Regierung – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Neue Richtlinien für Hubschrauber-Rettung in Nepals Bergen https://blogs.dw.com/abenteuersport/neue-richtlinien-fuer-hubschrauber-rettung-in-nepals-bergen/ Mon, 03 Sep 2018 13:28:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41919

Rettungsflug am Everest

Ein Komitee soll es richten. Seit Freitag gelten in Nepal neue Richtlinien für die Hubschrauberrettung, mit denen die Regierung künftig Versicherungsbetrug mit „Schummel-Rettungsflügen“ verhindern will. Ein „Touristen-Such-und-Rettungskomitee“ soll alle Rettungsaktionen überwachen. In dem Komitee sind neben dem Gesundheits- und Heimatministerium auch der nepalesische Bergsteiger-Verband (NMA), die Rettungsorganisation „Himalayan Rescue Association“ (HRA), die Zivilluftfahrtbehörde Nepals (CAAN) und die für die Touristen zuständige Polizei vertreten. Hubschrauber-Unternehmen, Expeditions- und Trekkingagenturen, Krankenhäuser und Versicherungsunternehmen sind ab sofort verpflichtet, alle Details über Rettungsflüge und medizinische Versorgung sowie Versicherungsrechnungen zeitnah vorzulegen, damit das Komitee sie prüfen kann. Bei Unregelmäßigkeiten soll das Komitee auch dafür zuständig sein, die schwarzen Schafe der Branche zu bestrafen.

Keine Mittelsmänner mehr

Die Regierung ließ ihren ursprünglichen Plan fallen, die Rettungsaktionen künftig komplett in die Hände  einer Polizeieinheit im Tourismusministerium zu legen. Nun werden die Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen in die Pflicht genommen. Sie sollen alles Nötige in die Wege leiten, um ihren Kunden im Notfall zu retten. An Bord des Rettungshubschraubers sollen nur noch der Patient und ein Helfer oder Guide genommen werden. Die Krankenhäuser sollen der betroffenen Agentur einen Kostenvoranschlag für die Behandlung des Kunden machen. Mittelsmänner zwischen Versicherungen und Tourismusagenturen werden vollständig aus dem Rettungswesen verbannt.

CAAN soll Kosten für Rettungsflüge deckeln

Rückflug mit dem Hubschrauber

Nach der Frühjahrs-Klettersaison war ein massiver Versicherungsbetrug bei vermeintlichen Rettungsflügen aufgedeckt worden. Immer wieder sollen Guides Bergsteiger und Trekkingtouristen schon beim kleinsten Unwohlsein gedrängt haben, in einen Rettungshubschrauber zu steigen und sich zur Behandlung zurück nach Kathmandu zurückfliegen zu lassen. Diese Flüge wurden den Versicherungen dann – oft völlig überteuert – in Rechnung gestellt. Eine Untersuchungskommission des nepalesischen Tourismusministeriums benannte namentlich elf Unternehmen aus der Hubschrauber- und Trekkingbranche sowie vier Krankenhäuser in Kathmandu, die Versicherungen betrogen haben sollen. Es dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Die Kommission fand heraus, dass einzelne Bergführer auch Backpulver ins Essen ihrer Kunden gemischt hatten, damit diese Durchfall bekamen und sich vom Rettungshubschrauber ausfliegen ließen. Zudem waren Helikopter mit angeblich kranken Bergsteigern und Trekkingtouristen vollgepackt worden, anschließend hatten die Versicherungen dann für mehrere Einzelflüge zahlen sollen. Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres waren laut Regierung mehr als 1300 Hubschrauberrettungen gemeldet worden.

Die Versicherungen hatten damit gedroht, künftig keine Rettungsflüge in Nepal mehr zu decken, falls die Regierung nicht einschreite. Sie forderten, die Kosten zu deckeln: auf 4000 Dollar pro Flug. Die Zivilluftfahrtbehörde CAAN soll jetzt eine Kostenobergrenze festlegen, abhängig von Flugstunden, Entfernung und Rettungshöhe.

