Nicht mehr als eine GPS-Lesung?
Vor drei Tagen stand Frank am Nordpol. Hat er seitdem schon einmal davon geträumt? „Nein, davon nicht!“, sagt Frank und lacht. Wir sitzen im warmen Ferienhaus in Longyearbyen auf Spitzbergen und reden darüber, was wohl von dieser extremen Woche im Eis hängen bleiben wird. „Viele Erinnerungen“, meint Frank. „Ich konnte das noch gar nicht verarbeiten. Ich denke, beim Anschauen der Fotos wird das alles noch einmal hochkommen.“
Karawane zum Nordpol
Der 34-Jährige war schließlich zum ersten Mal in der Arktis. Als Frank den Pol erreichte, empfand er es als weniger spektakulär, als es Außenstehende vielleicht vermuten würden: „Ich hatte kein euphorisches Gefühl. Ich war endlich da, wo ich sein wollte. Wir hatten geschafft, worauf wir alle hingearbeitet hatten.“ Dann habe er wegen des eisigen Windes nur noch ans Zeltaufbauen gedacht.
Der Natur ausgeliefert
Auch Arnold war am Nordpol nicht in überschwänglichen Jubel ausgebrochen. „Eigentlich mag ich diese imaginären Ziele nicht so.“ Arnold würde zum Beispiel lieber vom Pol aus Richtung Festland marschieren. „Wenn du den Fuß an Land setzt, weißt du, jetzt bist du dort.“ Das Erreichen des Nordpols ist für ihn nicht mehr als „eine GPS-Lesung. Alles andere schaut irgendwie gleich aus.“ Eben wie eine Wüste aus Eis.
„Außer dem Team ist dort niemand“, zeigt sich Eugen auch Tage danach noch von der Einsamkeit beeindruckt. „Man fühlt sich richtig hilflos der Natur ausgeliefert. Man kann nicht in irgendein Hotel gehen, wenn es einem kalt ist. Es ist schon extrem.“
Konditionswunder
Arnold wollte genau diese extremen Verhältnisse antesten. Denn nachdem er die „Seven Summits“, die höchsten Gipfel aller Kontinente bestiegen hat, würde er schon gerne auch noch den Nord- und den Südpol von Land aus erreichen. „Konditionell hatte ich keine Probleme“, sagt Arnold. Mit seiner Fitness hatte der 60-Jährige uns Jüngere immer wieder verblüfft und nicht selten alt aussehen lassen. „Schwierigkeiten hatte ich nur mit der Kälte“, räumt Arnold ein, „dieses Problem ist auch nicht gelöst.“
Wärme, schmerzlich vermisst
Die Entscheidung, ob er wirklich zu den Polen aufbrechen soll, schiebt Arnold noch ein wenig auf. „Wenn man jetzt wieder in der Wärme sitzt, erinnert man sich nur noch an die guten Dinge und beginnt zu vergessen, was unangenehm war.“ Damit er auch weiterhin kühlen Kopf behält, will Arnold in alten Expeditionsberichten nachlesen, wie extrem die Temperaturen, die wir erlebt haben, wirklich waren.
Sacken lassen
Während das Kapitel Eis für Arnold also noch nicht abgeschlossen sein muss, hat der 26 Jahre alte Eugen die Nase vom Nordpol erst einmal voll. „Ich habe mich über ein halbes Jahr darauf vorbereitet. Der Nordpol war eigentlich mein Hauptthema. Jetzt ist mir ein Stein vom Herzen gefallen und ich kann mich wieder auf andere Sachen konzentrieren.“ Auch Frank kann sich „nicht vorstellen, jetzt gleich noch einmal heraus zu müssen. Das muss erst einmal sacken.“
Vielfältige Formen, aber doch immer nur Eis
Mir selbst geht es ähnlich. Noch erscheinen mir die sieben Tage im Eis fast wie ein Film, in dem ich mitspielen durfte. Doch meine Eindrücke, Gedanken, Emotionen und auch die körperlichen Anstrengungen waren keine Fiktion, sondern real und viel zu extrem, um direkt wieder zur Tagesordnung überzugehen. Ich werde sie wieder und wieder in der Erinnerung durchleben. Vielleicht macht gerade das den Suchtfaktor von Abenteuern aus.