Eine Kerze, die sich lohnt
Nachrichten heißen nicht umsonst so. Man soll sich danach richten. Was fange ich also mit der Meldung an, die vor anderthalb Wochen durch die Gazetten und über die Sender ging? „Einen verzweifelten Hilferuf haben
drei britische Forscher abgesetzt, die mit Skiern zum Nordpol gelangen wollten und bei Sturm und Eiseskälte festsitzen.“ Muss ich jetzt zu Hause bleiben?
Argumentiert und geflunkert
Häufig wurde ich in den letzten Tagen auf diese Nachricht angesprochen und gefragt, ob ich nicht ins Zweifeln geraten sei. „Nein“, antwortete ich dann im Brustton der Überzeugung, „weil man auch nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Die Briten legen 1000 Kilometer, wir nur 120 zurück. Sie werden aus der Luft versorgt, wir nehmen unsere Lebensmittel komplett mit.“ Und die Story sei auch nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht worden sei. Sonst wären die Forscher nach dem Eintreffen des Versorgungsflugs heimgekehrt und hätten ihren Weg zum Nordpol nicht, wie geschehen, fortgesetzt.
Auch wenn die Argumentation überzeugend ist, ein bisschen geflunkert habe ich schon. Denn natürlich frage auch ich mich bei solchen Meldungen, ob die Latte nicht zu hoch liegt? Sind die Risiken wirklich kalkulierbar und damit zu verantworten? „Wer nicht zweifelt, muss verrückt sein“, hat der kluge Schauspieler Peter Ustinov kurz vor seinem Tod gesagt.
Des Kölners Grundgesetz
Dem Kölner an sich hilft in diesen Augenblicken eine Facette seiner Mentalität, die ihren Ausdruck in Artikel 3 des Kölschen Grundgesetzes findet: Et hätt noch immer jot jejange. Auf hochdeutsch: Es ist noch immer gut gegangen. Diese optimistische Grundhaltung ergänzt der Kölner, wenn es wirklich eng wird, mit einem Ritual.
Das dritthöchste Kirchengebäude der Welt
Wenn der 1. FC Köln wieder einmal abzusteigen droht, wenn es Rosenmontag regnen oder das Kölsch teurer werden soll, dann entzündet der Kölner im Dom eine Kerze. Er muss nicht einmal an den lieben Gott glauben, um davon überzeugt zu sein, dass nach dieser Handlung nichts, aber auch gar nichts mehr schief gehen kann.
Maulwurf braucht Hilfe
Ich habe es gut. Ich bin nicht nur Kölner, sondern auch Christ. Insofern konnte es einfach kein Fehler sein, vor der am Donnerstag beginnenden Expedition eine Kerze im Dom aufzustellen. Ein bisschen Doping von oben darf sein. Denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
O Sch….reck!
Am Sonntag etwa fiel mir die Lesebrille auf die Kellerfliesen. Ein Glas ging zu Bruch. Wie dumm! Ohne Nasen-Fahrrad bin ich inzwischen – ja, ja, der Zahn der Zeit – auf kurze Entfernung fast so blind wie ein Maulwurf. Der Optiker hat versprochen, die Brille rechtzeitig zur Abreise zu reparieren. Allein dafür hat sich die Kerze doch schon gelohnt.