Everest-Südseite

Im fünften Anlauf hat es Xia Boyu geschafft. Wie Mingma Gyalje Sherpa, Expeditionsleiter und Chef des nepalischen Veranstalters „Imagine Trek and Expedition“, auf Facebook mitteilte, gehörte der 69 Jahre alte Chinese zu 14 Mitgliedern seines Teams, die heute den Gipfel des Mount Everest auf 8850 Metern erreichten. Ebenfalls dabei war Nima Jangmu Sherpa, die als erste nepalesische Bergsteigerin innerhalb einer Saison den Everest und den benachbarten Lhotse bestieg. Sie hatte auch zu dem von Mingma angeführten Team gezählt, das am 29. April am Lhotse für den ersten Achttausender-Gipfelerfolg der Frühjahrssaison gesorgt hatte.

Nicht aufgegeben

Für Xia Boyu erfüllte sich heute endlich sein Lebenstraum, auf dem Dach der Welt zu stehen. Bei seinem ersten Versuch 1975 auf der tibetischen Nordseite war Xias Team rund 250 Meter unterhalb des Gipfels in einen Wettersturz geraten. Zwei Tage und drei Nächte mussten die chinesischen Bergsteiger auf einer Höhe von 8600 Metern bei Temperaturen von minus 25 Grad Celsius verbringen. In der folgenden Nacht auf 7600 Metern überließ Xia einem in Not geratenen Teamkollegen seinen Schlafsack. Seine Selbstlosigkeit bezahlte er mit schweren Erfrierungen, beide Beine mussten ihm amputiert werden. Später erkrankte er auch an Lymphdrüsenkrebs. Doch Xia gab die Hoffnung, den Everest zu besteigen, nicht auf. Mit Prothesen begann er wieder zu klettern – und kehrte 2014 zum Everest zurück. Wegen des Lawinenunglücks im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten musste Xia damals unverrichteter Dinge  heimkehren, genauso wie 2015 nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal. Im Frühjahr 2016 scheiterte Xia wegen schlechten Wetters rund 100 Meter unterhalb des Gipfels.

Auch Fixseilteam vom Norden aus auf dem Gipfel

Nordseite des Mount Everest

Am Sonntag hatten acht Sherpas für den ersten Everest-Gipfelerfolg der Saison gesorgt. Sie hatten Fixseile bis zum höchsten Punkt gelegt und damit den Weg für die Teams der kommerziellen Expeditionen freigemacht. Mingmas Mannschaft war die erste, die ihnen folgte. Auch auf der Everest-Nordseite sind jetzt die Seile bis zum höchsten Punkt fixiert. Das berichtet der Veranstalter „Climbalaya“. Mit dabei im erfolgreichen Team sei auch der nepalesische Pfadfinder Anish Luitel gewesen. Der 26-Jährige wollte den Everest im Namen aller Pfadfinder weltweit besteigen. Für Anish war es der zweite Everest-Gipfelerfolg nach 2016.

Gipfelerfolg am Cho Oyu

Cho Oyu

Eine weitere erfolgreiche Besteigung wird auch vom Cho Oyu gemeldet, wo der deutsche Expeditionsleiter des Veranstalters „Summit Climb“, Felix Berg, einer seiner Kunden und Dawa Jangbu Sherpa den Gipfel erreichten. Im Vorfeld hatte mir Felix geschrieben, dass sie ohne Atemmasken aufsteigen wollten. Vor gut einer Woche hatte bereits ein Team des US-Veranstalters Alpenglow Expeditions unter Leitung von Adrian Ballinger den höchsten Punkt des Cho Oyu erreicht – mit Flaschensauerstoff.

]]>
Doppelt beinamputierter Chinese will auf den Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/doppelt-beinamputierter-chinese-will-auf-den-everest/ Sat, 31 Mar 2018 20:21:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40121

Xia Boyu

Die Entscheidung des Obersten Gerichts Nepals, die neuen Everest-Regeln der Regierung zu kippen, hat den Weg für ihn frei gemacht: Der doppelt beinamputierte Chinese Xia Boyu wird sich in diesem Frühjahr auf der nepalesischen Südseite des höchsten Bergs der Erde versuchen. „Wir haben für ihn ein Permit erhalten“, schreibt mir Mingma Gyalje Sherpa, Chef und Expeditionsleiter des nepalischen Veranstalters „Imagine Trek and Expedition“. Der Supreme Court in Kathmandu hatte, wie berichtet, Anfang März die von der Regierung geplante Neuerung, künftig keine Permits mehr für doppelt beinamputierte und blinde Bergsteiger zu gewähren, als diskriminierend zurückgewiesen. Auch Mingma Gyalje hatte für die Entscheidung der Regierung nur ein Kopfschütteln übrig: „Es gibt viele behinderte Bergsteiger, die leistungsfähiger sind als Nicht-Behinderte.“

Schlafsack an Teamkollegen abgegeben

Xia auf der Everest-Südseite

Für den 69 Jahre alten Xia Boyu ist es bereits der fünfte Versuch am Everest. Bei seinem ersten Anlauf 1975 war sein Team rund 250 Meter unterhalb des Gipfels in einen Wettersturz geraten. Zwei Tage und drei Nächte mussten die chinesischen Bergsteiger auf einer Höhe von 8600 Metern bei Temperaturen von minus 25 Grad Celsius verbringen. In der folgenden Nacht auf 7600 Meterm überließ Xia einem in Not geratenen Teamkollegen seinen Schlafsack. Seine Selbstlosigkeit bezahlte er mit schweren Erfrierungen, beide Beine mussten ihm amputiert werden.

2016 knapp gescheitert

Später erkrankte er auch an Lymphdrüsenkrebs. Doch Xia gab die Hoffnung, den Everest zu besteigen, nicht auf. Mit Prothesen begann er wieder zu klettern – und kehrte 2014 zum Everest zurück. Wegen des Lawinenunglücks im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten musste Xia damals unverrichteter Dinge  heimkehren, genauso wie 2015 nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal. Im Frühjahr 2016 scheiterte Xia wegen schlechten Wetters rund 100 Meter unterhalb des Gipfels. „Wenn ich alleine gewesen wäre und in Anbetracht meines Alters und der 40 Jahre, die ich für meinen Traum gekämpft hatte, wäre ich weiter aufgestiegen, ohne an die Konsequenzen zu denken“, sagte Xia Boyu in einem Interview von aponetv.cn. „Aber als ich zurückschaute, blickte ich in die Gesichter von fünf Sherpas. Sie haben Familien. Deshalb beschloss ich umzukehren.“

Hari Budha Magar erst 2019 zum Everest

Auch der doppelt beinamputierte Hari Budha Magar wollte ursprünglich in diesem Frühjahr den Everest besteigen. Der Nepalese verschob sein Vorhaben jedoch wegen der neuen Expeditionsregeln in seinem Heimatland um ein Jahr. Der 38-Jährige hatte als Soldat des britischen Gurkha-Regiments bei einer Bombenexplosion 2010 in Afghanistan beide Beine oberhalb der Knie verloren.

]]>
Nangpai-Gosum II-Erstbesteiger Kobusch: „Sehr schwierig“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/#comments Tue, 17 Oct 2017 13:09:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38203

Kobuschs Route am Nangpai Gosum II

„Das Gefühl war mehr als überwältigend, an einem Ort zu stehen, den vor mir noch kein Mensch betreten hat“, schreibt Jost Kobusch über seine Erstbesteigung des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II im Osten Nepals. Wie berichtet, hatte der 25 Jahre alte Deutsche vor zwei Wochen den bis dahin vierthöchsten noch unbestiegenen Berg der Erde im Alleingang gemeistert. „Solche Besteigungen sind noch unverfälschter, echter Alpinismus“, schreibt mir Jost. „Das ist genau die Richtung die ich einschlagen möchte – denn ein Solo auf einer Route mit anderen Bergsteigern ist kein wirkliches Solo. Ich möchte Alpinismus in seiner reinsten Form genießen. Für mich ist das maximal minimalistisches Bergsteigen.“ Inzwischen hat Kobusch auch den Verlauf seiner Route bekanntgegeben, die er mir gegenüber mit „TD“ bewertete, also mit „sehr schwierig“ (TD steht im „International French Adjectival System“ (IFAS)  für „Tres Difficile“ mit 65 bis 80 Grad steilen Eis- und Schneepassagen sowie Felskletterei im fünften und sechsten Grad). Er war mit einem sehr kleinen Team unterwegs: Seinem Koch Ngima, dessen Helfer Phurba und Kameramann Raphael Schardt, der laut Jost nur zu Beginn der Expedition einmal mit zum vorgeschoben Basislager kam, dann aber nur noch mit einem großen Teleobjektiv vom Basislager aus filmte.

