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Nordpol-Chronik

1497 Erster (vergeblicher) Versuch des Italieners Giovanni Caboto alias John Cabot, im Auftrag der britischen Marine die Nordwestpassage, den Seeweg von Nordamerika aus durch die Arktis nach Asien, zu finden.
1527 Erste bekannte Expedition mit dem Ziel, den Nordpol zu erreichen. Der Brite Robert Thorne scheitert.
15. – 18. Jahrhundert Zahlreiche weitere erfolglose Versuche, die Nordwest- und auch die Nordostpassage entlang der russischen Küste zu durchsegeln. Auch der große britische Entdecker James Cook sucht bei seiner dritten Weltreise 1776-1779 vergeblich nach dem nördlichen Seeweg nach Asien.
1827 Der Brite William Edward Parry erreicht mit Schlitten 82° 45` nördlicher Breite, ein Rekord, der rund 50 Jahre hält.
1845 Der Brite John Franklin startet zu einer Expedition Richtung Nordwestpassage, die tragisch endet. Franklin und die gesamte Mannschaft kommen ums Leben. Mehrere Suchexpeditionen folgen.
1869 Zwei deutschen Schiffe unter Leitung von Karl Koldewey und Paul Hegemann brechen zu einer Polarexpedition auf. Die Hanse wird vom Packeis zerdrückt. Die Mannschaft kann sich auf einer treibenden Eisscholle retten.
1876 Britische Expedition unter George Nares erreicht 83° 20´ N. In einem Telegramm während der Rückreise schreibt der Kapitän frustriert: „North Pole impracticable (Nordpol nicht machbar)“.
1878/79 Dem Schweden Adolf Erik von Nordenskiöld gelingt mit dem Schiff Vega die erste Durchquerung der Nordostpassage.
1893-96 Der Norweger Fridtjof Nansen lässt sich mit seinem Schiff Fram vor Sibirien vom Packeis einschließen. Er hofft, von der Eisdrift zum Nordpol getrieben zu werden. Als klar ist, dass die Fram am nördlichsten Punkt vorbeitreibt, versucht Nansen, mit seinem Gefährten Hjalmar Johansen zu Fuß den Pol zu erreichen. Sie kommen bis 86° 13´ N (418 km Entfernung vom Pol. Anschließend kämpfen sich Nansen und Johansen auf Skiern und mit Kajaks bis nach Franz-Josef-Land durch. Dort treffen sie 15 Monate nach ihrem Aufbruch auf ein englisches Expeditionsteam und sind gerettet.
1903-06 Dem Norweger Roald Amundsen gelingt als Erstem auf der Gjöa die Durchquerung der Nordwestpassage.
1908 Der US-Amerikaner Frederick Albert Cook behauptet, am 21. April als erster Mensch den Nordpol erreicht zu haben. Viele glauben ihm schon damals nicht.
1909 Der US-Amerikaner Robert Edwin Peary erklärt, er sei am 6. April (im Gegensatz zu Cook) wirklich am Pol gewesen. Auch hier gibt es begründete Zweifel.
1926 Der US-Amerikaner Robert Byrd will am 8. Mai mit dem Flugzeug den Nordpol überflogen haben. Seine Angaben sind ebenfalls zweifelhaft.
1926 Der Italiener Umberto Nobile, der Norweger Roald Amundsen und der US-Amerikaner Lincoln Ellsworth überfliegen am 12. Mai mit dem Luftschiff Norge den Pol.
1937 Russische Forscher werden von einem Flugzeug in unmittelbarer Nähe des Nordpols abgesetzt.
1948 Eine russische Expedition unter Leitung von Alexander Kusnezow fliegt zum Pol.
1958 Das US-Atom-U-Boot Nautilus durchfährt den arktischen Ozean unter dem Eis und erreicht dabei auch den Nordpol. Ein Jahr später durchbricht das amerikanische U-Boot Skate bei einer ähnlichen Fahrt am Pol das Eis.
1968 Eine Gruppe unter Leitung des US-Amerikaners Ralph Plaisted erreicht mit Motorschlitten den Pol.
1968/69 Ein Expeditionsteam, geleitet vom Briten Wally Herbert, durchquert mit Hundeschlitten die Arktis von Spitzbergen über den Pol nach Alaska. Die Gruppe wird aus der Luft mit Nahrung versorgt, ist aber die erste, die unzweifelhaft zu Fuß den Nordpol erreicht.
1978 Der Japaner Naomi Uemura schafft mit Luftunterstützung von Kanada aus die erste Solo-Hundenschlittenreise zum Nordpol.
1989 Arved Fuchs erreicht als Teilnehmer der internationalen „Ice Walk“-Expedition als erster Deutscher zu Fuß den Nordpol. Auch diese Expedition wird aus der Luft unterstützt.


