Wellness im Basislager
Morgens Sonne im Lager, ab Mittag Schneefall
Wenn auf einer Himalaya-Karte BC steht, ist in der Regel „Basecamp“ gemeint. Es könnte aber auch für „Better close your nose“ stehen.
Nach einer Woche ohne Dusche beginnt jeder zu muffeln, ohne Ausnahme. Ich gestehe: Ich bin nicht gerade jemand, der morgens aus dem warmen Schlafsack kriecht und pudelnackt zur Körperpflege in den reichlich gefallenen Schnee springt. Die anderen scheinen aus ähnlicher Seife geschnitzt zu sein. Ralf stellte jedenfalls gestern beim Betreten des Gemeinschaftszeltes fest: „Es riecht streng. Morgen ist Duschtag, für alle!“
„Schlecht für den Schutzmantel der Haut!“
Es regt sich kein Widerstand. Einzig Jürgen, unser unbestrittener Wasserexperte, gibt mit einem Augenzwinkern zu bedenken: „Mit einer Dusche zerstören wir doch den Säureschutzmantel der Haut.“ Der Mann weiß, wovon er redet. Schließlich ist er gelernter Wassermeister. „Aber wenn der Expeditionschef Duschen befiehlt, werden wir uns alle fügen!“
Der Zeitpunkt ist geschickt gewählt. Nach zwei Tagen Ruhe im Basislager, zwecks Akklimatisierung, wollen die Bergsteiger morgen zum Lager 1 auf 5600 Metern Höhe aufsteigen. Da wird sich eine neue Schweißschicht bilden.
Alphabetisch ins Duschzelt
Schnell sind zwei Duschkabinen aufgebaut. Mannshohe Stehzelte, in deren Himmel wahlweise ein Eimer oder ein Sack gehängt wird. Sitaram hat alle Kocher voll zu tun, um ausreichend Warmwasser heranzuschaffen.
Der Dreck verschwindet alphabetisch. Helmar, mit Nachnamen Aßfalg wie A ist der erste in der Waschstraße, Angelo Vedani wie V der letzte. „Das klebrige Gefühl ist weg“, meint Helmar, als er zehn Minuten später, frisch gestriegelt und in sauberen Klamotten vor uns steht. Das Privileg der ersten Dusche hat er mit kalten Füßen bezahlt. Für die nächsten wird eine Fußmatte ins Duschzelt gelegt.
No problem, einfach nur sauber
Nach einer Weile bin ich an der Reihe. Ich schlüpfe schnell aus den Kleidern und stehe, ganz Adam, unter dem prall gefüllten Wassersack. Langsam drehe ich den Hahn auf und ein dünner Strahl angenehm warmen Wassers ergießt sich über die Mischung aus getrocknetem Schweiß und Dreck auf meiner Haut. Shampoo und Seife kommen zum Einsatz. Zu meinen Füßen bildet sich ein kleiner See, über dessen Farbe ich lieber schweige. Der Sack ist noch halb voll, der Dreck aber ganz weg. Jetzt kann ich das warme Wasser auf der Haut richtig genießen. Ein wohliges Gefühl macht sich breit, ich muss laut singen. „Any problem, Stefan-dai?“, ruft Sitaram von außen und lacht sich schief. „No problem!“ Ich bin einfach nur sauber und fühle mich auch so. Wellness pur im Basislager – wenn es bloß nicht dauernd schneien würde.