Beinahe-Absturz

Schwierige Verhältnisse

Er habe ursprünglich vorgehabt, über jene Route durch die Südwand aufzusteigen, auf der ein Team französischer Bergführer zwei Jahre in Folge gescheitert sei, berichtet Jost. Auf einer Höhe von etwa 6300 Metern wäre Kobusch beinahe aus einer Eisflanke abgestürzt. Die starke Sonneneinstrahlung hatte dazu geführt, dass die Eisschraube und das Eisgerät, mit denen er sich am Standplatz gesichert hatte, „in 20 Minuten ausgeschmolzen sind“. Lediglich ein kurz zuvor gerade mal „halb eingeschlagener Haken“ habe gehalten und ihm das Leben gerettet.

Schnee bis zur Hüfte

Kobusch auf dem Gipfel des Nangpai Gosum II

Jost stieg zurück ins Basislager und entschied sich für „ein leichtes und schnelles Solo“ auf einer anderen Route. Vom vorgeschobenen Basislager auf 5600 Metern aus erreichte der deutsche Bergsteiger nach jeweils einer Nacht in Lager 1 (6400 Meter) und Lager 2 (6840 Meter) am dritten Tag den höchsten Punkt des Nangpai Gosum II auf 7296 Metern.  Auf dem letzten Stück, so Kobusch, habe er noch mal richtig beißen müssen: „Auf dem Plateau vor der Spitze traversierte ich 800 Meter und kämpfte mich durch fast taillentiefen Schnee bis zum Gipfel, den ich am 3. Oktober um 10:25 Uhr erreichte. Windgeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h machten meinen Aufenthalt an diesem unberührten Ort kurz.“ Die Erstbesteigung des Nangpai Gosum II, schreibt mir Jost, „ist für mich persönlich der Beginn von vielen weiteren Expeditionen in diesem Stil: No Support oberhalb des Basislagers, ganz alleine auf einer Route und natürlich (auch bei höheren Bergen) kein Flaschensauerstoff.“

Annapurna ohne Flaschensauerstoff

Kobusch (r.) mit offizieller Gipfelurkunde

Für den Westfalen Kobusch – geboren in Bielefeld, wo die höchste Erhebung „Auf dem Polle“ kein Berg, sondern eine 320 Meter hoher Kuppe  ist – war es der zweite große Erfolg seiner Höhenbergsteiger-Karriere. Im Frühjahr 2016 hatte Jost ohne Flaschensauerstoff seinen ersten Achttausender bestiegen, die Annapurna. Ein Jahr zuvor war Kobusch auf einen Schlag weltweit bekannt geworden. Der junge Deutsche hatte ein Video der Riesenlawine gedreht, die – ausgelöst durch das verheerende Erdbeben am 25. April 2015 – das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest verwüstet hatte. 19 Menschen waren damals zu Füßen des Everest ums Leben gekommen.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/feed/ 1
Kobusch als Erster auf dem Nangpai Gosum II https://blogs.dw.com/abenteuersport/kobusch-erstbesteigung-nangpai-gosum-ii/ Tue, 10 Oct 2017 13:54:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38087

Kobusch auf dem Gipfel des Nangpai Gosum II

Ein weißer Fleck weniger auf der Landkarte der höchsten Berge: Dem 24 Jahre alten deutschen Bergsteiger Jost Kobusch gelang nach eigenen Angaben im Alleingang die Erstbesteigung des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II. Der bis dahin vierthöchste unbestiegene Berg der Welt liegt im Grenzgebiet zwischen Nepal und China, unweit des Achttausenders Cho Oyu. Der etwas höhere Nangpai Gosum I (7351 Meter) ist auch als Jasemba bekannt, in Nepal heißt er offiziell Pasang Lhamu Chuli, benannt nach der ersten nepalesischen Frau auf dem Mount Everest. „Ich bin sehr schnell unterwegs gewesen.  Kurz vor dem Gipfel wurde es noch einmal anstrengend, es gab richtig viel Tiefschnee“, sagte Jost in einem Podcast, der auf seiner Internetseite veröffentlichte.  „Da oben zu stehen, war befreiend. All diese Schmerzen, die Anstrengungen, die vorher da waren,  haben auf einmal nachgelassen. Ich denke, ich habe vorher nicht so richtig geglaubt, dass es klappt.“

Fast abgestürzt

Jost in Kathmandu

Einen ersten Versuch auf seiner ursprünglich geplanten Route hatte Kobusch nach eigenen Worten abbrechen müssen.  „Es war zu gefährlich, sagte Jost. „Ich bin an eine Stelle gekommen, wo das Eis so dünn und fragil wurde und die Sonne so stark geschienen hat,  dass es einfach nicht mehr sicher war. Ich bin dort fast abgestürzt. In dem Moment hat es sich so angefühlt, als wäre die ganze Expedition fehlgeschlagen.“ Er habe sich dann für eine andere Route entschieden, auf der es „relativ gut funktioniert“ habe.  Viel Zeit habe er nicht auf dem Gipfel des Nangpai Gosum II verbracht, berichtete Kobusch:  „Als ich oben war, ging mein Fokus sofort nach unten.  Ich dachte: Nichts wie runter hier!“

2016 auf der Annapurna

2016 an der Annapurna

Im Frühjahr 2016 hatte Jost ohne Flaschensauerstoff seinen ersten Achttausender bestiegen, die Annapurna. Kurz unterhalb des Gipfels hatte er mit einem anderen Bergsteiger eine Partie Blitzschach gespielt. Ein Jahr zuvor war Kobusch auf einen Schlag weltweit bekannt geworden. Der junge Deutsche hatte ein Video der Riesenlawine gedreht, die – ausgelöst durch das verheerende Erdbeben am 25. April 2015 – das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest verwüstet hatte. 19 Menschen waren damals zu Füßen des Everest ums Leben gekommen.

]]>
Es war einmal … der Hillary Step https://blogs.dw.com/abenteuersport/es-war-einmal-der-hillary-step/ Tue, 13 Jun 2017 13:49:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36655

Hillary Step 2017

Der dicke Brocken ist weg. So viel steht fest. Tim Mosedale, sechsmaliger Everest-Besteiger aus Großbritannien, hat auf Facebook noch einmal einige Bilder nachgelegt, um seine These zu untermauern, dass der Hillary Step, jene markante, zwölf Meter hohe Felsstufe auf 8790 Meter Höhe, in seiner bisherigen Form nicht mehr existiert. Tims Bilder zeigen: Wo einst ein mächtiger Felsbrocken das letzte ernsthafte Hindernis vor dem Gipfel darstellte, liegen jetzt nur noch ein paar Bröckchen herum. Das hatte der britische Expeditionsleiter bereits Mitte Mai nach seinem erfolgreichen Gipfelversuch behauptet: „Es ist offiziell. Der Hillary Step ist nicht mehr.“

Regierung spricht von Missverständnis

Hillary Step 2009

Mosedale musste sich anschließend einiges anhören. Vor allem aus Nepal wurde ihm vorgeworfen, er verbreite „Fake News“. Die nepalesische Regierung äußerte sich sogar ganz offiziell. Man habe sich bei den „Icefall Doctors“, den hoch spezialisierten Sherpas am Everest, erkundigt, hieß es in einer Pressemitteilung des Tourismusministeriums: „Der Bericht der Icefall Doctors bestätigt, dass der Hillary Step noch intakt und mit Schnee bedeckt ist. Das Missverständnis mag entstanden sein, weil die neue Route rund fünf Meter rechts der Originalroute angelegt worden ist.“

Letzteres stimme, sagt Mosedale. „Aber es war nur weiter rechts, weil der Hillary Step nicht da war und wir stattdessen über den Schneegrat aufstiegen.“ Rückendeckung erhält der Brite von anderen Bergsteigern, die in diesem Frühjahr am Gipfel waren, wie dem US-Expeditionsleiter Garrett Madison. „Es ist ziemlich offensichtlich, dass der Brocken heruntergestürzt ist und jetzt an der Stelle Schnee liegt“, sagte Madison dem Magazin „Outside“. „Einige der Felsen darunter sehen aus wie vorher, aber der dicke Brocken fehlt jetzt.“

Folge des Erdbebens von 2015?

Hillary Step 2017 (Nahaufnahme)

Das erleichterte in der kürzlich zu Ende gegangenen Frühjahrsaison, in der im Gipfelbereich relativ viel Schnee lag, den Aufstieg. Welche Folgen die Veränderung des Geländes in schneearmen Jahren hat, in denen sich kein breiter Schneegrat bildet, wird sich zeigen.

