Das Team: Frank Heidrich
geboren am: 19. April 1974
Familienstand: ledig
lebt in: Zittau in Sachsen
arbeitet als: Bauingenieur
bisherige Abenteuer: mehrwöchige Rucksackreisen durch China und Japan
Und der Nordpol? „Mich reizt das Abenteuer, das Außergewöhnliche, das Extreme, das nicht jeder macht.“
Ganz Ohr bleiben: Frank Heidrich
Der Expeditionsleiter: Thomas Ulrich
Thomas Ulrich ist Profiabenteurer, der Gefahren bewusst in Kauf nimmt – wenn sie kalkulierbar sind. „Risiken lauern überall, aber wenn man sich wirklich gut darauf vorbereitet, sind sie nicht größer als hier zu Hause, wenn ich eine Straße überquere.“ Der Schweizer lebt in Interlaken im Berner Oberland, ist verheiratet und Vater dreier Töchter. Die Verantwortung der Familie gegenüber hat ihren Teil dazu beigetragen, dass er sein Spielfeld in den letzten Jahren von den Bergen zunehmend ins Eis verlegt hat. 2001 nahm Ulrich zum wiederholten Male an einer Expedition zum legendären Eis- und Granitberg Cerro Torre in Patagonien in Südamerika teil. Nur mit viel Glück überlebte er einen Eisabbruch – für ihn das Signal, sich anderen Abenteuern mit kalkulierbareren Risiken zuzuwenden.
Abenteurer, Fotograf, Kameramann
Bis dahin hatte der gelernte Zimmermann und Bergführer als Extrembergsteiger für Schlagzeilen gesorgt. Seinen spektakulärsten Erfolg feierte er 1999, als ihm mit drei Freunden am Cerro Torre die erste Winterbegehung der Westwand gelang. Damals konnte Ulrich auch erstmals als Fotograf eine Reportage im renommierten US-Magazin „National Geographic“ veröffentlichen. Heute gilt der 41-Jährige als einer der weltweit führenden Fotografen und Kameramänner im Bereich Abenteuer und Outdoor. Für seine Reportagen und Filme sammelte er zahlreiche Preise.
Spuren im Eis
Hier geht´s zum Pol
Als Abenteurer hat Thomas Ulrich auch im Eis Ausrufezeichen gesetzt. Mit dem norwegischen Polar-Experten Børge Ousland gelang ihm 2003 die erste Durchquerung des Südlichen Patagonischen Inlandseises, ohne Depots und Hilfe von außen. Sechs Mal stand Ulrich schon am Nordpol. 2007 etwa machte er sich von dort aus, wieder mit Ousland, auf die Spuren Fritjof Nansens. Der berühmte norwegische Polarforscher und sein Begleiter Hjalmar Johansen hatten 1895 vergeblich versucht, als Erste den Nordpol zu erreichen, und sich anschließend 15 Monate lang zu Fuß, mit Schlitten und Kajaks durch die Arktis geschlagen. Ulrich und Ousland folgten in 100 Tagen der Route der Polarpioniere. „1000 Kilometer auf dem arktischen Eis, dann vierhundert weitere durch Franz-Josef Land hindurch, und von dort mit dem Segelboot nach Norwegen, ein großartiges Erlebnis.“
Abenteuer sind seine Welt
Weniger erfolgreich verlief 2006 der Versuch Ulrichs, im Alleingang von Sibirien aus die Arktis zu durchqueren. Nach wenigen Tagen geriet er in einen Sturm, der ihn fast das Leben gekostet hätte. In letzter Minute wurde der Schweizer von einem russischen Hubschrauber aus seiner ausweglosen Lage gerettet. Thomas Ulrich räumt ein, dass sich er sich anschließend auch die Sinnfrage gestellt habe. Mit dem Ergebnis, dass er auch weiterhin zu Abenteuern aufbrechen will: „Das ist einfach meine Welt.“
Ganz Ohr bleiben: Expeditionsleiter Thomas Ulrich
Last degree
Immer schön sauber bei der Wahrheit bleiben. Ja, wir machen uns auf den Weg zum Nordpol. Nein, wir haben im Erfolgsfall den nördlichsten Punkt nicht zu Fuß erreicht. Dafür müssten wir nämlich, so merkt der Schweizer Expeditionsleiter Thomas Ulrich mit Recht an, „irgendwo an Land starten und am Nordpol ankommen. Alles andere wäre wie am Mount Everest die Hälfte mit dem Hubschrauber hochfliegen und den Rest noch zu Fuß gehen“.