Schwimmbad Nordpol: Im Juli 2007 schwimmt der Brite Lewis Gordon Pugh knapp 19 Minuten lang im eiskalten Wasser

1990 Die Norweger Erling Kagge und Børge Ousland erreichen als Erste ohne Versorgung aus der Luft den Nordpol. Von dort lassen sie sich ausfliegen.
1993 Erste Last degree-Expedition zum Nordpol
1995 Der Russe Michail Malakow und der Kanadier Richard Weber marschieren erstmals ohne Luftunterstützung und ohne Hundeschlitten von Nordkanada aus zum Nordpol und zurück.
2007 Russische Tauchboote verankern auf dem Meeresboden unter dem Nordpol eine Titanflagge, um die territorialen Ansprüche Russlands auf die Region zu demonstrieren.

Datum

0 15.03.2009 | 11:44

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Benzinkocher oder Zeltlocher?


Der Tag neigt sich, doch es warten Aufgaben

Eigentlich will ich es mir gar nicht vorstellen: Wir sind mitten im Eis, der Nordpol ist nicht mehr fern. Gerade haben wir das Zelt aufgebaut. Ich bin heute dafür zuständig, den Benzinkocher anzuwerfen und Eis zu schmelzen. Ich drehe den Hahn auf. Zu schnell. Wusch, eine Stichflamme! Das Zelt fackelt ab. Wir müssen die Expedition abbrechen. Das wäre der Super-Gau.
Thomas beruhigt uns: „Macht euch keine Sorgen! Das Zelt geht nicht gleich in Flammen auf. Wenn man schnell genug reagiert, bleibt es bei einem Loch, das man wieder flicken kann.“ Selbst einem Profi wie ihm ist das schon passiert.

Tunnelbau


Schlafen im Tunnel

Nach unserem Aufstieg zur Hütte haben wir zunächst das Zelt aufgebaut. Es handelt sich um ein norwegisches Fabrikat, das wie ein länglicher Tunnel aussieht. Drei lange Karbonstangen geben dem Zelt die Form. Um es aufzurichten, stecken wir die Stangen zunächst zusammen und schieben sie dann quer über das Zelt durch die dafür vorgesehenen Laschen. Ein bisschen fummelig ist das. Wie wird das erst bei minus 30 Grad Celsius? „Je schneller das Zelt steht, desto besser“, feuert uns Thomas an. Wir fixieren den Kunststoff-Tunnel im Schnee mit ein paar Haken und unseren Skiern. Während der Expedition sollen wir auch den Schlitten ans Zelt binden, damit er sich nicht über „Nacht“ (die gibt es natürlich im arktischen Sommer nicht) aus dem Staub macht.

Wie war das noch?