Bereits 2016 hatten Bergsteiger berichtet, dass der Hillary Step anders aussehe als vor dem verheerenden Erdbeben, das Nepal vor zwei Jahren erschüttert hatte. Gut möglich, dass sich der dicke Brocken wirklich während des Bebens gelöst hat. Gipfelanwärter, die sich am 25. April 2015 im Tal des Schweigens aufhielten, beobachteten Steinschlag von Everest und Lhotse.

Letzte Schlüsselstelle vor dem Gipfel

Hillary Step 2013

Der Hillary Step ist mehr als nur ein Stück Berg, er ist ein Mythos. Kletterexperten ordnen die Felsstufe zwar nur irgendwo zwischen dem ersten und zweiten Schwierigkeitsgrad nach der Skala des Weltverbands der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) ein. Doch in dieser extremen Höhe, wo der Sauerstoff nur noch mit einem Drittel des Drucks in die Lungen gepresst wird wie auf Meereshöhe, wird selbst diese Kletterei, die man in den Alpen unter Umständen belächeln würde, zu einer echten Herausforderung. Nicht umsonst bildeten sich früher am Hillary Step lange Schlangen, weil viele Kunden kommerzieller Expeditionen damit schlicht überfordert waren. Bei der Erstbesteigung 1953 hatte der Neuseeländer Edmund Hillary sein Herz in beide Hände genommen und war durch einen dünnen Riss zwischen Fels und Eis nach oben geklettert. „Danach realisierte ich erstmals, dass wir es auf den Gipfel schaffen würden“, sagte einst der Everest-Pionier über die letzte Schlüsselstelle, die nach ihm benannt wurde. Der Neuseeländer starb 2008 im Alter von 88 Jahren.

Zorn der Götter

Südseite des Mount Everest

Berge sind seismischen Aktivitäten und dem Klima ausgesetzt, können sich somit auch verändern. Felsstürze kommen überall auf der Welt vor. So verlor der Mount Cook, der höchste Berg Neuseelands, 1991 deutlich an Höhe, als Fels und Eis im Gipfelbereich abbrachen. Warum also sollte es nicht auch den Mount Everest erwischen können? Die Sherpas nennen den höchsten aller Berge Chomolungma, „Göttinmutter der Erde“. Naturereignisse wie Felsstürze oder Lawinen werden in ihrem Glauben als Zeichen dafür gewertet, dass die Menschen den Zorn der Götter auf sich gezogen haben. Vielleicht erklärt das, warum sich viele in Nepal so schwer damit tun, dass der Hillary Step nicht mehr so aussieht wie zuvor.

]]>
Jornet und Holzer auf dem Everest, Revol auf dem Lhotse https://blogs.dw.com/abenteuersport/jornet-und-holzer-auf-dem-everest-revol-auf-dem-lhotse/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/jornet-und-holzer-auf-dem-everest-revol-auf-dem-lhotse/#comments Mon, 22 May 2017 10:01:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36327

Mount Everest

Heute dürfte es richtig voll am Gipfel des Mount Everest gewesen sein. Allein von der Nordseite hätten  möglicherweise 60 Bergsteiger versucht, den höchsten Punkt der Erde auf 8850 Metern zu erreichen, schreibt Ralf Dujmovits auf Instagram. Die Zahl der Gipfelanwarter auf der nepalesischen Südseite sollte noch deutlich höher gewesen sein. Dujmovits, der bisher einzige Deutsche, der alle 14 Achttausender bestiegen hat, plant, den Gipfel des Everest ohne Flaschensauerstoff zu erreichen. Der 55-Jährige will nach eigenen Worten den aktuellen Ansturm abwarten und erst danach seinen Versuch auf der Nordroute starten: „In meinem Alter ohne Flaschensauerstoff muss man in sehr gleichmäßigem Tempo aufsteigen. Ich kann nicht einfach beschleunigen, um andere zu überholen (und dabei Körperwärme einbüßen) und kann auch nicht an den typischen Staustellen warten (und damit auch Körperwärme verlieren).“

Mit Bauchschmerzen zum Gipfel

Kilian Jornet beim Aufstieg

Bereits gegen Mitternacht hat der Spanier Kilian Jornet nach eigenen Angaben den Gipfel des Mount Everest erreicht – „alleine, ohne Sauerstoff-Unterstützung und Fixseile“, wie sein Team auf Facebook wissen lässt. 38 Stunden nach dem Start seines Speed-Aufstiegs am Kloster Rongbuk auf 5100 Metern Höhe sei der 29-Jährige wieder zurück im vorgeschobenen Basislager gewesen. Dort habe er sich entschlossen, nicht, wie ursprünglich geplant, zum Kloster Rongbuk zurückzulaufen, sondern wegen gesundheitlicher Probleme sein Speed-Projekt zu beenden. „Bis auf eine Höhe von 7700 Metern fühlte ich mich gut, alles lief nach Plan. Aber dann bekam ich Bauchschmerzen, ich vermute einen Virus“, sagte Kilian. „Von dort aus habe ich mich nur noch langsam bewegt, alle paar Schritte musste ich stoppen, um mich zu erholen. Dennoch habe ich um Mitternacht den Gipfel erreicht.“

Holzer im dritten Anlauf erfolgreich

Am Sonntag hatten nach Angaben der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ mehr als 70 Bergsteiger auf dem höchsten Punkt gestanden. Darunter war das Team des österreichischen Veranstalters Furtenbach Adventures. Ihm gehörten unter anderen der blinde Bergsteiger Andy Holzer und seine beiden Begleiter Wolfgang Klocker und Klemens Bichler an. „Wir sind so glücklich. Es ist gelungen“, schrieb Andy per Email an seine Frau Sabine.  „War extrem hart. Acht Stunden Aufstieg und fünf Stunden Abstieg bis Camp 3.“

Andy Holzer (2.v.r.) mit seinen Begleitern

Der 50-Jährige war bereits 2014 auf der Südseite und 2015 auf der Nordseite des Everest gewesen. Beide Saisons waren vorzeitig zu Ende gegangen, 2014 wegen des Lawinenunglücks im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten, 2015 wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal.  „Wir sind brutal stolz, das war wirklich ein vier Jahre langes Programm“, sagte Holzer. „Dreimal hergefahren. Es hat viel Geld gekostet, viele Enttäuschungen, und jetzt sind wir endlich am Gipfel gewesen.“ Er ist der erste blinde Bergsteiger, der den Gipfel des Mount Everest von der tibetische Nordseite aus erreicht hat. Der erste Blinde überhaupt auf dem höchsten Berg der Erde, der US-Amerikaner Erik Weihenmayer, war 2001 von Süden her aufgestiegen.

Zum erfolgreichen Furtenbach-Team gehörte auch die 26 Jahre alte Anja Blancha. Sie wird künftig als jüngste deutsche Bergsteigerin auf dem Everest in den Listen geführt wird. Bis dahin war es laut Billi Bierling von der „Himalayan Database“ Claudia Bäumler, die 2002 als 33-Jährige aufgestiegen war.

R.I.P.

Vier Tote

Am Sonntag wurden vom Everest jedoch nicht nur Gipfelerfolge, sondern auch Todesfälle gemeldet. Ein US-Amerikaner und ein Slowake, beide 50 Jahre alt, starben auf der Südseite, ein 54-jähriger Australier auf der Nordseite. Ein zunächst vermisster indischer Bergsteiger wurde inzwischen nahe dem Südsattel tot aufgefunden.

 

Polnische Gipfelerfolge, Revol auf dem Lhotse

Polnische Medien berichten, am Sonntag habe Janusz Adamski alleine und ohne Flaschen-Sauerstoff den Mount Everest bestiegen. Er sei von Norden gekommen und dann auf der Südseite abgestiegen. Sein Landsmann Rafal Fronia hat laut Meldungen aus Polen ohne Atemmaske den Lhotse bestiegen.

Die Französin Elisabeth Revol hat nach eigenen Angaben bereits am Samstag den Gipfel des Lhotse erreicht. „Ich war am Gipfel, konnte aber nur von 30 Metern unterhalb eine Nachricht senden, weil oben zu viel Wind war“, schreibt Elisabeth auf Facebook. „Ich habe sogar meinen Handschuh verloren. Er flog weg. Jetzt bin ich glücklich!“ Vor nicht einmal zwei Wochen hatte Revol versucht, den Makalu zu besteigen, hatte aber wegen zu viel Wind am 8445 Meter hohen Vorgipfel umkehren müssen.

Update 24. Mai: Der Pole Adamski hat inzwischen eingeräumt, dass Sherpas für ihn Zelte nach Lager 1 und 2 trugen und er ab Lager 3 Flaschensauerstoff benutzte. Offenbar hatte er auch kein Permit für seine Überschreitung des Gipfels hinüber auf die nepalesische Südseite.

