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Astrid: Frühlingsgefühle

Astrid4Frühlingserwachen am Rhein! Während ich gemächlich am Ufer entlang radele, sprießen die Gedanken. Fast drei Fastenwochen sind überstanden, und ich fühle mich nicht schlecht. Ehrlich gesagt: Ich fühle mich sogar ausgesprochen gut, auch wenn ich es nicht offen zugebe. Es überrascht mich selbst.

Natürlich sind die Gedanken an ein oder auch zwei Gläschen Wein am Abend nicht verschwunden, nein. Und natürlich können auch Maracujasaft oder Rhababerschorle diesen Genuss nicht ersetzen.  Doch irgendwie habe ich durchgehalten.

Ich könnte also zufrieden und gelassen sein. Fast drei Wochen ohne Alkohol, die Hälfte der Fastenzeit ist beinahe überstanden. Doch trotz aller Dankbarkeit und Stolz auf die eigene Standfestigkeit komme ich nicht zur Ruhe.

Denn was wäre Standfestigkeit ohne Wankelmut? Fasten ohne Anfechtung? Ich spüre, dass die ersten warmen Sonnenstrahlen bei mir nicht nur Glücksgefühle freisetzen, sie beschleunigen auch absurde Gedanken, die sich im schimmernden Frühlingsgewand  heranschleichen und beachtliche Verführungskraft entfalten.

Ich radele am Rhein entlang und bei jedem Tritt in die Pedale werden die Gedanken skuriler. Ein Universum von Ersatzhandlungen tut sich vor dem lauen Horizont auf. Warum nicht die Fastenzeit  mit ein paar Kisten Sekt ohne Alkohol vereinfachen? Vielleicht gibt es sogar alkoholfreien Wein, der genießbar ist, und den ich im Keller deponieren könnte?  Und natürlich: Shoppen zur Belohnung und Ablenkung, das funktioniert immer. Ich bekenne: Dieser Ersatzhandlung habe ich bereits gefrönt!

Auch unsittliche Anwandlungen schießen mir durch den Kopf: Wie wäre es mit einer Fasten-Tauschbörse?  Ich nehme Mitstreiter Klaus ein paar Tage vom Fleischverzicht ab, dafür verzichtet er für mich auf Alkohol. Oder ich rauche für den vom Nikotinentzug geplagten Stefan ein paar Zigaretten, und er prostet mir schadenfroh zu?

Woher kommen solche Gedanken? Soll ich darüber lachen oder weinen? Mir schwant, dass diese Verirrungen nicht nur auf Frühlingsgefühle und Alkoholverzicht zurückzuführen sind. Der tägliche Kick hat mich noch fest im Griff. Von der inneren Ruhe und Zufriedenheit bin ich noch weit entfernt.  Mal sehen, ob es bis Ostersonntag besser wird.

Datum

0 20.03.2014 | 11:15

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