Kein Sonntagsspaziergang
In der Eiswüste
Wir aber werden nicht von Ellesmere Island in Kanada, von Grönland oder Sibirien aus starten, sondern exakt vom 89. Breitengrad aus. „Last degree“-Expeditionen nennt man solche Unternehmungen, die es auch ambitionierten Hobbyabenteurern mit kleinem Zeitbudget ermöglichen, den Nordpol zu erreichen und trotzdem eine anspruchsvolle sportliche Leistung erbracht zu haben. Wir lassen uns schließlich nicht, wie der Scheich aus Dubai, mit dem Helikopter direkt am Pol absetzen, um dort ein Glas Champagner zu schlürfen. „Es ist kein Sonntagsspaziergang“, stellt Thomas Ulrich klar. Wir werden voraussichtlich anderthalb Wochen lang jeden Tag rund neun Stunden lang übers Eis marschieren und dabei unsere Materialschlitten mit einem Gewicht von bis zu 40 Kilogramm hinter uns herziehen, und das bei Temperaturen bis minus 35 Grad Celsius.
Borneo auf Eis
Das Expeditionsteam trifft sich am 2. April auf der von Norwegen verwalteten Insel Spitzbergen. Von dort aus fliegen wir mit einer Antonow 74, einem russischen Flugzeug, das für kurze Landebahnen geeignet ist, nach Borneo weiter. Was nach Sonne und Meer klingt, ist in Wahrheit ein vergängliches „Paradies“ auf dem Eis. Alljährlich im April entsteht auf einer großen, stabilen Eisscholle am 89. Breitengrad eine russische Nordpol-Basis mit eigener Landepiste. Ende des Monats, wenn das Eis zu schmelzen beginnt, verschwindet auch Borneo wieder. Die Station wird geräumt.
Wasser- und Eisbarrieren
Hinter Borneo ist es aus mit der Bequemlichkeit. Wir schnallen die Skier und die Zuggurte für die Schlitten an und los geht’s. Bis zum Pol fehlen noch 120 Kilometer – etwa, denn wir bewegen uns auf Eis, das auf dem 4000 Meter tiefen Polarmeer treibt. Je nach Drift kann es also durchaus passieren, dass wir den einen oder anderen Kilometer, den wir zuvor marschiert sind, während des Schlafs wieder zurücktreiben. Wir können auf offene Rinnen stoßen, die umgangen, oder auf Presseis-Rücken, die überstiegen werden müssen. Gerade das mache den Reiz aus, sagt Expeditionsleiter Ulrich. „Im Gegensatz zur Antarktis, wo man fast immer das Gleiche sieht, verändert sich die Arktis täglich.“
Gefühlt höher als auf dem Everest
Zelten am Nordpol
Doch irgendwann erreichen wir hoffentlich den nördlichsten Punkt. Das GPS-Gerät zeigt 90 Grad Nord. „Das ist ein mystisches Gefühl“, so Ulrich, „weil man weiß, dass sich dort alle Längengrade berühren und man in wenigen Schritten 24 Stunden abmarschieren kann.“ Zeitzonen-Hopping also. Und außerdem steht ja man oben auf der Erde, gewissermaßen. „Man hat fast das Gefühl, dass man höher ist als auf dem Mount Everest.“
Am Nordpol wollen wir mindestens einmal übernachten, ehe uns ein russischer Hubschrauber abholt und zurück nach Borneo bringt. Von dort geht es wieder per Flugzeug nach Spitzbergen.