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Aufbruch zum Gipfelversuch


Aufbruchstimmung im Basislager

Sechs Uhr morgens. Zehn Bergsteiger brechen vom Basislager in 4850 Meter Höhe zu ihrem Gipfelversuch am Achttausender Manaslu auf. In den nächsten Tagen arbeiten sie sich immer näher an den höchsten Punkt heran. Heute Lager eins, 5680 Meter; am Samstag Lager zwei, 6750 Meter; am Sonntag Lager drei, 7450 Meter und dann am Montag hoffentlich der Gipfel, 8163 Meter hoch.
Was geht in den Köpfen der Bergsteiger vor? Findet sich dort nur noch blanke Entschlossenheit, oder ist auch Platz für Angst?

Angst ausblenden, Bremse im Kopf

„Man muss die Angst ausblenden“, sagt Richard. „Zu Hause warten auf mich meine Frau und mein dreieinhalb Monate alter Sohn. Im Basislager denke ich an sie, so oft ich Zeit habe. Am Berg aber muss ich den Kopf frei haben, um konzentriert zur Sache gehen zu können.“
Helmar will das Wort Angst gar nicht erst in den Mund nehmen.
Der 46-Jährige redet lieber von „Risiko-Chancen-Abschätzung“, räumt allerdings ein, dass er als zweifacher Familienvater vorsichtiger geworden sei: „Ich würde jetzt sicher nicht mehr Risiken eingehen, die ich vor 20 Jahren eingegangen bin. Da habe ich schon so eine kleine Bremse im Kopf.“


Berge in Wolken, Wolkenberge

Angst vor geistigen Aussetzern

Angelo ist mit 55 Jahren der älteste im Team. Der Manaslu soll sein dritter und letzter Achttausender werden. Ja, sagt der Schweizer, er habe Angst, „dass ich einen Fehlgriff mache, oder dass ich geistig weggetreten oder einfach nur benebelt bin.“ Bei seinen ersten beiden Achttausender-Besteigungen habe er bis zum Gipfel keine Angst gehabt. Der Abstieg aber zum letzten Lager sei wie im Film abgelaufen, rein mechanisch, er könne sich gar nicht mehr daran erinnern. „Das ist gefährlich. In solchen Situationen unterlaufen einem Fehler.“ Angelo hat mit Marc verabredet, besonders beim Abstieg gegenseitig aufeinander aufzupassen.

Von großer Macht getragen

Für Marc wäre Angst ein Grund, auf den Gipfel zu verzichten: „Ich bin zum ersten Mal an einem so hohen Berg. Wenn ich merke, dass es mir nicht gut geht oder dass ich Angst bekomme, werde ich umkehren.“
Daran will Jürgen noch gar nicht denken. Angst spiele für ihn keine Rolle. „Ich bin Christ. Ich weiß mich von einer großen Macht getragen.“ Außerdem helfe ihm, dass seine Familie an ihn denke. „Deshalb läuft für mich der Gipfelversuch in einer ganz großen inneren Ruhe ab.“


Gemeinsam unterwegs

Achtung, Spalte!

Ob mit oder ohne Angst – Richard, Helmar, Angelo, Marc, Jürgen und die anderen steigen aufwärts, dem Gipfel des Manaslu entgegen. Mittags melden sich alle wohlbehalten aus Lager eins. Expeditionsleiter Ralf funkt aus Lager zwei, dass sich dort, wo vor einigen Tagen die Zelte standen, eine große Gletscherspalte geöffnet habe. Ein Eisturm werde wohl bald abbrechen. Gut, dass das Team beim ersten Besuch auf 6750 Metern die Zelte wieder abgebaut und an einem sicheren Platz deponiert hatte.

Datum

Freitag 11.05.2007 | 07:21

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