Tier mit vier Hinterbeinen

Ob ausgerechnet ein Komitee der Weisheit letzter Schluss ist, um das Problem in den Griff zu bekommen? Ich bin skeptisch. Komitees neigen in der Regel nicht unbedingt dazu, schnell und effektiv zu arbeiten – oder wie der britische Schriftsteller John le Carré (in seinem Spionageroman „Dame, König, As, Spion“) schrieb: „Ein Komitee ist ein Tier mit vier Hinterbeinen.“

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Kampfansage gegen Schummel-Rettungsflüge in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/kampfansage-gegen-schummel-rettungsfluege-in-nepal/ Sun, 26 Aug 2018 13:29:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41855

Rettungshubschrauber am Everest-Basislager

Die Luft wird dünner für jene, die sich in Nepal mit Schummel-Rettungsflügen eine goldene Nase verdienen. Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ haben internationale Versicherungsunternehmen ein Ultimatum bis zum 1. September gesetzt, um den illegalen Machenschaften ein Ende zu setzen. Andernfalls wollen sie die Kosten für Helikopter-Rettungsflüge nicht mehr decken. Die Regierung Nepals plant, eine Polizei-Einheit im Tourismusministerium einzurichten, die allein über die Rettungseinsätze entscheiden soll.

Nicht praktikabel

Lakpa Norbu Sherpa (r.) und Maurizio Folini

Lakpa Norbu Sherpa, der seit 2003 als Basecamp-Manager der Himalayan Rescue Association (HRA) die Rettung am Mount Everest koordiniert, ist skeptisch. „Polizisten sind doch keine Spezialisten dafür“, sagt mir der 37-Jährige, der 2012 in der Schweiz als Hubschrauber-Retter ausgebildet wurde. Ähnlich äußert sich Maurizio Folini: „Die Lösung ist nicht praktikabel. Die Polizei hat doch keine Ahnung von Rettung im Gebirge.“ Der 53 Jahre alte Hubschrauberpilot aus Italien ist ein Pionier für Rettungsflüge an den Achttausendern Nepals. Seit 2011 fliegt Folini regelmäßig Einsätze an den höchsten Bergen der Welt, 2013 gelang ihm am Mount Everest die bis dato höchste Hubschrauberrettung aller Zeiten, als er einen nepalesischen Bergsteiger aus 7800 Metern am langen Seil talwärts beförderte.

Spitze des Eisbergs

Er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass viele der in den letzten Jahren in Nepal deklarierten Rettungsflüge in Wirklichkeit gar keine gewesen seien, erzählt mir Maurizio: „Aber als Pilot hast du da wenig Einfluss. Im vergangenen Frühjahr habe ich solche Flüge verweigert. Ich bin nur noch geflogen, wenn ich auch wirkliche Patienten an Bord hatte.“ Eine Untersuchungskommission des nepalesischen Tourismusministeriums hat inzwischen elf Unternehmen aus der Hubschrauber- und Trekkingbranche sowie vier Krankenhäuser in Kathmandu namentlich benannt, die Versicherungen betrogen haben sollen. Es dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Backpulver ins Essen gemischt

Rettungsflug am Everest

Bergtouristen sollen schon bei leichtem Unwohlsein dazu gedrängt worden sein, in den Rettungshubschrauber zu steigen. Die Kommission berichtet sogar von einzelnen Fällen, in denen lokale Guides Backpulver als Abführmittel ins Essen gemischt hätten, um bei ihren Kunden Durchfall zu provozieren und sie dann zu überreden, per Rettungsflug nach Kathmandu zurückzukehren. Hubschrauber seien mit mehreren Kranken vollgepackt worden, heißt es. Die Unternehmen hätten dann jedoch mit den Versicherungen der jeweiligen Patienten Einzelflüge abgerechnet.

