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Fahr´n Sie nicht zum Nordpol!

Mein Vater ist eine rheinische Frohnatur im besten Sinne. Er lacht viel, ist immer für einen Scherz gut und singt für sein Leben gerne. Die Karnevals- oder Geburtstagspartys in meinem Elternhaus waren früher legendär und gehören zu meinen unvergesslichen Kindheitserlebnissen. Mein Vater lief dabei regelmäßig zur Bestform auf. Dann schnappte er sich die kleine, wunderschöne, alte Gitarre, die ihm einst sein Onkel, ein professioneller Musiker an der Oper, vererbt hatte, schlug in die Saiten und begann zu singen. Das Repertoire meines Vaters an Gassenhauern war und ist fast unerschöpflich. Allerspätestens beim zweiten Lied hatte er die Gäste so weit, dass sie mit einstimmten und zur Melodie schunkelten oder klatschten.

Wandelnde Jukebox


Wie er leibt und lebt

Inzwischen ist mein Vater 77 Jahre alt und ein wenig ruhiger geworden. Doch das ist lediglich der Tribut an die Natur. In seinem Innern ist er ganz der Alte geblieben, eine wandelnde Jukebox. Dann und wann öffnet er sie und alles ist wie früher. Unser spezielles Vater-Sohn-Lied ist eigentlich „Am Zuckerhut, am Zuckerhut, da geht´s den Señoritas gut, weil jeder Mann im Sambaschritt sein Herz so schnell verliert ….“. Doch das passt natürlich gar nicht zur Nordpol-Expedition. Aber natürlich hat mein Vater auch für diesen Anlass einen Schlager parat: „Fahr´n Sie nicht zum Nordpol“.
1951 war das ein Hit aus dem Kinofilm „Die verschleierte Maja“ mit Maria Litto und Willy Fritsch in den Hauptrollen, laut Nachschlagewerk ein deutscher Revuefilm, die „müde Geschichte“ einer Tänzerin. Der besagte Schlager ist alles andere als müde, besonders wenn mein Vater ihn trällert. Wer es mir nicht glaubt, kann es unten nachhören.

Zum Mitsingen

Bisher kannte mein Vater nur die erste Strophe. Wetten, dass er, wenn er demnächst wieder einmal in Partylaune ist und zur „Klampfe“ greift, auch die beiden anderen Strophen in sein Repertoire aufgenommen hat? Es lohnt sich. Vor allem wegen der Passage, die ich im Liedtext fett hervorhebe:

Fahr´n Sie nicht zum Nordpol, fahr´n Sie da nicht hin,
nein, bitte lassen Sie das sein!
Kalt ist die Polarnacht, die bald jedem klar macht, hier friert auch heiße Liebe ein. Oje, oje, bleiben Sie hier!

Fahr´n Sie nicht zum Nordpol, das hat keinen Sinn,
das ist bestimmt kein Paradies!
Da gibt es kein Kino, keinen roten Vino,
auch die Geschäfte gehen mies.

Kalter Wind, kalter Kuss, kalte Füße, kein Genuss,
wie, oh Graus, hält ein Mensch das nur aus?

Fahr´n Sie nicht zum Nordpol, fahr´n Sie da nicht hin,
da wächst kein Gras, da wächst kein Kraut,
nicht einmal Tomaten und statt Gänsebraten,
kriegt man nur eine Gänsehaut.

Datum

0 29.03.2009 | 16:44

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