Update 9. Juni: Ich habe die Information entfernt, dass Andy Holzer die Seven Summits vervollständigt habe. Der Österreicher bestätigte Berichte, dass er 2008 am Denali, dem höchsten Berg Nordamerikas, bei schlechtem Wetter nicht den Hauptgipfel, sondern nur das Kahiltna Horn erreicht habe, den rund 70 Meter niedrigeren Vorgipfel. „Die Temperatur war weit unter 40 Grad minus und für mich war damals wie heute bekannt, dass dieser Punkt als ‚Schlechtwettergipfel‘ Gültigkeit hat und hatte, schrieb Holzer an bergsteiger.com. Seltsame Argumentation.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/jornet-und-holzer-auf-dem-everest-revol-auf-dem-lhotse/feed/ 2
Gleiche Route wie im Unglücksjahr 2014 https://blogs.dw.com/abenteuersport/gleiche-route-wie-im-ungluecksjahr-2014/ Tue, 04 Apr 2017 15:04:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35699

Rechts die Route der beiden Vorjahre, links die von 2014 (© madisonmountaineering.com)

Ist die Erinnerung an die Everest-Tragödie von 2014 so schnell verblasst? Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ haben die „Icefall Doctors“ die Route durch den Khumbu-Eisfall für die anstehende Saison wieder auf die vom Basislager aus gesehen linke Seite des Eislabyrinths verlegt, direkt unterhalb der eisbeladenen Westschulter. Am 18. April 2014 hatte sich von dort eine Eislawine gelöst, 16 nepalesische Bergsteiger waren bei dem Unglück ums Leben gekommen. Die Saison war damals vorzeitig abgebrochen worden. Im Frühjahr 2015 (auch diese Saison endete wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal vorzeitig) und 2016 hatten die Sherpas, die für die Absicherung und Instandhaltung der Route durch den Eisbruch zuständig sind, eine Variante auf der von unten gesehen rechten Seite gewählt.   

Gibt es einen richtigen Weg?

Im Khumbu-Eisbruch

Nach dem Unglück 2014 war eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob die „Icefall Doctors“ eine Mitschuld an der Tragödie trügen. „Sie haben die Piste an der schwächsten Stelle gebaut, wo die Schwierigkeiten am geringsten, aber die Gefahren am größten sind. Das ist nicht schlau“, sagte seinerzeit Reinhold Messner. Andere verwiesen hingegen darauf, dass der immer stärkere werdende Eisfluss einen Aufstieg durch die Mitte, wie er früher praktiziert worden war, kaum noch ermögliche. Und dass am anderen Rand des Eisbruchs, Lawinen von den Flanken des 7861 Meter hohen Nuptse drohten.

Klimawandel erhöht das Risiko  

Absolut sicher ist, dass der Eisbruch unsicher ist. Die Passage gleich oberhalb des Basislagers war schon immer jene mit den höchsten objektiven Gefahren. Und der fortschreitende Klimawandel erhöht das Risiko, dass sich Lawinen von der Westschulter und den Hängen des Nuptse lösen oder Seracs zusammenbrechen. Die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Tragödie steigt mit der Zahl der Bergsteiger, die sich gleichzeitig im Eisbruch befinden. Es ist wie bei Blitzeis auf der Autobahn: Je mehr Verkehr, desto mehr Tote. In diesem Frühjahr wird auf der nepalesischen Südseite des Bergs mit rund 500 Everest-Gipfelanwärtern gerechnet.

]]>
Dominik Müller: „Es wird am Everest mehr los sein“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dominik-mueller-es-wird-am-everest-mehr-los-sein/ Sat, 18 Mar 2017 13:06:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35469

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Es könnte eine Rekordsaison am Mount Everest werden. Experten rechnen nach der erfolgreichen Saison 2016 in diesem Frühjahr mit einem regelrechten Ansturm auf den höchsten Berg der Erde – zumal noch viele Bergsteiger ihre verlängerten Genehmigungen von 2014 (gelten noch bis 2019) und 2015 (laufen in diesem Jahr aus)  nutzen wollen. 2014 war die Saison in Nepal nach einem Lawinenunglück im Khumbu-Eisfall mit 16 Toten vorzeitig beendet worden. 2015 hatte es wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal auf beiden Seiten des Bergs keine Besteigungen gegeben.

Dominik Müller, Chef des deutschen Expeditionsveranstalters Amical alpin, startet am 8. April mit einem nach seinen Worten „kleinen, aber feinen Team“ zum Everest. Drei Kunden, vier Climbing Sherpas und er selbst wollen versuchen, den 8850 Meter hohen Gipfel über die Normalroute auf der tibetischen Nordseite zu erreichen. „Ich werde dabei Flaschensauerstoff nutzen, weil ich der Meinung bin, dass ich nur dann andere Leute bestmöglich unterstützen kann“, sagt mir der 46-Jährige. „Wer ohne Sauerstoff an den Everest geht, ist schon so mit sich selbst beschäftigt, dass er wahrscheinlich keine Ressourcen mehr übrig hat, um noch andere zu betreuen.“ Ich habe mit ihm über die bevorstehende Saison gesprochen.

Dominik, mit welchen Erwartungen startest du bald Richtung Himalaya?

Dominik Müller

Es wird wahrscheinlich etwas mehr los sein, vor allem auf der Everest-Südseite. Aber auch auf der Nordseite wollen sich offenbar mehr Bergsteiger als sonst versuchen.

China hat wieder einmal die Preisschraube angezogen, um mehr als 30 Prozent. Ein Permit für den Everest kostet inzwischen knapp 10.000 Dollar. Was hat das für Auswirkungen?

Das wird nicht nur für den Everest, sondern ganz Tibet die Folge haben, dass die Kunden wegen der Preise wieder mehr auf die nepalesische Seite wechseln werden. Nichtsdestotrotz denke ich, dass sich am Everest nicht viel ändern wird. Ich sehe die Route auf der Nordseite mit Blick auf die objektiven Gefahren als die sicherere Route, auch wenn es von der Logistik her mehr Aufwand ist. Aber für die anderen Achttausender in Tibet wird es bedeuten, dass dort deutlich weniger los sein wird.

Viele Veranstalter bevorzugen noch immer die nepalesische Seite, weil sie die Politik Chinas in Tibet für unvorhersehbarer halten. Teilst du diese Einschätzung?

Es ist nicht unvorhersehbarer, als es vor acht oder zehn Jahren war. Für mich waren die Chinesen in Tibet bisher sehr verlässliche Partner. Wenn man etwas ausgemacht hatte, konnte man sich darauf berufen. Das hat immer gut funktioniert. So werden im kommenden Herbst für den Cho Oyu nur ein paar Permits verkauft. Das wurde vorher kommuniziert. Wir haben uns jedoch entschlossen, im Herbst an den Manaslu statt an den Cho Oyu zu gehen.

Nepalesische Seite des Cho Oyu

Nicht nur am Cho Oyu, auch an der Shishapangma soll es Einschränkungen bei den Permits für den Herbst geben. Wurde auch ein Grund genannt?

Anscheinend soll es im Herbst eine Veranstaltung in Tibet geben. Da haben die Chinesen wohl Angst, dass es zu Unruhen kommen könnte und wollen deshalb so wenig Ausländer wie möglich in Tibet haben. Ich hätte die Chance gehabt, Permits für den Cho Oyu zu erhalten, hätte sie aber schon jetzt bestätigen müssen. Nach meinen Informationen aus China werden in diesem Herbst nur 50 Permits verkauft. Der Vorteil ist, dass man dann recht einsam am Berg unterwegs ist. Es gibt aber auch Nachteile. So braucht man nach einem großen Neuschneefall auch Manpower. Wenn man dann nur mit kleinen Teams unterwegs ist, hat man Schwierigkeiten, die Route zu sichern.

Gipfel des Mount Everest (vom Nordostgrat aus gesehen)

Der Schweizer Expeditionsveranstalter Kari Kobler wies zuletzt auf die nach wie vor bestehende Korruption chinesischer Politiker in Tibet hin. Macht dir das auch Probleme?

Die Korruption gibt es natürlich – aber nicht nur in China, sondern in einigen Ländern weltweit, die wir als Bergsteiger bereisen. Ich glaube es ist vermessen, zu glauben, wir könnten die ganze Welt in diesem Punkt verändern. Wir müssen uns wohl damit arrangieren. Die einzige mögliche Konsequenz wäre, nicht mehr dorthin zu fahren. Aber dann können wir dem kleinen Mann – dem Sherpa, dem Koch, dem Küchenjungen – keine Arbeit mehr geben.

Inzwischen tauchen auch immer mehr chinesische Bergsteiger an den Achttausendern auf, nicht nur in Tibet, auch in Nepal. Ist China ist der Markt der Zukunft?

Für uns Europäer glaube ich das nicht. Die Chinesen werden wohl eher mit den einheimischen Agenturen unterwegs sein. Ich glaube, es wäre auch schwierig, Chinesen und Europäer als Kunden unter einen Hut zu bekommen. Allein schon wegen der Sprachbarriere.