Kocher-Kursus

Nun demonstriert uns Thomas, wie der Kocher funktioniert. „Wir kochen im Vorzelt und liegen dabei im Schlafsack. Wenn du bei 20, 30 Grad minus draußen sitzt, erfrierst du halt, oder?“ Wo er recht hat, hat er recht. Und so geht es: Pumpen, damit Druck auf die Leitung kommt, Hahn vorsichtig aufdrehen, bis ein wenig Benzin an der Brennstelle herausspritzt, „nicht zu viel, sonst wird die Stichflamme zu hoch“, Hahn wieder zu, jetzt mit Streichholz oder Feuerzeug entzünden, „keine Angst, wenn die Flamme kurz hoch auflodert, das macht dem Zelt nichts“, warten, bis es beginnt zu zischen, Hahn aufdrehen, Topf mit Eis drauf, fertig. Hört sich ganz einfach an. Frank probiert es und macht alles richtig. Thomas ist zufrieden. „Und morgen früh bist du dran, Stefan!“

Stunde der Wahrheit


Schweizer Diätkost

Oje, ich fühle mich wie früher beim Vokabelabfragen in der Schule. Mut zur Lücke? Ich hoffe, ich habe alles richtig verstanden. Erst einmal verdränge ich den Auftrag. Denn heute Abend gibt es in Thomas´ Berghütte eine zünftige Schweizer Käsefondue, mit einem leckeren Gläschen Wein und Wodka zum Absacken. Mit der nötigen Bettschwere ziehen wir uns ins Zelt zurück. Der Schlafsack wärmt mehr als genug, die beiden Matten unter dem Rücken sind leidlich bequem. Ich falle in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Der nächste Morgen, die Stunde der Wahrheit: Ich bleibe, wie vorgeschrieben, im Schlafsack, drehe mich zum Zelteingang. Wie war das gleich noch? Erst Hahn auf, dann pumpen? Nein, umgekehrt! Ich habe Schwierigkeiten, mit dem kleinen Feuerzeug an die Zündstelle des Kochers zu gelangen. Dann aber funktioniert alles so, wie es soll, und ich bin fast ein wenig stolz auf mich. Bis die Flamme für meinen Geschmack ein wenig zu hoch in den Zelthimmel sticht. Mein banger Blick geht nach oben. Kein Loch, Gott sei Dank! Das wäre aber auch zu peinlich gewesen.

Datum

0 13.03.2009 | 15:37

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Ein Schlitten namens Poldi

Der Nordpol liegt ein Wochenende lang in der Schweiz – zumindest für uns. Expeditionsleiter Thomas Ulrich hat die Teilnehmer nach Interlaken eingeladen, zum gegenseitigen Beschnuppern und zum Schnupperkurs. Mit dem Auto fahren wir in die Berge. Wir verlassen die Straße, fahren mit Schwung einen schneebedeckten, an vielen Stellen vereisten Weg hinauf, bis zu einer Stelle, von der aus ein Pfad abzweigt. Hier lassen wir das Auto stehen.


Über dem Berner Oberland

Thomas zeigt uns, wie wir die Zuggurte anlegen sollen. Die Schlitten sind leicht bepackt, mit Zelt, Kocher, Schlafmatte, Schlafsack und dem, was man sonst noch für eine Übernachtung im Freien braucht. Wir schlüpfen in die Skibindung und los geht´s. Solange der Pfad kaum ansteigt, gehorcht mir der Schlitten und ich denke noch: Gar nicht so schwer, wie ich annahm. Doch hinter einer Hütte endet der Weg. Jetzt ziehen wir unsere Spur durch den Neuschnee bergauf. Der Schlitten kippt erstmals zur Seite. Ich richte ihn wieder auf. Fünf Meter weiter das gleiche Spiel. Nach der vierten Wiederholung beginne ich, leise vor mich hinzufluchen. „Ihr müsst eure Schlitten taufen“, sagt Thomas und grinst, „dann ist es leichter, mit ihnen zu schimpfen.“

