Poldis Foul
Schön, aber kalt
Schon auf den ersten Metern spürte ich: Das wird nicht mein Tag. Alpine Skifahrer kennen den ominösen dritten Tag. Die Euphorie der ersten beiden Tage ist plötzlich verflogen. Man schlüpft in die Skier und sie gehorchen nicht mehr. Ständig setzt man sich auf den Hosenboden. Genau so erging es mir. Dazu hatte ich noch ein flaues Gefühl in den Beinen. Mein Schlitten Poldi schien plötzlich mit Blei beladen. Erst nach der ersten Rast ging es etwas besser. Bei einem Skiurlaub kann man sich in die Hütte setzen, hier musst du dich durchbeißen.
Wie eine Dampflok
Es war der Tag der Premieren. Erstmals hörten wir das Eis arbeiten. Es klang wie das Schnauben einer altersschwachen Dampflokomotive. Wir konnten auch sehen, wie sich eine dünne Eisscholle langsam vorschob. Das Spektakel ereignete sich auf einer Eisfläche, die wie ein frisch zugefrorener Weiher aussah. Thomas ermahnte uns, genau auf ihn zu achten. Wenn er den Skistock höbe, sollten wir wegen der dünnen Eisdecke Abstand zueinander halten. Der Stock blieb unten, das Eis hielt.
Nicht allein in der Eiswüste
Premiere Nummer zwei waren Tierspuren. Für einen Eisbären waren sie eindeutig zu klein. Sie gehörten zu einem Polarfuchs, der hier vor kurzem vorbeigelaufen war. Wir sind also nicht allein in der Eiswüste. „Heute ein Fuchs, morgen ein Eisbär“, meinte Frank mit einem breiten Grinsen.
Tägliche Hindernisse
Vorsicht, Wasser!
Und noch eine Neuigkeit gab es. Zum ersten Mal mussten wir offenes Wasser überqueren, eine etwa zwei Meter breite Rinne. In der Mitte war ein kleines Stück zugefroren, über das wir ans andere Ufer gelangen sollten. Thomas legte seinen langen Schlitten quer über die Rinne und meinte lakonisch: „Wenn ihr einbrecht, zieht euch auf den Schlitten.“ Ich muss ehrlich gestehen, dass ich ein leicht mulmiges Gefühl hatte. Schließlich verbirgt sich unter dem Eis ein 4000 Meter tiefes Meer. Als ich meinen Schlitten namens Poldi hinter mir her in die Rinne zog, rutschte er mir in die Hacken. Ich wurde nach vorne geschoben und landete mit den Skispitzen im Wasser. Gott sei Dank rutschte ich nicht weiter und so konnte ich mich wieder rückwärts auf sicheren Boden zurückziehen. Das war ein übles Foul Poldis. Auf dem Fussballplatz hätte er wegen des Tritts von hinten mindestens die gelbe Karte gesehen. Im zweiten Anlauf gelangte ich sicher über die Rinne.
Bisher sind alle von Schäden verschont geblieben. Noch hat sich keiner eine Frostbeule zugezogen, auch wenn das Thermometer immer noch minus 30 Grad und darunter anzeigt.
Unsere Tagesbilanz kann sich sehen lassen: 17,8 Kilometer in acht Stunden. In der Zeit machten wir nur zwei Pausen. „Die sind zum Kotzen“, sagte Arnold, „weil es verdammt kalt ist und man ganz schnell auskühlt.“
Nach dem heutigen Kraftakt werden wir sicher bestens schlafen. Und vom Nordpol träumen, der noch 65,5 Kilometer entfernt ist. Oder von einem heißen Bad oder von den Lieben daheim.
P.S. Franks Freundin Sylvia, nach der er seinen Schlitten benannt hat, feiert heute Geburtstag. Das Nordpol-Team gratuliert herzlich und schenkt ihr ein besonderes Foto von Frank.
P.P.S. Um unsere genaue Position zu verfolgen, einfach auf die Karte rechts oben klicken.