]]>
Unglücklich gelaufen https://blogs.dw.com/abenteuersport/kuenkel_pemba-jangbu-ght/ Tue, 14 Mar 2017 22:47:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35381

Hannes Künkel auf dem Great Himalayan Trail

Nicht nur die Winterexpeditionen am Mount Everest und am Manaslu sind gescheitert. Auch ein anderes Winterprojekt verlief nicht gerade so wie geplant. Hannes Künkel und sein nepalesischer Freund Pemba Jangbu Sherpa brachen ihren Versuch ab, die höchstgelegene Route des Great Himalayan Trail im Winter zu bewältigen: der Deutsche nach rund 130 Kilometern, Pemba nach etwa 220 Kilometern, aus unterschiedlichen Gründen. „Ich habe mit allen expeditionstypischen Ereignissen gerechnet, einschließlich Erdbeben“, erzählt mir Hannes, „aber nicht damit, dass mich so eine ‚Lappalien-Krankheit‘ wie Durchfall rausschmeißt.“

So weit wie möglich

Zunächst Traumwetter

Eigentlich hatten sich die beiden vorgenommen, in 50 Tagen mit ihrem Sherpa-Team so weit wie möglich nach Westen vorzudringen: Vom äußersten Osten Nepals, an den Achttausendern Kangchendzönga, Makalu und Everest vorbei, zunächst Richtung Rolwaling. Schon bis dorthin hätte das Wintertrekking über mehr als 22.000 Höhenmeter im Auf- und Abstieg geführt, über zwei Pässe höher als 6000 Meter und vier mehr als 5000 Meter hohe Übergänge. Insgesamt ist der Great Himalayan Trail allein in Nepal über 1500 Kilometer lang.

Doppelt krank

Schwer gezeichnet

Anderthalb Jahre hatten der 35 Jahre alte Deutsche und sein 31 Jahre alter nepalesischer Freund das Projekt geplant. Doch nach drei Wochen erwischte es Hannes Künkel. Plötzlich fühlte er sich schlapp, dann setzte der Durchfall ein. Künkel musste sich mit dem Hubschrauber nach Kathmandu ausfliegen lassen. Die Diagnose der Ärzte im Krankenhaus: akute Lebensmittelvergiftung, dazu eine Infektion durch Parasiten. „Mir hat es nicht gepasst, zehn Tage in Kathmandu herumzusitzen“, räumt Hannes ein. „Am dritten Tag habe ich gedacht: Wie soll ich das nur aushalten? Aber dann habe ich mich darauf eingelassen und die Dinge akzeptiert.“

Lieber die einfachste Route

Derweil versuchten Pemba und die anderen Sherpas, den Weg fortzusetzen. „Ich fand den Entschluss des Teams total klasse“, erinnert sich Hannes. „Dass sie gesagt haben: Es kann nicht sein, dass wir unser Projekt aufgeben, nur weil ich krank werde.“

Hannes (3.v.r.), Pemba (l.) und ihre Mitstreiter

Künkel bezeichnet sich selbst „eher als klassischen Himalaya-Reisenden und -Forscher, der Schwierigkeiten, die das alpine Gelände stellt, gerne in Kauf nimmt und auch mal aufsteigt, um einen tollen Ausblick zu haben, aber der sich bemüht, die einfachste Route zu gehen.“ Künkel, ein gebürtiger Hamburger, lebt mit Frau und zwei  Kindern in Göttingen. Dort leitet der studierte Geograf eine auf Outdoor spezialisierte Marketing- und Filmproduktionsfirma. Ein großer Bergsteiger sei er nicht, sagt Hannes – auch wenn er als Filmer schon an zwei Achttausender-Expeditionen teilgenommen hat: 2013 zum Manaslu, wo er bis auf über 6000 Meter aufstieg, und 2015 auf die tibetische Nordseite des Mount Everest, wo das verheerende Erdbeben in Nepal zum vorzeitigen Ende der Saison führte.

Jetzt auch Unternehmer

Pemba Jangbu Sherpa (2.v.l.)

Am Everest lernte Künkel Pemba Jangbu Sherpa kennen, einen richtig guten Bergsteiger. Pemba hat bereits den Mount Everest bestiegen und auch Erfahrung an den Achttausendern K 2, Makalu, Manaslu, Cho Oyu und Shishapangma gesammelt. „Er ist ein ganz vorsichtiger und erfahrener Höhenbergsteiger, gleichzeitig aber auch ein richtiger Witzbold“, schwärmt Hannes. „Ein Klassetyp. Ich vertraue ihm.“

Künkels Eindruck kann ich übrigens bestätigen. Bei der AMICAL-Expedition zum 7246 Meter hohen Putha Hiunchuli im Herbst 2011 – bei der ich selbst 150 Meter unterhalb des Gipfels umgekehrt war – hatte Pemba Jangbu sich als leistungsstark und immer gut gelaunt präsentiert. Der verheiratete Vater zweier Kinder hat sich inzwischen selbstständig gemacht: In Kathmandu leitet er seit 2016 den Expeditions- und Trekkingveranstalter International Altitude Mountaineering (IAM).

Richtige Entscheidung

Hüfthoher Schnee

„Natürlich gibt es zwischen uns auch eine geschäftliche Ebene, schließlich arbeitet er für mich“, sagt Hannes. „Aber in erster Linie sind wir Freunde.“ Und mit einem nepalesischen Freund unterwegs zu sein, sei eine neue und sehr schöne Erfahrung gewesen. Das habe er bei seinen 13 vorhergehenden Nepal-Reisen so noch nicht erlebt.

Eigentlich wollte Künkel nach überstandener Krankheit wieder zum Team zurückkehren. Doch die Wetterlage hatte sich inzwischen dramatisch verschlechtert. „Die Jungs sind am Schnee gescheitert, in Höhen, in den Pemba und ich nicht damit gerechnet hätten: zwischen 2500 und 3000 Metern“, berichtet Hannes. „Der Schnee lag in den Nordhängen der steilen Täler teilweise hüfthoch. Die Wege waren kaum noch zu erkennen und lawinengefährdet.“ Pemba beschloss, das Projekt abzubrechen. „Wäre ich dabei gewesen, hätte ich dieselbe Entscheidung getroffen, nur wahrscheinlich schon einen Tag früher“, sagt der deutsche Abenteurer.

Nichts übers Knie brechen

„Es sollte diesmal nicht sein. Aber wir haben das Beste daraus gemacht“, bilanziert Hannes. Er sei nicht mit leeren Händen heimgekehrt: „Ich habe Geduld gelernt. Dass man nichts übers Knie brechen kann. Diese Erfahrung habe ich herüberretten können.“ Künkel hat noch keine konkreten neue Pläne, doch wird die etwas unglücklich verlaufene Winterexpedition auf dem Great Himalayan Trail wohl nicht sein letztes Projekt in Nepal gewesen sein. „Irgendwie zieht mich der Himalaya immer wieder an“, sagt Hannes.

]]>
Andy Holzer: „Unsere Everest-Chance lebt“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/andy-holzer-unsere-everest-chance-lebt/ Fri, 03 Mar 2017 08:08:33 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35221

Andy Holzer 2015 auf dem Rongbuk-Gletscher am Everest

Sechs der „Seven Summits“, der höchsten Berge aller Kontinente, hat Andy Holzer bereits bestiegen. Nur der allerhöchste fehlt noch in der Sammlung des blinden Bergsteigers aus Österreich. Zum dritten Mal will sich der 50-Jährige aus Lienz in Osttirol in diesem Frühjahr am Mount Everest versuchen. Bei seinem ersten Anlauf 2014 war die Saison nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch, bei dem 16 Nepalesen ums Leben gekommen waren, abgebrochen worden. Im Frühjahr 2015 hatte das verheerende Erdbeben in Nepal mit fast 9000 Toten dafür gesorgt, dass der Everest weder von Süden, noch von Norden aus bestiegen worden war. Wir vor zwei Jahren plant Holzer,  auch diesmal über die tibetische Nordseite aufzusteigen. Begleitet wird er von seinen (sehenden) Osttiroler Freunden Wolfgang Klocker und Klemens Bichler.

Andy, wieder reist du zum Mount Everest – nach zwei Anläufen 2014 und 2015, bei denen dir aus unterschiedlichen Gründen gar nicht erst die Möglichkeit gegeben wurde, dich am höchsten aller Berge zu versuchen. Dreimal ist göttlich?

Andy Holzer

Einmal, zweimal, dreimal, viermal, das haben die Menschen erfunden. Ich gehe nochmal dorthin, weil ich zu wissen glaube: Wenn alles stimmt, meine Verfassung an diesem Tag, die Verfassung meiner Freunde dort, das Wetter, die Verhältnisse am Berg … dann könnte es für uns klappen.