Dickes Fell gesucht


Poldi in Schieflage

Ich ziehe wieder los, nach dem immer gleichen Muster: Einige Meter geht es gut, dann rutscht der Schlitten in eine Erdmulde oder neigt sich einfach in den Hang, und schwupps, liegt er wieder auf der Seite. Die erste Idee, den Schlitten nach meiner Frau zu benennen, verwerfe ich schnell. Sie hätte wirklich nicht verdient, dass ich so viel Frust auf ihr ablade. Dann macht es klick: Mein Schlitten heißt ab sofort Poldi. Nach Lukas Podolski, dem noch-Münchner-bald-wieder Kölner Fußballer, dem Hoffnungsträger meines Leib- und Magenvereins. Bei den Bayern ist er auch häufig weggekippt. Poldi dürfte es also gewohnt sein, beschimpft zu werden und es mir nicht übel nehmen, wenn ich ihm ein paar böse Worte entgegenzische. Dafür nehme ich ihn schließlich auch mit zum Nordpol.

Mein bester Freund?

Poldi muss sich gleich nach der Taufe eine Menge Flüche anhören, denn der Schlitten macht einfach nur, was er und nicht was ich will. Ich zerre an der Ladung herum, versuche, den Schlitten anders auszubalancieren. Umsonst, Poldi will mir einfach nicht gehorchen. „Der Schlitten ist jetzt einfach zu leicht. Wenn er voll beladen ist, mit Benzin und so, dann liegt der Schwerpunkt tiefer“, macht mir Thomas Mut – der mit seinen nächsten Worten gleich wieder sinkt: „Aber es ist auch am Nordpol schon so: Zwischendurch zurückgehen, wieder aufrichten …“ Der Schlitten, sagt Thomas, müsse einfach „dein bester Freund“ werden.


Geschafft!

Klatschnass durchgeschwitzt erreiche ich Thomas´ Berghütte, vor der wir für die kommende Nacht unser Zelt aufschlagen werden. Poldi und ich sind noch keine Freunde geworden, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Warum muss ich gerade jetzt an die Worte des Schauspielers Keanu Reeves an Sandra Bullock im Hollywood-Thriller ´Speed´ denken? „Beziehungen, die unter extremen Bedingungen entstehen, haben keine Zukunft.“

Datum

0 12.03.2009 | 13:49

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Mensch, Flocke!


Früher 1. FC Köln, heute 1. FC Nürnberg

„Mensch, Flocke, du hast dich aber verändert“, denke ich bei mir. Aus Heinz Flohe alias Flocke, dem Fußballidol meiner 1. FC Köln-umtosten Kindheit, ist eine Eisbärin geworden, die auf einem kleinen Ball herumkaut, ihn mit der Nase ins Wasser stupst und hinterher springt. Ich stehe hinter der Glasscheibe ihres Geheges im Nürnberger Tiergarten und schaue ihr zu.
15 Monate ist Flocke inzwischen alt, Deutschlands Tier-Superstar Nummer zwei nach dem Berliner Eisbär „Knut“. Zumindest war sie das als Baby. 20 Prozent mehr Besucher verzeichnete der Nürnberger Zoo im vergangenen Jahr, nicht zuletzt dank Flocke.

Feuerwehrschlauch für den Notfall

An diesem kalten, regnerischen Morgen jedoch beobachtet außer mir nur Manuela Rütenberg die Eisbären. „Die strahlen so etwas Faszinierendes aus, der Körperbau, das Fell, der ganze Bär an sich. Und auch der Charakter ist so interessant.“


Komm, spiel mit mir!

Die Nürnbergerin besucht zwei bis drei Mal pro Woche Flocke und Rasputin, den gleichaltrigen Spielgefährten aus Russland. Als die beiden Eisbären im Januar zusammengebracht wurden, rückte die Feuerwehr an. Sie hätten Rasputin mit einem Schlauch Wasser auf den Pelz gejagt, falls er auf Flocke losgegangen wäre. Doch die beiden waren von Beginn an ein Herz und eine Seele. „Die tun sich einfach gegenseitig gut“, hat auch Eisbär-Fan Manuela Rütenberg beobachtet.

