More DW Blogs DW.COM

Das böse Höhentief


Anleitung zum Glücklichsein

Es klingt paradox: Höhentief. Aber genau dieses Wetterphänomen war schuld, dass der erste Gipfelversuch am Manaslu scheiterte. „So schlecht war der Wetterbericht gar nicht“, sagt Expeditionsleiter Ralf nach seiner Rückkehr ins Basislager. „Dieses Tief hat sich plötzlich in der Höhe entwickelt und sehr viel Schnee gebracht hat. Das war im Vorfeld nicht abzusehen.“ Wir lernen: das Höhentief an sich ist böse, weil hinterhältig. Und wir freuen uns, irgendwann im Tal das Tiefenhoch kennenzulernen.

Keine Lust auf Selbstmordkommando

Fast 24 Stunden hatte es ohne Unterbrechung geschneit. Auch in Lager zwei auf 6750 Metern türmte sich der Neuschnee rund 60 Zentimeter hoch. Expeditionsleiter Ralf, Hiro und die beiden Sherpas Pasang und Karma mussten ihren ursprünglichen Plan aufgeben, hinauf nach Lager drei Fixseile anzubringen. „Das wäre ein Selbstmordkommando gewesen“, sagt Ralf. „Genau dort, wo wir aufsteigen wollten, löste sich ein Schneebrett, das 400 Meter talwärts raste.“


Hiro und Ralf sicher zurück

Schneebretter losgetreten

Ralf beschloss, durch die neuschneeträchtigen Flanken abzusteigen. Auch das war gefährlich genug. Die vier Bergsteiger nutzten jetzt die Seile, die sie eigentlich oberhalb von Lager zwei anbringen wollten, um sich im Abstieg gegenseitig zu sichern – immer im Bewusstsein, jederzeit die Neuschneemassen lostreten zu können: „Ich habe vier mittlere und ein großes Schneebrett abgetreten“, so Ralf, „es war schon sehr spannend, diese Hänge abzusteigen.“

“Lawinensurfen“ nur in Notlagen!

Liebe Kinder, damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Das „Surfen auf der Lawine“ ist brandgefährlich. Das lasst ihr mal schön sein. Selbst erfahrene Bergsteiger wie Ralf, die seit Jahrzehnten im Himalaya unterwegs sind, gehen dieses Risiko nur ein, wenn sie müssen. „Man tastet sich an die Abrisskante des Schneebretts heran. Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür, wo sich das Brett lösen wird. Blind in so einen Steilhang zu rennen, wäre fatal.“
Mit einer großen Portion Erfahrung und sicher auch ein klein wenig Glück schafften die vier Bergsteiger den Abstieg durch die lawinenträchtigen Schneeflanken hinunter nach Lager eins und dann zurück ins Basislager.


Vom Rückschlag erholen

Dort wurden Ralf, Hiro, Pasang und Karma bereits von den anderen Teammitgliedern erwartet, die natürlich neugierig waren, was das Höhentief in Lager zwei und darüber angerichtet hatte.
Für die nächsten Tage ist der Wetterbericht – auch ohne Höhentiefs – nicht sehr vielversprechend. Ralf empfiehlt den Bergsteigern, jetzt nicht den Kopf in den Schnee zu stecken und geduldig zu bleiben: „Jetzt müssen wir uns erst einmal Zeit lassen, uns von dem Rückschlag erholen und dann mit neu geschöpften Kräften wieder aufbrechen.“


Glücklichsein

P.S. Herzlichen Glückwunsch aus dem Manaslu-Basislager an alle Mütter!

Datum

Sonntag 13.05.2007 | 10:18

Teilen