Wie schon 2015 willst du von der tibetischen Nordseite aus aufsteigen. Warum über diese Seite?

Weil mir meine kleine Erfahrung, die ich bei meinen vorherigen Versuchen am Everest machen konnte, eindeutig gezeigt hat, dass der Khumbu-Eisbruch wie Russisches Roulette ist. Die steileren Felsen und die Routenanlage an der Nordseite sind, abgesehen von einem Erdbeben, relativ statisch. Ich habe es lieber etwas abweisender, etwas „unfreundlicher“, aber eben verlässlicher, als die – neben den beschriebenen objektiven Gefahren – doch einfachere Route an der nepalesischen Seite zu nehmen.

Wie hast du dich auf die Expedition vorbereitet?

Mir kommt es langsam vor, dass mein ganzes Leben eine Vorbereitung auf so manche Prüfung ist. Viele davon konnte ich positiv abschließen, einiges ist mir nicht gelungen. Je älter ich werde, desto klarer wird mir, es geht gar nicht um die Anzahl der bestandenen Prüfungen. Es geht für mich immer mehr um diesen freien Geist, wie ihn heute fast nur noch die Kinder haben: einfach aufzubrechen, ohne Erfolgsgarantie in der Tasche. Zu diesem freien, unverdorbenen Aufbruchsgeist noch etwas Lebenserfahrung, etwas rationales Denken, das mir jetzt mit fünfzig Lebensjahren gegeben wurde, und dann fühle ich mich vorbereitet.

Andy Holzer in der Nordwand der Großen Zinne (Foto: Martin Kopfsguter)

Ganz pragmatisch noch die technische Antwort auf deine Frage: Meine Natur, mein Team, meine Freunde sind meine Basis. Wir sind ein eingespieltes Team, wie es wohl nur wenige haben können. Und das noch teils aus dem eigenen Dorf.

Wie seit 30 Jahren bin ich an rund 200 Tagen pro Jahr in den Bergen. Speziell jetzt im Winter haben wir sehr viele ausgedehnte Skitouren im Block ohne Ruhetage gemacht. Außerdem absolvieren wir ein Hypoxie-Programm. Jeder von uns schläft schon Wochen vor unserem Aufbruch zu Hause im Schlafzimmer in einem „Höhensimulationszelt“. Damit können wir nachts durch Sauerstoffentzug eine große Meereshöhe simulieren und den Körper schon anregen, rote Blutkörperchen zu bilden.

Bisher hat als blinder Bergsteiger nur der US-Amerikaner Erik Weihenmayer 2001 den Everest bestiegen – über die Südseite. Wie hoch schätzt du deine Chancen ein?

Ich kenne Erik seit Jahren, und wir sind lange Freunde geworden. Natürlich habe ich ihn über den Everest ausgequetscht. Aber in der Art, wie es Erik am 25. Mai 2001 mit seinem Team geschafft hat, werde und kann ich es nicht angehen. Damals stand ein ganzes Land hinter dem ersten Versuch eines Blinden am Everest. Erik hatte eine vielfache Zahl von Partnern, Freunden und Teammitgliedern an seiner Seite, die sich mit der Unterstützung abwechseln konnten. In unserem Fall können sich nur Wolfi und Klemens von Zeit zu Zeit abwechseln, um mir die Schwierigkeiten beim Auf- und Abstieg anzusagen. Beim Gipfelgang werden wir nur zu dritt jeweils mit unseren Sherpas den höchsten Punkt des Mount Everest anpeilen. Aber das heißt für mich nicht, dass wir geringere Chancen haben. Wir sind ein kompaktes Team, flexibel und schnell bei Entscheidungen. So denke und hoffe ich: Unsere Chance lebt ganz fest.

Du steigst mit Begleitern, mit Flaschensauerstoff. Viele rechnen für dieses Jahr mit einer Rekordzahl von Everest-Anwärtern, es könnte also voll werden auf den Normalrouten. Welche Taktik habt ihr euch überlegt?

Dies war auch noch ein kleinerer Grund, die Everest-Nordseite zu wählen. Dort werden es derzeit im Vergleich zur Südseite nur ca. ein Drittel an Permits ausgegeben. Aber mal ganz ehrlich: Wenn ich zum Everest gehe und mich dort dann über die zu vielen anderen Bergsteiger beklage, dann gehe ich am besten gleich wieder heim. Dann ist am Everest schon wieder einer weniger. 🙂

Andy 2011 an der Shishapangma

Es stimmt, wir werden beim Gipfelgang Flaschensauerstoff benutzen. Ich möchte den Berg der Berge so erleben, dass ich da oben auch noch etwas mitbekomme, dass ich vielleicht sogar noch etwas genießen kann und mich richtig freuen kann. Außerdem gibt uns der künstliche Sauerstoff ja überhaupt erst die Möglichkeit, gemeinsam im exakt selben Rhythmus aufzusteigen. Das wissen vielleicht zu wenige Menschen: Als Reinhold Messner und Peter Habeler 1978 als Erste ohne Flaschensauerstoff den Everest bestiegen und anschließend jeder für sich alleine abstiegen, hatte das nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit der Tatsache, dass der extreme Sauerstoffmangel in großer Höhe jedem Menschen seinen eigenen Geh- und Leistungsrhythmus aufzwingt. Gehst du einen Schritt zu schnell, dann erliegst du der Sauerstoffschuld. Gehst du einen Schritt zu langsam, vielleicht aus Rücksicht auf deinen Partner, erfrierst du da oben.

Sauerstoffmangel bedeutet in erster Linie nicht. dass man keine Luft bekommt, sondern vielmehr, dass die Erfrierungsgefahr extrem erhöht wird, weil der Körper weniger Sauerstoff für die „Eigenheizung“ bzw. Verbrennung zur Verfügung hat.

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Wenn Wolfgang (oder Klemens) vor mir immer einen Tick langsamer gehen muss, weil ich viele Fehltritte korrigieren muss und deshalb langsamer bin, dann wird er es zu kalt und ich es zu heiß haben. Und wenn mein Partner vor mir sein eigenes Tempo gehen würde, dann würde sich der Abstand zwischen uns vergrößern. Bei mehr als ca. fünf Meter Abstand kann ich seine Steigeisen nicht mehr exakt hören und muss daher mein Tempo noch mal drosseln, weil ich selbst die Tritte suchen muss.

Aber für mich und meine „Buam“ ist das ja alles schon lange klar. Wir stellen uns auf ein vielleicht nicht weniger schwieriges Abenteuer ein, als den Berg ohne künstlichen Sauerstoff zu ersteigen. Wir versuchen, diesen großen Berg mit einer Person ohne Licht zu ersteigen. Und das verlangt aus meiner „Sicht“ enormes Zusammenhalten und Gefühl für den Anderen.

Warum überhaupt muss es der Everest sein? Was zieht dich dorthin?

Wenn du mehrfach ein Projekt geplant, finanziert hast und angegangen bist, bekommst du einfach einen großen Bezug zu diesem Projekt. Genauso geht es mir gemeinsam mit Wolfi und Klemens dort auch. Wir wissen natürlich, dass es so viele andere schöne Berge gibt, und, und, und … Aber den Everest dann wirklich zu besteigen, bedeutet ja nicht, dass man sich den zahllosen anderen schönen Bergen nicht ebenso nähern kann.

]]>
„Everest-Sicherheit hat ihren Preis“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-sicherheit-hat-ihren-preis/ Mon, 06 Jun 2016 15:02:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32885 Andreas Friedrich auf dem Gipfel des Everest

Andreas Friedrich auf dem Gipfel des Everest

Glück ist nicht planbar, die Voraussetzungen dafür bis zu einem gewissen Grad schon. „Ich kam auf den Gipfel und hatte ihn für mich und meinen Sherpa Son Dorjee alleine“, erzählt mir Andreas Friedrich, der am 13. Mai als erster Deutscher in dieser Saison auf dem Gipfel des Mount Everest stand. „Es war ein unglaublicher Luxus, dort oben alleine zu stehen. Da hatte ich Riesenglück.“ Zu verdanken habe er es der Weitsicht seines erfahrenen Expeditionsleiters Russell Brice. Der „alte Fuchs“ aus Neuseeland, Chef des Veranstalters Himalayan Experience, war mit seiner Gruppe im Basislager geblieben, als fast alle Gruppen sich per Hubschrauber in niedrigere Regionen fliegen ließen, um sich für einen Gipfelversuch um den 20. Mai herum noch einmal in „dickerer“ Luft zu erholen. „So hatten wir einen Vorsprung von einigen Tagen und erreichten als erstes Team eines kommerziellen Veranstalters den Gipfel“, sagt Andreas Friedrich.

