Die ersten Deutschen auf dem Manaslu
Auch im Frühjahr 1973 zeigt der Manaslu seine Krallen. „Der Vormonsun hatte es wirklich in sich. Wir hatten innerhalb von vier Wochen fast fünf Meter Neuschnee“, erinnert sich Sigi Hupfauer.
Gerhard Schmatz, ein Notar aus Neu-Ulm, hat die Expedition organisiert. Sigi Hupfauer, der ebenfalls nahe Ulm lebt, gehört zum achtköpfigen Team, das auf der Route der japanischen Erstbesteiger über die Nordostflanke des Bergs den 8163 Meter hohen Gipfel erreichen will.
Erfrierungen nach Schneesturm
Ein erster Versuch von drei Teammitgliedern am 15. April scheitert. Hupfauer und Schmatz beobachten aus ihrem Zelt in 5600 Metern Höhe, wie die Seilschaft in einen Wettersturz gerät. Mit Mühe und Not entkommen die Bergsteiger dem Schneesturm, der Preis sind mehr oder weniger schwere Erfrierungen.
Wie Sardinen in der Dose
Nun steigen Hupfauer und Schmatz mit dem Sherpa Urkien Tshering auf. Am 21. April erreichen sie das letzte Lager auf 7500 Metern. Der Sturm hat nur ein kleines Zweimann-Zelt verschont. In ihm verbringen die drei Bergsteiger, wie Ölsardinen in der Dose liegend, eine stürmische und eiskalte Nacht. An Schlaf ist nicht zu denken.
„So viele starben hier“
Der Morgen des 22. April, Ostersonntag: Das Wetter beruhigt sich ein wenig. Schmatz und Urkien wollen dennoch umdrehen. Der Sherpa hat Angst: „So viele Menschen sind hier schon gestorben.“ Doch Sigi Hupfauer überredet die beiden, einen Gipfelversuch zu wagen: „Ich war damals eben ein Heißsporn. Und wir hatten doch so viel Geld und Energie in das Projekt gestickt!“
Tränen der Freude
Hupfauer und Schmatz werfen ihre Sauerstoff-Flaschen nach wenigen Metern in den Schnee, weil sie keine Luft bekommen. Die Ventile sind zugefroren.
Gegen 15 Uhr erreichen die drei Bergsteiger den höchsten Punkt. „Ich war richtig glücklich. Gerhard hat mich umarmt und vor Freude geheult“, erzählt Sigi Hupfauer. Sie sind die ersten Deutschen auf dem Gipfel des Manaslu, für beide ist es der erste Erfolg an einem Achttausender.
Abstieg im Gewitter
Viel Zeit zum Genießen bleibt ihnen nicht. Der Himmel hat sich wieder zugezogen. Während des Abstiegs geraten die drei Bergsteiger in ein schweres Gewitter. Donner kracht, Blitze zucken. „Ich konnte in dem eisigen Gelände nicht mal meinen Pickel wegwerfen“, sagt Hupfauer, „wir sind um unser Leben gerannt. Ich habe gebetet, dass nichts passiert. Wir haben Glück gehabt.“
Und später …
Gerhard Schmatz erreichte später als erster Deutscher die sogenannten „Seven Summits“, die höchsten Gipfel aller Kontinente, inklusive Antarktis. 2005 starb er im Alter von 75 Jahren. Sigi Hupfauer bestieg insgesamt acht Achttausender, darunter den Mount Everest. Auch mit inzwischen 66 Jahren klettert er noch regelmäßig oder geht auf Skitour.
Sigi Hupfauer heute