More DW Blogs DW.COM

Benzinkocher oder Zeltlocher?


Der Tag neigt sich, doch es warten Aufgaben

Eigentlich will ich es mir gar nicht vorstellen: Wir sind mitten im Eis, der Nordpol ist nicht mehr fern. Gerade haben wir das Zelt aufgebaut. Ich bin heute dafür zuständig, den Benzinkocher anzuwerfen und Eis zu schmelzen. Ich drehe den Hahn auf. Zu schnell. Wusch, eine Stichflamme! Das Zelt fackelt ab. Wir müssen die Expedition abbrechen. Das wäre der Super-Gau.
Thomas beruhigt uns: „Macht euch keine Sorgen! Das Zelt geht nicht gleich in Flammen auf. Wenn man schnell genug reagiert, bleibt es bei einem Loch, das man wieder flicken kann.“ Selbst einem Profi wie ihm ist das schon passiert.

Tunnelbau


Schlafen im Tunnel

Nach unserem Aufstieg zur Hütte haben wir zunächst das Zelt aufgebaut. Es handelt sich um ein norwegisches Fabrikat, das wie ein länglicher Tunnel aussieht. Drei lange Karbonstangen geben dem Zelt die Form. Um es aufzurichten, stecken wir die Stangen zunächst zusammen und schieben sie dann quer über das Zelt durch die dafür vorgesehenen Laschen. Ein bisschen fummelig ist das. Wie wird das erst bei minus 30 Grad Celsius? „Je schneller das Zelt steht, desto besser“, feuert uns Thomas an. Wir fixieren den Kunststoff-Tunnel im Schnee mit ein paar Haken und unseren Skiern. Während der Expedition sollen wir auch den Schlitten ans Zelt binden, damit er sich nicht über „Nacht“ (die gibt es natürlich im arktischen Sommer nicht) aus dem Staub macht.

Wie war das noch?


Kocher-Kursus

Nun demonstriert uns Thomas, wie der Kocher funktioniert. „Wir kochen im Vorzelt und liegen dabei im Schlafsack. Wenn du bei 20, 30 Grad minus draußen sitzt, erfrierst du halt, oder?“ Wo er recht hat, hat er recht. Und so geht es: Pumpen, damit Druck auf die Leitung kommt, Hahn vorsichtig aufdrehen, bis ein wenig Benzin an der Brennstelle herausspritzt, „nicht zu viel, sonst wird die Stichflamme zu hoch“, Hahn wieder zu, jetzt mit Streichholz oder Feuerzeug entzünden, „keine Angst, wenn die Flamme kurz hoch auflodert, das macht dem Zelt nichts“, warten, bis es beginnt zu zischen, Hahn aufdrehen, Topf mit Eis drauf, fertig. Hört sich ganz einfach an. Frank probiert es und macht alles richtig. Thomas ist zufrieden. „Und morgen früh bist du dran, Stefan!“

Stunde der Wahrheit


Schweizer Diätkost

Oje, ich fühle mich wie früher beim Vokabelabfragen in der Schule. Mut zur Lücke? Ich hoffe, ich habe alles richtig verstanden. Erst einmal verdränge ich den Auftrag. Denn heute Abend gibt es in Thomas´ Berghütte eine zünftige Schweizer Käsefondue, mit einem leckeren Gläschen Wein und Wodka zum Absacken. Mit der nötigen Bettschwere ziehen wir uns ins Zelt zurück. Der Schlafsack wärmt mehr als genug, die beiden Matten unter dem Rücken sind leidlich bequem. Ich falle in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Der nächste Morgen, die Stunde der Wahrheit: Ich bleibe, wie vorgeschrieben, im Schlafsack, drehe mich zum Zelteingang. Wie war das gleich noch? Erst Hahn auf, dann pumpen? Nein, umgekehrt! Ich habe Schwierigkeiten, mit dem kleinen Feuerzeug an die Zündstelle des Kochers zu gelangen. Dann aber funktioniert alles so, wie es soll, und ich bin fast ein wenig stolz auf mich. Bis die Flamme für meinen Geschmack ein wenig zu hoch in den Zelthimmel sticht. Mein banger Blick geht nach oben. Kein Loch, Gott sei Dank! Das wäre aber auch zu peinlich gewesen.

Datum

0 13.03.2009 | 15:37

Teilen