„Erfahrungen waren Erfrierungen wert“

andreas friedrich everest II„Das Wetter war zwar hundsmiserabel, minus 30 bis 35 Grad, ein absolut böiger Wind. Aber ich war dort oben komplett aufgedreht.“ Nach einigen Gipfelfotos habe er sich noch eine Viertelstunde Zeit genommen und „diese Bilder in mich eingesogen: die plötzlich zur Miniaturgröße geschrumpften Berge um mich herum, die Gletscher, die nur noch Pinselstriche waren.“ Der 54 Jahre alte Flugkapitän aus München zog sich am Gipfeltag Erfrierungen zweiten bis dritten Grades an allen Fingerspitzen zu. „Die Hand wird lebenslang empfindlich bleiben“, sagt Andreas. „Aber das war es mir absolut wert. Die Erfahrungen, die ich gemacht, die Lektionen, die ich gelernt habe, alle diese neuen Gefühle überwiegen bei weitem das Theater, das die fünf Finger künftig machen werden.“

Andreas Friedrich: Ich hatte den Gipfel für mich alleine

Wie in den 1970er Jahren

Mehr als 400 Bergsteiger erreichten in diesem Frühjahr von Nepal aus den Gipfel des Everest, über 100 von Tibet aus. Das klingt fast schon wieder normal – nach einem Jahr 2015 ganz ohne Gipfelerfolge auf beiden Seiten des Bergs wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal und der vorzeitig beendeten Saison 2014 auf der Südseite nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch. Doch es sei diesmal im Khumbu-Gebiet schon anders gewesen, findet Andreas Friedrich: „Die Teehäuser waren leer, Namche Bazaar glich einer Geisterstadt.“ Mit rund 290 ausländischen Bergsteigern sei es auch im Basislager leerer gewesen als sonst. „Die Atmosphäre im Basislager war gefühlt wie in den 60er, 70er Jahren: sehr entspannt. Es war Platz auf dem Gletscher. Und das setzte sich am Berg fort.“

Keine Spielwiese

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Erst beim Abstieg vom Gipfel gerieten Andreas und seine Teamkollegen in einen Stau – ausgerechnet im gefährlichen Eisbruch, weil ihnen dort die vielen Gipfelanwärter entgegen kamen, die sich für den 19. oder 20. Mai als Gipfeltag entschieden hatten. Unter ihnen seien auch einige gewesen, die den Anforderungen des Everest eigentlich nicht gewachsen waren, erzählt Andreas, der vor dem Everest schon den Achttausender Manaslu (2012) und andere hohe Berge im Himalaya bestiegen hatte: „Leute, die nicht wussten, wie man im Eisfall mit Steigeisen geht und Leitern überquert oder wie man einen Jümar (Steigklemme) benutzt. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen und den Kopf geschüttelt. Der Everest ist doch kein Berg zum Üben, keine Spielweise.“

Notfall-Sauerstoff fehlte

Dass in dieser Saison fünf Bergsteiger am Everest ihr Leben ließen, habe ihn nicht sonderlich überrascht, sagt Andreas Friedrich. „Ich denke, es wäre vermeidbar gewesen, wenn man wie Russell Brice am Südsattel oder in Lager 3 genügend Sauerstoff für Notfälle gebunkert hätte.“ Doch lokale Billiganbieter wie Seven Summit Treks hätten aus Kostengründen darauf verzichtet. „Jeder, der für 18.000 Euro einen lokalen Anbieter bucht, mag sich fünf Minuten lang die Hände reiben wegen des Schnäppchens. Aber es hat auch seinen Preis. Man bezahlt dafür mit viel weniger Knowhow und Extras, die dazugekauft werden müssen.“

Brice: „Bei mir wären sie früher zurückgerufen worden“

Russell Brice

Russell Brice

Auch Expeditionsleiter Russell Brice legt den Finger in diese Wunde. „Einmal mehr waren in diesem Jahr für die Todesfälle die billigeren Anbieter aus Nepal verantwortlich, die kaum für zusätzliche Absicherung sorgen und die immer noch ungeeignete Bergsteiger mitnehmen, die viel zu viel Zeit brauchen, um auf den Gipfel zu kommen, und dann Probleme kriegen.“ Bei seiner Expedition, so der Himex-Chef, wären solche Kunden schon viel früher zurückbeordert worden. „Alle Kunden, sie sich für billigere lokale Teams entscheiden, sollten sich bewusst sein, dass es für den niedrigeren Preis auch einen Grund gibt und dass sie sehr wenig Unterstützung erhalten werden.“

Andreas Friedrich: Sicherheit hat ihren Preis

Das sieht auch Andreas Friedrich so, der für sein Abenteuer Everest zwar tief in die Tasche gegriffen hat, das viele Geld aber für gut angelegt hält: „Wenn ich Bockmist baue oder irgendetwas passiert, kann ich mich auf das Risiko- und Krisenmanagement Russells und seiner Sherpas hundertprozentig verlassen. Und das hat nun einmal seinen Preis.“

P.S.: Everest-Besteiger Andreas Friedrich ist auch Gründer der Hilfsaktion „MountainProjects“, die sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, im 2200 Meter hoch gelegenen nepalesischen Dorf Kagate eine Schule zu bauen.

]]>
Beck Weathers: „Ich würde es ohne Zögern wieder tun“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beck-weathers-ich-wuerde-es-ohne-zoegern-wieder-tun/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beck-weathers-ich-wuerde-es-ohne-zoegern-wieder-tun/#comments Thu, 19 May 2016 07:56:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32709 Beck-Weathers

Beck Weathers

Die Everest-Gipfelwelle rollt. In diesen Tagen werden sowohl auf der tibetischen Nord-, als auch auf der nepalesischen Südseite des höchsten Bergs der Erde dutzende, wenn nicht gar hunderte Gipfelerfolge erwartet. Ob sich die Everest-Anwärter von heute noch an Beck Weathers erinnern? Möglicherweise. Schließlich hat 2015 der erfolgreiche Hollywood-Film „Everest“ seine Geschichte noch einmal aufgearbeitet. Vor 20 Jahren wollte auch Beck auf das Dach der Welt steigen. Wegen Sehproblemen musste der Pathologe aus den USA auf rund 8400 Metern seinen Gipfelversuch abbrechen. Später geriet er in jenen Sturm, der innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteigern das Leben kostete.

Dass Weathers noch lebt, grenzt an ein Wunder. Eigentlich war er schon so gut wie tot, seine Gefährten hielten ihn jedenfalls dafür. Nach einer Nacht im Whiteout ließen sie Beck ^im Schnee liegen, auf rund 8000 Metern, unweit des Südsattels. Beck erwachte aus seiner Bewusstlosigkeit und schleppte sich trotz schwerster Erfrierungen aus eigener Kraft ins Lager 4. Von dort brachte ihn ein Rettungsteam hinunter nach Lager 2 auf 6400 Metern. Von dort wurde Beck mit einem spektakulären Hubschrauber-Flug in Sicherheit gebracht. Weathers‘ rechter Arm musste bis knapp unterhalb des Ellenbogens amputiert werden. Beck verlor außerdem sämtliche Finger der linken Hand. Seine erfrorene Nase musste in zahlreichen Operationen rekonstruiert werden.

Ich habe anlässlich des 20. Jahrestags des Everest-Unglücks 1996 Kontakt zu Beck Weathers aufgenommen. Weil er auf Reisen war, konnte mir der 69-Jährige seine Antworten auf meine Fragen erst wenige Tage nach dem Jubiläum schicken.

Beck, das Unglück 1996 am Everest war für dich sicher eine der einschneidendsten Erfahrungen überhaupt. In welcher Weise hat es dein Leben verändert?

Es war ein Schlag ins Gesicht, der mich zwang, die Prioritäten in meiner Lebensweise zu ändern. Ich bin stolz darauf. Vorher definierte ich mich über Leistung, über Außenwirkung. Und ich fühlte mich nie wirklich wohl in meiner Haut. Dann musste ich mich ändern. Ich habe jetzt ein gewisses Maß Frieden in meinem Leben erreicht, ich fühle mich wohler, so wie ich bin. Und ich lebe bewusster von Tag zu Tag, mehr als jemals zuvor. Eigentlich hat das Unglück mein ganzes Leben friedlicher und lohnender gemacht.

Beck Weathers: It made my life more peaceful and rewarding

Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Ich nehme an, du hast dich selbst oft gefragt, wie du es geschafft hast, die Situation zu überleben, die du in deinem Buch als „Für tot erklärt“ bezeichnet hast. Wie erklärst du dir das eigentlich Unmögliche, 20 Jahre später?

