Manaslu – ein Abenteuer?
Das war ein Tag, an dem sich die Bergsteiger durchbeißen mussten: 1000 Höhenmeter trennten Lager eins und zwei. Um 18 Uhr funkte Expeditionsleiter Ralf ins Basislager, dass alle auf 6600 Metern eingetroffen seien – auch Marc, der sich trotz Magenproblemen nach oben gekämpft habe.
Während sich Marc und die anderen nun am Freitag in Lager zwei ausruhen und akklimatisieren sollen, will Ralf gemeinsam mit Hiro den Weg nach Lager drei erkunden.
Rückblende: Bevor die Bergsteiger dem Expeditionsleiter Richtung Hochlager folgten, saßen wir im Gemeinschaftszelt zusammen. Mit meiner Frage „Ist das hier für euch eigentlich ein Abenteuer?“ löste ich eine lebhafte Diskussion aus.
Abenteuer als Kopfsache
Gemeinhin gilt eine Expedition zu einem Achttausender in Nepal wohl als Abenteuer pur. Doch unter den Bergsteigern im Basislager gingen die Meinungen auseinander.
„Abenteuer fängt bei mir immer im Kopf an. Ich stelle mir ein Projekt vor. Was wird geschehen? Emotionen werden geweckt.“ Vor Ort aber, so Rolf, werde aus der Kopfsache oft ernüchternde Realität: „Sitzen, schaufeln, schnaufen, arbeiten und schwitzen!“
Gefahr ein Kriterium für Abenteuer?
Jürgen geht noch ein Stück weiter. „Diese Expedition zum Manaslu ist doch kein Abenteuer. Wir gehen schließlich auf bekannten Pfaden.“ Ein richtiges Abenteuer zeichne sich dadurch aus, dass das Risiko nicht kalkulierbar sei. Auch für Helmar ist die Gefahr ein wesentliches Merkmal des Abenteuers.
Aber ist das Ende dieser Expedition zum Manaslu wirklich vorhersehbar? Die meisten anderen in der Runde widersprechen. „Wisst ihr, ob ihr den Gipfel erreicht? Ob uns beim Auf- oder Abstieg irgendetwas passiert?“
Ausbruch aus dem Alltag
Für Marc fängt das Abenteuer schon weit unter dem Gipfel an. „Ich muss mich schon hier im Basislager auf die Kameraden einlassen, anschließend dann auf den Berg. Und das ist für mich Abenteuer.“
Ähnlich argumentiert Peter. „Man muss aus dem Alltag, aus der Routine ausbrechen, sich immer neue Ziele setzen und versuchen, diese zu erreichen. Das macht das ganze Leben zum Abenteuer.“
Glückshormone und Abenteuersucht
Die Diskussion zeigt, dass sich die Definitionen von Abenteuer unterscheiden. Allen in der Runde aber ist Bergsteigen als Lebensgefühl gemeinsam. Keiner will darauf verzichten. „Wenn nach einer extremen Leistung Endorphine, also Glückshormone, ausgeschüttet werden“, so Peter, „dann ist das ein enormes Erlebnis.“
Und noch etwas eint die Bergsteiger am Manaslu: Die Expedition wird wohl nicht ihr letztes Abenteuer bleiben. „Es ist wie eine Sucht“, sagt Rolf. Irgendwann werden sie wieder unterwegs sein – wie Marc: „Nach solchen großen Projekten sage ich meist : ´Nie, nie wieder!´ Aber spätestens nach zwei, drei Monaten kommen dann wieder die neuen Ideen, die neuen Herausforderungen, die neuen Abenteuer.“