Wenn ein Eisbär Eisbär spielen will

Flocke und Rasputin sind zwar immer noch recht süß, aus dem ganz putzigen Alter aber heraus. Kurz nach der Geburt seien Eisbären unwiderstehlich, findet selbst der stellvertretende Zoodirektor, Dr. Helmut Mägdefrau. „Einfach süße Knöpfe. Das Kindchen-Schema trifft voll zu. Sie erinnern in den ersten Monaten durchaus an unsere eigenen kleinen Kinder. Da schmilzt man buchstäblich dahin.“


Flockes Ersatzmütter: Stefanie Krüger (li.) und Petra Fritz

Tierpflegerin Petra Fritz war die erste, die Flocke die Flasche gab. Sie wohnte damals auf dem Zoogelände und war für die Nachtwachen zuständig. „Am Anfang ist Flocke alle zwei Stunden wach geworden und wollte trinken und kuscheln.“ Mit der Zärtlichkeit war es dann irgendwann vorbei. „Nach drei Monaten hat sie mal Eisbär spielen wollen und gezwickt. Ich habe sie am Genick gepackt, weggezogen und nein gesagt. Das hat sie ganz gut begriffen. Sie dürfte ihre Mutter schließlich auch nicht beißen.“ Bei so viel Nähe sei es ganz natürlich, dass auch Muttergefühle für das Eisbär-Baby aufkämen, sagt Kollegin Stefanie Krüger. „Irgendwie ist es doch wie ein eigenes Kind. Das entwickelt sich einfach. Dann ist man traurig, wenn es plötzlich heißt: Frau Krüger, sie gehen jetzt auch nicht mehr rein! Der Bär ist fast ein Jahr alt, das wird langsam zu gefährlich.“

Flocke wie Flohe – fast


Starker linker Fuß

Flocke ist eben kein Kuschel-, sondern ein Raubtier. Aus der sicheren Distanz, geschützt durch eine Glasscheibe, wirkt die Eisbärin noch nicht sehr gefährlich, eher verspielt. Sie tollt ausgelassen im Wasser herum, schwimmt, einen Jutesack im Maul, zu Rasputin und animiert ihn mitzuspielen. Als sie die beiden Pflegerinnen wittert, wird Flocke ganz aufgeregt, beginnt zu brummen und Männchen zu machen: Sie stellt sich auf die Hinterbeine, hebt leicht den linken Fuß und … wenn jetzt der Ball dort gelegen hätte!

P.S. Hier gibt es noch mehr Bilder von Flocke.

Ganz Ohr bleiben: Flocke, Fan und Pfleger

Datum

0 11.03.2009 | 12:55

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Flocke und Co.: Bedrohlich und bedroht

Ich bin kein Hasenfuß, aber ein Rendezvous mit einem Eisbär in freier Wildbahn muss für meinen Geschmack nicht unbedingt sein. Da es aber bei unserer Expedition zum Nordpol zumindest im Bereich des Möglichen liegt, dass wir einem anderthalb Meter großen, drei Meter langen, 800 Kilogramm schweren Weißpelz begegnen, möchte ich doch gedanklich vorbereitet sein. Den Expertentipp hole ich mir in Nürnberg: „Sofort das Gewehr entsichern und so tun, als ob nichts wäre. Und dann hoffen, dass der Eisbär einen anderen Weg einschlägt.“ Dr. Helmut Mägdefrau weiß Bescheid. Er ist stellvertretender Zoodirektor in Nürnberg und damit gewissermaßen der Vermieter von Eisbär „Flocke„. Sollte ich nicht doch lieber die Beine in die Hand nehmen? Bloß nicht, sagt der Zoologe. „Das ist wie bei einer Katze, mit der man im Wohnzimmer spielt. Davonlaufen reizt ihn noch mehr. Und der Eisbär ist schneller als wir.“