Dreifache Rechnung

Folini weist darauf hin, dass die meisten der „Fake-Rettungsflüge“, wie er sie nennt, auf den Trekkingrouten starten, etwa in Gorak Shep, der letzten bewohnten Siedlung vor dem Everest-Basislager, oder im Gokyo-Tal, einem beliebten Trekkingziel nahe dem höchsten Berg der Erde. „Die Trekkingtouristen oder Bergsteiger werden von den Agenturen beeinflusst“, sagt Maurizio Folini. „Das Geschäft macht die Agentur, die eine bis zu dreifache Rechnung ausstellt, 12.000 statt 4.000 Dollar pro Rettung.“ Auch einige Krankenhäuser in Kathmandu, so Maurizio, hätten „dreckige Finger“. Viele der höhenkranken Patienten, die direkt in die Hauptstadt geflogen würden, könnten genauso gut in der Klinik in Lhukla behandelt werden, dem Eingangstor zum Everest-Gebiet.

Nur Hälfte der Hubschrauber nötig

Maurizio im Cockpit

Laut der Regierungskommission wurden in den ersten fünf Monaten 2018 insgesamt mehr als 1300 Hubschrauberrettungen gemeldet, für die Versicherungen seien Kosten von mehr als 6,5 Millionen Dollar entstanden. „Das größte Geschäft für die Hubschraubergesellschaften ist die Fake-Rettung“, sagt Folini. Er schlägt eine Art „Filter“ vor, um das Problem in den Griff zu bekommen: „Wir bräuchten einen Checkpoint, wie wir ihn im Everest-Basislager mit der HRA schon haben. Ein Arzt müsste bestätigen, dass der Hubschraubertransport wirklich nötig ist.“ Würden die Schummel-Rettungsflüge wegfallen, käme man mit der Hälfte der Hubschrauber aus, glaubt Maurizio: „Das wäre auch gut für den Tourismus im Everest-Gebiet. Es wird dort viel zu viel geflogen. Du kannst im Khumbu ja kaum noch wandern, ohne von Fluglärm gestört zu werden.“

Missstände auch in den Alpen

Folini warnt jedoch davor, das Problem nur durch die westliche Brille zu sehen. „Auch bei uns in den Alpen ist nicht alles toll“, sagt Maurizio und verweist auf Prestigeberge wie den Mont Blanc oder das Matterhorn, an denen deutlich mehr los sei als am Everest und an denen z.B. das Fäkalienproblem ungelöst sei: „Am Mont Blanc landet der Abfall aus den Toiletten häufig auf dem Gletscher. Und versuche mal, das Matterhorn zu besteigen, ohne in einen Haufen zu treten!“ Auch in den Alpen sei nicht jeder Hubschrauberflug eine „saubere Rettung“, sagt der erfahrene Pilot, der seit 1993 mehr als 14.000 Flugstunden absolviert hat. „Rettung ist immer auch Business. Wie können wir mit dem Finger auf ein armes Land wie Nepal zeigen, wenn wir unsere Probleme zu Hause selbst nicht in den Griff bekommen?“

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Gipfelerfolg am Dhaulagiri, Sherpa-Protest am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelerfolg-am-dhaulagiri-sherpa-protest-am-everest/ Wed, 03 May 2017 14:58:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36073

Dhaulagiri

Der erste Gipfelerfolg an einem Achttausener in diesem Frühjahr wird vom Dhaulagiri vermeldet, dem siebthöchsten Berg der Erde. „Wir erreichten am Sonntag den Gipfel des Dhaulagiri“, schreibt Mingma Gyalje Sherpa, Chef des Expeditionsveranstalters Dreamers Destination, auf Facebook, „am selben Tag, als einer der besten Solo-Bergsteiger starb. Sehr traurig, diese Nachricht zu hören. RIP Ueli (Steck).“ Laut Mingma erreichte er mit zwei Kunden und zwei weiteren Sherpas den höchsten Punkt auf 8167 Metern. Für den 31 Jahre alten Mingma Gyalje Sherpa ist der Dhaulagiri der neunte Achttausender, den er bestiegen hat.