Nun, ich habe mir sehr viele Gedanken darüber gemacht. Ich kann diese Frage nicht wirklich beantworten. Ich bin die Frage sowohl von der rein geistigen, als auch der rein physischen Seite angegangen, denn ich bin, soweit ich weiß, der einzige Mensch in der Geschichte des Alpinismus, der in den hohen Bergen wegen Unterkühlung ins Koma gefallen und wieder aus ihm erwacht ist. Ich denke, das Geistige spricht für sich. Und das Physische: Die Sonne ist auf so einem sehr hohen Berg selbst im Sturm, wenn sie sich den ganzen Tag verbirgt, unglaublich stark. Die Kleidung, die du trägst, ist darauf ausgelegt, Wärme zu speichern. Und letztlich reicht schon ein geringer Anstieg der Körpertemperatur, um wieder das Bewusstsein zu erlangen und die Augen zu öffnen. An diesem Punkt liegt dann die Entscheidung, ob du aufstehst und dich bewegst oder dich aufgibst, ganz allein bei dir.

Beck Weathers: Moving versus surrender

Nach dem Unglück wurde der Schwarze Peter hin und her geschoben. Wie beurteilst du das heute?

Damals gab es wirklich harte und schwere Schuldzuweisungen. Ich habe mich ganz bewusst entschieden, dabei nicht mitzumachen, vor allem, weil ich dachte, es wäre selbstzerstörerisch, darüber nachzudenken, wer daran Schuld sei. Das würde mich nur wütend machen und meine Emotionen und meine Aufmerksamkeit auf Bereiche lenken, die für mich sehr ungesund wären. Es war meine Entscheidung, dort zu sein, meine Beine haben mich dorthin getragen. Und letztlich war ich selbst in der Lage, zurück ins Hochlager zu gehen. Ganz ehrlich, wenn man jemand die Schuld dafür geben kann, was mir passiert ist, dann mir selbst. Ich werde nicht fragen: Warum hast du mir nicht aus der Patsche geholfen, warum hast du nicht meinen Allerwertesten gerettet? Ich halte das für einen schrecklich destruktiven Ansatz. Du musst selbst die Verantwortung für dein Handeln übernehmen.

Beck Weathers: Take responsibility for your own actions

Becks linke Hand

Becks linke Hand

Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest und die Gelegenheit hättest, deinen Entschluss, im Frühjahr 1996 zum Everest zu gehen, zurücknehmen könntest, würde du es trotzdem wieder tun?

Auch wenn ich, um ehrlich zu sein, damals nicht darüber nachgedacht haben – ja, ich würde es noch einmal tun, weil ich so viel mehr gewonnen als aufgegeben habe. Indem mich das Unglück zwang, meine Lebensweise zu überprüfen, hat es letztlich meine Ehe gerettet und auch meine Beziehung zu meinen Kindern. Und es hat mir 20 Jahre geschenkt, die die absolute interessantesten und besten Jahre meines Lebens gewesen sind. Ich gab also ein paar Körperteile, aber ich gewann so viel mehr. Also, ich würde es wieder tun, ohne eine Sekunde zu zögern.

Beck Weathers: I would do it again in a heart beat

Verfolgst du immer noch, was am Mount Everest passiert – und wenn ja, mit welchen Gefühlen?

Wenn wirklich etwas passiert und es von Interesse ist, schaue ich wie der Rest der Welt hin, wie im Fall der Lawine, die im Jahr 2014 im Khumbu-Eisbruch 16 Sherpas tötete, oder der Lawine im vergangenen Jahr vom Pumori auf das Basislager. Diese Dinge zwingen mich, noch einmal über den Everest nachzudenken: was dort passiert, auch darüber, was sich über die Jahre geändert hat. Ich habe niemals Traurigkeit empfunden, wenn ich an den Everest zurückdachte. Ich hatte niemals Alpträume, nichts hat mich gequält. Es gehört einfach zu den Dingen, die passiert sind, es ist ein Teil meines Lebens, ich nehme es an. Ich blicke ohne jedes Gefühl des Bedauerns zurück. Ich akzeptiere einfach, was das Leben für mich bereitgehalten hat. Und ich habe es hoffentlich geschafft, ein besserer Mensch zu werden, für die Herausforderung, vor die mich das Leben gestellt hat.

Beck Weathers: No feelings of regret

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/beck-weathers-ich-wuerde-es-ohne-zoegern-wieder-tun/feed/ 1
Schachmatt am Gipfel der Annapurna https://blogs.dw.com/abenteuersport/schachmatt-am-gipfel-der-annapurna/ Fri, 13 May 2016 15:59:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32683 Jost Kobusch an der Annapurna

Jost Kobusch an der Annapurna

Es klingt wie ein Aprilscherz mit einmonatiger Verspätung. Bevor der Deutsche Jost Kobusch am 1. Mai – wie berichtet – auf den 8091 Meter hohen Gipfel der Annapurna stieg, spielte er nach eigenen Worten knapp unterhalb des höchsten Punktes mit dem israelischen Bergsteiger Nadav Ben-Yehuda eine Partie Schach. „Wir hatten zuvor während der Schlechtwetterphasen im Basislager täglich mindestens zwei Partien gegeneinander gespielt“, sagt Jost. Dabei sei die Idee zu einem Schach-Duell am Gipfel geboren worden. Nadav, der mit Flaschensauerstoff aufstieg, erreichte den höchsten Punkt knapp vor Jost, der ohne Atemmaske unterwegs war. „Als wir uns kurz unterhalb des Gipfels begegneten, habe ich ihm gesagt: Moment, wir müssen noch eine Runde Schach spielen“, erzählt mir der 23 Jahre alte Deutsche. „Wir haben auf meinem Smartphone gespielt, 20 Meter unterhalb des Gipfels.“

Einige ziemlich dumme Züge

Die Partie geriet zu einer Art Blitzschach. „Wir haben schnell, schnell gemacht. Nach sieben Minuten hat einer von uns beiden gewonnen.“ Wer, verrät Kobusch nicht. „Das ist Ehrensache.“ Schachspielen in extrem dünner Luft auf 8000 Metern, sagt Jost, sei in etwa so gewesen, „als würdest du versuchen, betrunken ein mathematisches Problem zu lösen: Slow-Motion-mäßig, manchmal auch mit ziemlich dummen Zügen.“ Kobusch will das Spiel als höchste jemals gespielte Schachpartie für das „Guinness-Buch der Rekorde“ anmelden. Ein US-Bergsteiger habe das Spiel gefilmt und könne es auch bezeugen.

Bergsteiger gesehen, wo keine waren

Beim Aufstieg nach Lager 4

Beim Aufstieg nach Lager 4

Für den 23-Jährigen war der Erfolg an der Annapurna der erste an einem Achttausender. „Bis zum Gipfel ist es mir relativ leicht gefallen, erst beim Abstieg habe ich Probleme bekommen“, erzählt Jost. Aufgrund der großen Kälte habe es am Vorabend ewig gedauert, Schnee zu schmelzen. „Zwei Stunden für anderthalb Liter Wasser. Und die habe ich noch geteilt. Also hatte ich nur 750 Milliliter für den gesamten Gipfeltag.“ Völlig dehydriert und erschöpft, habe er sogar einmal kurz halluziniert: „Ich sah vor mir Bergsteiger absteigen, die nicht da waren.“ Kobusch fing sich wieder und erreichte sicher das Basislager.

Vielleicht nächstes Jahr zum Lhotse

Zu Hause in Deutschland schmiedet er bereits wieder Achttausender-Pläne. „Heute dachte ich bei mir, ich habe ja noch ein Permit für den Lhotse, vielleicht könnte ich ja nächstes Jahr noch einmal dorthin gehen.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte er in Nepal den vierthöchsten Berg der Erde besteigen wollen. Das Basislager zu Füßen von Everest und Lhotse war jedoch am 25. April von einer riesigen Lawine getroffen worden, die das schwere Erdbeben am Siebentausender Pumori ausgelöst hatte. 19 Menschen waren ums Leben gekommen. Das Video (siehe unten), das Jost von der Lawine gedreht hatte, ging um die Welt. Als Fernziel hat sich Kobusch vorgenommen, alle 14 Achttausender zu besteigen, wenn möglich ohne Atemmaske. „Ich hoffe, dass ich auch die hohen Achttausender ohne Flaschensauerstoff besteigen kann.“

Sein Schachpartner von der Annapurna, Nadav Ben-Yehuda, hatte 2012 für Schlagzeilen gesorgt. Der Israeli war am Mount Everest 300 Meter vor dem Gipfel umgekehrt, um den türkischen Bergsteiger Aydin Imrak zu retten, der kollabiert war. Ben-Yehuda hatte Imrak hinunter nach Lager 4 am Südsattel geholfen und sich dabei selbst Erfrierungen zugezogen.

]]>