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Rocky der Rehbock

Und wieder machen wir einen Ausflug in die Tierwelt des Basislagers. Keine Angst, es geht nicht darum, unsere Speisekarte um eine weitere gefährdete Spezies zu erweitern. Der imaginäre Menüplan quillt ohnehin über von Schneehuhn in jeglicher Variation.

Nein, jetzt wird ein Loblied gesungen, auf eines der schweigsamsten Tiere überhaupt. Damit hebt es sich mehr als wohltuend vom gemeinen Schneehuhn ab. Die Rede ist vom Himalaya-Rehbock. Ich nenne ihn einfach einmal so, obwohl er wahrscheinlich ebenso wenig ein Rehbock ist wie die von mir besungenen Schneehühner eben solche sind.

Schöngeist mit Einhorn

Der Rehbock hat sich bereits ein Horn abgestoßen, taufen wir ihn also Rocky. Bei seinem friedfertigen Charakter wird es mir allerdings auf ewig ein Rätsel bleiben, warum er als Einhorn durch die Everest-Bergwelt läuft. Wahrscheinlich war es ein Unfall. Schöngeist Rocky war wieder einmal so in Gedanken versunken, dass er den Riesenfelsblock einfach übersah.

Trotz seiner unübersehbaren Blessur hat Rocky die Liebe seines Lebens gefunden und mit ihr ein entzückendes Rehkitz gezeugt. Selbst wenn Rocky samt Familie im Basislager auftaucht – und das geschieht recht häufig – , stört nicht der geringste Ton die Stille des Himalaya. Lautlos schleicht das Trio durch die Ansammlung von Zelten, während fünf Meter entfernt die Schneehühner plärren.

Gemüse-Leckerli

Rocky ist zutraulich. Unser Koch Sitaram hat ihm kürzlich ein wenig Gemüse zukommen lassen. Seitdem nähert sich Rocky morgens schüchtern dem Küchenzelt und bittet mit seinen weit aufgerissenen Rehaugen um ein weiteres Leckerli. Auch wenn er leer ausgeht, dreht er einfach ab: ohne Worte, ohne aggressive Geste.Niemals würde ich auf den Gedanken kommen, Rocky auf unsere Speisekarte zu setzen. Die ist ohnehin bis oben gefüllt mit – Na, Sie wissen schon.

Datum

Dienstag 24.05.2005 | 17:11

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