More DW Blogs DW.COM

Sitaram, der Meisterkoch

Wie bestellt hat sich die Sonne zurückgemeldet, gerade rechtzeitig zum zweiten Aufstieg der Bergsteiger hinauf nach Lager eins. „Wir sind alle gut angekommen und genießen die tolle Aussicht“, vermeldet Expeditionsleiter Ralf per Funk. Diesmal werden er, die elf Teammitglieder sowie die beiden Sherpa-Hochträger Pasang und Karma in Lager eins auf 5680 Metern Höhe übernachten. Bei ihrer ersten Tour hatten sie dort nur Material deponiert.

Der Herr der Pfannen und Töpfe

Die Küchencrew und ich bleiben auf 4850 Metern zurück. Zeit, den heimlichen König des Basislagers vorzustellen: Sitaram Rai, den Herrn der Pfannen und Töpfe. Wenn Sitaram etwa bruzzelndes Hühnerbruststeak mit Nudeln, Pommes Frites und Gemüse serviert, kennt die Begeisterung im Gemeinschaftszelt kaum Grenzen. „Bravo Sitaram!“, rufen alle und applaudieren dem Koch, der wieder einmal mit bescheidensten Mitteln ein Meisterwerk auf die Teller gezaubert hat.

“Lieber auf Expedition als im Hotel“

29 Jahre ist Sitaram alt, seit sieben Jahren arbeitet er als Koch. Sitaram hat sein Handwerk in einem Hotel gelernt. „Dort könnte ich aber nur so viel verdienen wie hier am Berg ein Küchenjunge. Deshalb arbeite ich lieber für Expeditionen und Trekkinggruppen.“
Sitaram ist je zwei Monate im Frühling und im Herbst unterwegs. Das dabei verdiente Geld reicht aus, um seine Frau und seine zwölf, sieben und vier Jahre alten Töchter in Kathmandu zu versorgen. „Natürlich fehlt mir hier meine Familie, aber das Wiedersehen wird dann umso schöner“, sagt Sitaram.

Drei Küchenhilfen

Sein Arbeitstag im Basislager beginnt zwischen drei und sechs Uhr früh, je nachdem, ob die Bergsteiger zu höher gelegenen Lagern aufbrechen oder nicht. Gegen neun Uhr abends schlüpft Sitaram in seinen Schlafsack.
Dazwischen liegen ein bis zwei Stunden Freizeit. „Für mich ist das keine harte Arbeit“, sagt Sitaram. Schließlich stünden ihm drei Küchenhelfer zur Seite. „Die holen bis zu 20 Mal am Tag Wasser von der Quelle, helfen mir beim Teekochen und auch beim Kleinschneiden.“

Fortbildung bei französischem Koch

Für drei Wochen hat Sitaram Fleisch eingelagert. „Ich grabe ein tiefes Loch in den Schnee und stelle einfach die Tonne mit dem Fleisch hinein. Dann bleibt es auch frisch.“
Sitaram weiß ganz genau, was Bergsteiger essen müssen. „Die brauchen Kraft!“ Also gibt es häufig Fleisch, Nudeln, Gemüse und Kraftsuppen in immer neuen Variationen. Fast immer sind die Töpfe nachher leer. Sitaram trifft den Geschmack der Europäer. Kein Zufall, lässt sein Arbeitgeber, eine Agentur in Kathmandu, doch regelmäßig einen französischen Koch einfliegen, der die nepalesischen Kollegen weiterbildet.

Backen ohne Ofen

Sitaram hat aber auch seine eigenen Rezepte. Wenn er im Basislager etwa Kuchen backt, verzichtet er auf den Ofen, den seine Agentur im Depot stehen hat. „Ich stelle einfach zwei Töpfe ineinander. Dann schmeckt der Kuchen viel besser!“ Jeder hier würde das unterschreiben.
Sitaram ist ein Koch, der ohne Sterne auskommt, aber dicht unter ihnen arbeitet. Ein Meister der „Haute Cuisine“, der 4850 Meter „hohen Küche“.


Die Küchencrew: hinten links Ram Rai, rechts Hanu Shunuwak Rai, vorne links Sitaram Rai, rechts Waiba Tanang

Datum

Freitag 27.04.2007 | 09:24

Teilen