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Dritte Etappe: Hinauf auf das Gipfelplateau

Da ist es wieder, dieses Geräusch, das sich zwei Tage nicht hören ließ und das niemand hier im Basislager vermisst hat: Schneefall. Morgens um sieben Uhr erstmals, dann immer wieder. Gott sei Dank schneit es nicht heftig. Aber an Sichtkontakt mit unseren Bergsteigern, die heute zum letzten Hochlager vor dem Gipfel aufsteigen, ist vorerst nicht zu denken.


Heute seltener Blick auf die Aufstiegsroute, Ausschnitt siehe unten

Den Stöpsel herausgezogen

Marc und ich sitzen nach dem Frühstück im Gemeinschaftszelt und warten auf den ersten Funkkontakt mit Expeditionsleiter Ralf. Marc erzählt, wie es für ihn war, gestern auf 6300 Metern umdrehen zu müssen. „Es kam wieder schlagartig, als hätte jemand den Stöpsel herausgezogen. Atemnot, Herzjagen, mir wurde übel. Ich konnte nur vier, fünf Schritte gehen, dann rang ich wieder nach Luft.“
Diese Erfahrung hatte der 51-Jährige vor knapp zwei Wochen fast in gleicher Höhe schon einmal gemacht. Damals hatte er sich nach Lager zwei durchgekämpft. „Natürlich habe ich auch diesmal hin und her überlegt. Aber was hätte es gebracht, wenn ich oben ausgepumpt angekommen wäre. Hätte ich mich wirklich so weit erholen können, dass ich am nächsten Tag weiter hätte aufsteigen können?“
Schließlich signalisierte Marc seinem Zeltkumpan Angelo, dass er umdrehen wolle. Damit war für ihn das Kapitel Manaslu beendet – und auch das Kapitel Achttausender-Bergsteigen: „Als ich gestern umkehrte, habe ich erst gedacht: Das darf nicht wahr sein, dieser wahnsinnig schöne Berg! Aber meinem Körper sind offensichtlich Grenzen gesetzt. Das ist einfach so, und das habe ich zu akzeptieren.“


Ja, wo laufen sie denn?

Steile Stelle, schlechte Sicht

Um neun Uhr krächzt das Funkgerät. Ralf ist kurz angebunden. „Das Wetter ist nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Schlechte Sicht. Wir sind außerdem an einer steilen Stelle. Lass uns in zwei Stunden wieder Kontakt aufnehmen.“
Der Blick aus dem Gemeinschaftszelt bleibt in dichten Wolken hängen. Hat sich das Schönwetter-Fenster nach zwei Tagen etwa schon wieder geschlossen? Das wäre fatal. „Der Wetterbericht sagte für heute kleinere Störungen vorher“, beruhigt mich Marc.
Elf Uhr, immer noch keine Sicht auf die Aufstiegsroute. Ralf klingt jetzt am Walkie-Talkie deutlich optimistischer. Er meldet sich aus einer Höhe von etwa 7200 Metern. „Es geht zwar ein bisschen zäh voran, aber wir haben jetzt wenigstens strahlenden Sonnenschein. Wir wechseln uns mit dem Spuren ab.“ Ralf hat alle Bergsteiger im Blick, er schätzt, dass den ersten und den letzten rund 100 Höhenmeter trennen.

Da sind sie!

Eine halbe Stunde später reißt die Wolkendecke über dem Basislager für wenige Minuten auf. Ich blicke hinauf – und tatsächlich: da bewegt sich eine Linie kleiner schwarzer Punkte auf den Grat zu, der das Gipfelplateau des Manaslu begrenzt. Kein Zweifel, das sind Ralf und die anderen Bergsteiger. Ich rufe Marc, der sich in sein Zelt zurückgezogen hat. Es bleibt ihm gerade so viel Zeit, die Bergsteiger auszumachen, da schiebt sich bereits wieder eine Wolke ins Blickfeld.


Entdeckt, für einen kurzen Augenblick

Wer ist Günter?

Warten auf den nächsten Funkkontakt. Um 13.30 Uhr ist es soweit. Ralf meldet sich aus Lager drei auf rund 7300 Metern. „Bis auf Angelo und Günter sind alle hier oben angekommen“, sagt der Expeditionsleiter. Wer ist Günter? „Sonne und kurze Schneeschauern wechseln sich ab“, fährt Ralf fort, „es weht kaum Wind.“ Ich frage nach der Temperatur. „Zu warm für den Daunenanzug.“ Und wer, hake ich nach, ist dieser Günter, der noch nicht angekommen ist? „Lass uns um 15 Uhr noch einmal funken“, antwortet Ralf, „wir bauen gerade unsere Zelte auf.“ Der ominöse Günter wird wohl Jürgen sein, mutmaßen Marc und ich. Zwei Stunden zuvor waren Angelo und Jürgen laut Ralf am Ende der Kette aufgestiegen.
Beim nächsten Kontakt bestätigt sich unsere Vermutung. Alle sind nun wohlbehalten in Lager drei eingetroffen und bereiten sich auf den Gipfeltag vor. Um zwei Uhr nachts wollen sie aufbrechen, bei dann hoffentlich wieder besserem Wetter. Daumen drücken!

Datum

Freitag 18.05.2007 | 10:28

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