Frühling à la Spitzbergen
Longyearbyen
Meine Wellness-Anwendung für heute liegt schon hinter mir. Gesichts-Peeling war angesagt, bei minus 15 Grad Celsius und Schneesturm. Jetzt, da ich wieder in unserem kleinen, warmen Ferienhaus sitze, glühen die Wangen.
Fremder Planet
Das nenne ich einen Klimaschock. Nachmittags flog ich in Frankfurt bei plus 20 Grad ab. Als wir nach Mitternacht in Longyearbyen auf Spitzbergen landeten, zeigte das Thermometer minus 18 Grad. Beim Landeanflug hatte ich das Gefühl, auf einem fremden Planeten zu landen. Hinter uns die dunkle Nacht, vor uns ein schmaler heller Streifen, Vorbote des immerwährenden Polartags im arktischen Sommer. Unter uns Eisschollen, die nur an wenigen Stellen aufgerissen waren. Erst als die Maschine vielleicht zehn Meter über dem Boden schwebte, machte ich so etwas wie eine Landebahn inmitten der Eis- und Schneewüste aus.
Make-Up für rote Nasen
An Bord des Flugzeugs befand sich eine bunte Mischung aus Spitzbergen-Besuchern. In meiner Sitzreihe etwa saß eine junge Visagistin, die erst am Morgen erfahren hatte, dass sie zu einem Foto-Shooting in die Arktis aufbrechen sollte. „Ich weiß noch gar nicht, welches Make-Up ich den Models auftragen soll, damit ihre Nasen nicht so rot aussehen.“ Daneben hatte ein junger Engländer Platz genommen, der zu einem Expeditionsteam der Royal Geographic Society gehörte. Die 20 Studenten werden zehn Wochen lang auf der Inselgruppe zelten, die Eisfläche kartieren und andere Forschungsaufträge ausführen.
Plastiktüte bis Pinkelflasche
Der Eisbär wacht
Nachdem wir im Flughafengebäude unser Gepäck eingesammelt hatten, fuhren wir mit dem Taxi zu unserem Ferienhaus. Es ist erst vor zwei Wochen fertiggestellt worden. Wir sind die ersten Mieter. Es riecht noch überall nach Holzlasur. Heute Morgen frühstückten wir in einem Hotel im Ort und machten uns dann auf den Weg zu Thomas` Materiallager. Dort wurde jedem von uns die noch fehlende Ausrüstung zugeteilt: Plastiktüten, die wir über die Socken ziehen, Schuhe, Überzughosen, Schlafsäcke, Matten, Skier, Thermoskannen, Becher, Pinkelflaschen. Nicht zu vergessen natürlich unsere Schlitten, die allesamt Namen haben. Eugen hat seinen aus nahe liegendem Grund „Slave“ getauft, Frank seinen nach der Freundin „Sylvia“. Arnolds Schlitten heißt wegen der Farbe des Packsacks „Blue“, der von Thomas wegen der länglichen Form des Geräts „Torpedo“ und meiner, wie bereits eingeführt, „Poldi“.
Schafschwein
Seltsame Tiere
Jetzt liegt das gesamte Material im Ferienhaus. Jeder hat seine eigene Ecke, damit nichts durcheinander gerät. Morgen Abend werden wir die Ausrüstung zum Flughafen bringen, damit sie bereits in den russischen Flieger verladen werden kann. Am Sonntag sind wir auf den zweiten Flug des Tages zur Eisstation Borneo gebucht.
Für den Spruch des Tages war Eugen verantwortlich. Er hatte sich kurz von der Gruppe abgesetzt, um Fotos zu machen. Als ich ihn anschließend fragte, was er vor die Linse bekommen habe, antwortete er: „Eine Mischung aus Schafen und Schweinen“. Thomas begann lauthals zu lachen, und dann auch alle anderen. Eugen hatte junge Rentiere fotografiert.
P.S. Wer wissen will, wo wir uns von Sonntag an auf dem Weg zum Nordpol befinden, muss nur auf die Karte rechts oben klicken.