Der Eisbär braucht das Eis


„Flocke“ taucht ab

40 Stundenkilometer schnell kann ein Eisbär sprinten, vier Meter weit springen. Er ist ein gefährlicher Jäger, und dabei doch selbst gefährdet. „Wenn der Klimawandel so weitergeht, wird es innerhalb weniger Jahre dramatisch für die Eisbären“, meint Dr. Mägdefrau. Klima-Modellrechnungen sagen voraus, dass das Polarmeer in einigen Jahrzehnten während der Sommermonate eisfrei sein wird. „Dem Eisbären ist es wurscht, ob er auf Eis läuft, auf einem Felsen oder einem vereisten Felsen. Es ist nur wichtig, dass er an seine Nahrung, die Robben, herankommt.“ Und genau da liegt das Problem. Bisher legt sich der Eisbär meist auf die Lauer und wartet, bis eine Robbe ihr ins Eis gegrabenes Atemloch aufsucht, um Luft zu holen. Auch wenn der wissenschaftliche Name des Eisbären „Ursus maritimus“ ist, sprich der Bär aus dem Meer, hätte er im Wasser keine Chance, Robben oder auch größere Fische zu jagen. „Die schwimmen einfach um Klassen besser.“ Auch auf eisfreiem Land täten sich Eisbären sehr schwer. „Sie sind Lauerjäger“, erklärt der Zoologe, „sie können nicht ausdauernd schnell laufen. Sie würden überhitzen.“ Kein Wunder bei einer bis zu zehn Zentimeter dicken isolierenden Speckschicht, fünf Zentimetern Unterwolle und bis zu 15 Zentimeter langem Bauchfell.

Auslaufmodell Eisbär?

Noch gilt der Eisbär nicht als hochbedrohte Tierart. Rund 25.000 Bären leben in der Arktis. So viele, dass die Inuit jährlich 600 Tiere erlegen dürfen. Doch die Bestände sind rückläufig. Geht das Eis weiter zurück, haben die Eisbären „bald nur noch an wenigen kleinen Ecken am Festland“ Überlebenschancen. Dr. Mägdefrau hält die Prognose eines Kollegen aus den USA, dass die Zahl der Eisbären bis 2050 um zwei Drittel abnimmt, für durchaus realistisch. Die einzige Hoffnung bestünde darin, dass sich die Tiere dem Klimawandel anpassten, z.B. künftig statt Robben Rentiere fräßen. „Die Biologie ist zuweilen erfinderisch, die Anpassung der Tiere manchmal erstaunlich.“ Im Gegensatz zu früheren Veränderungen vollziehe sich der aktuelle Klimawandel jedoch rasant. „Da wird die Zeit, so fürchten alle, wohl nicht mehr reichen, dass sich die Eisbären anpassen können.“
Den Vorschlag von Wissenschaftlern, Eisbären in die Antarktis zu exportieren, hält Dr. Mägdefrau für „absoluten Quatsch. Da muss man ein gezielter Feind von Pinguinen sein, um auf so eine Idee zu kommen“. Ähnliche Versuche mit anderen Tierarten seien alle gescheitert. „Das macht man einfach nicht, weil die Folgen nicht abschätzbar sind. In den meisten Fällen sind sie verheerend.“

Und noch ein Witz

Der Eisbär bleibt also bedroht – auch wenn er uns bei einer Begegnung am Nordpol bedrohlich erscheinen sollte. Dr. Mägdefrau hat für diesen Fall auch noch einen Witz parat: Zwei Männer machen sich für eine Polardurchquerung bereit. Der eine packt Turnschuhe ein. „Warum nimmst du die mit?“, fragt der andere. „Wenn ein Eisbär kommt, ziehe ich die Turnschuhe an“, antwortet der Erste. Sein Partner schüttelt den Kopf. „Du bist doch nicht schneller als der Eisbär.“ „Nein, aber schneller als du!“
Vielleicht sollte ich auch Turnschuhe einpacken.

P.S. Allen, die „Flocke“ auftauchen sehen wollen, sei gesagt: Geduld, Geduld, morgen ist auch noch ein Tag.

Datum

0 10.03.2009 | 16:09

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