„Ignoranz der Regierung“

Mount Everest

Derweil kamen im Basislager zu Füßen des Mount Everest kamen nach einem Bericht der Zeitung „Himalayan Times“ mehrere hundert Sherpas zusammen, um gegen die Regierung Nepals zu protestieren. Die Sherpas mahnten ihre Everest-Gipfelzertifikate an, die ihnen seit der Frühjahrssaison 2016 vorenthalten werden. „Die Ignoranz der Regierung ist höchst bedauerlich und nicht hinnehmbar“, heißt es in einem Schreiben, das unter anderem an das Tourismusministerium geschickt wurde. Der Generaldirektor des Ministeriums, Dinesh Bhattarai, sagte, der Prozess, die umstrittene Vorschrift zu ändern, werde beschleunigt. Künftig sollten auch die Climbing Sherpas als Expeditionsmitglieder anerkannt werden und Gipfelzertifikate erhalten.

Bergsteiger zweiter Klasse?

Im vergangenen Jahr  waren den Einheimischen erstmals die Urkunden für den Everest und alle anderen Berge Nepals, die höher als 6500 Meter sind, verweigert worden – unter Hinweis auf die seit 2002 geltenden „Regeln für Expeditionen“. Darin heißt es, ein Gipfelzertifikat stehe jedem „Team-Mitglied einer erfolgreichen Expedition“ zu. Climbing Sherpas seien im Sinne des Gesetzes keine Expeditionsmitglieder, argumentierte die Regierung damals. Ein Schlag ins Gesicht der Sherpas.

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Ang Tshering Sherpa: „Billiganbieter verderben die Branche“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ang-tshering-sherpa-billiganbieter-verderben-die-branche/ Sat, 15 Oct 2016 21:00:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33965 Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering Sherpa

Die Zahlen machen Ang Tshering Sherpa Mut. „Wir hoffen, dass das Bergsteigen in Nepal sehr bald wieder richtig auflebt“, erzählt mir der Präsident des Nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA, als wir uns beim International Mountain Summit in Brixen treffen. Bei den von der Regierung verwalteten Bergen über 6500 Meter Höhe sei man in diesem Jahr, verglichen mit der Zeit vor dem verheerenden Erdbeben im April 2015, bereits wieder auf einem Niveau von 87 Prozent angelangt. Bei den Bergen unter 6500 Meter, die unter der Aufsicht der NMA stehen, habe sich der Markt sogar vollständig erholt. Im Trekkinggewerbe schwankten die Werte zwischen 40 und 50 Prozent, je nach Region, berichtet der NMA-Chef: „Wir müssen die Menschen in aller Welt wissen lassen, dass sie Nepal am meisten helfen, wenn sie unser Land besuchen. Jeder, der Zeit in Nepal verbringt, hilft dabei, die Wirtschaft wiederzubeleben und die Infrastruktur wieder aufzubauen.“

Weniger, dafür echte Verbindungsoffiziere

Mount Everest

Mount Everest

Beim Expeditionsbergsteigen gibt es einige Baustellen, die Ang Tshering als Präsident der NMA bearbeiten muss. So sorgte der Fall eines indischen Ehepaars weltweit für Schlagzeilen, das sich im vergangenen Frühjahr seine Everest-Urkunden erschlich, indem es Gipfelfotos anderer fälschte und als eigene ausgab. „Wir müssen solche Leute strenger und ernsthafter überwachen, weil sie dem Image der Bergsteiger wirklich schaden“, sagt der 62-Jährige. Die nepalesischen Verbindungsoffiziere sind dabei keine allzu große Hilfe. Meist kassieren sie von den Expeditionen ihr Geld, tauchen nicht in den Basislagern auf, bestätigen aber hinterher munter, dass Mitglieder der Teams den Gipfel erreicht haben. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, verrät Ang Tshering.

Everest-Kandidaten sollten erfahrener sein

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Doch es sei schwierig, solche Reformen durchzusetzen, „weil alle sechs bis acht Monate die Regierung wechselt. Du musst die neuen Verantwortlichen erst einmal überzeugen. Und wenn sie gerade dabei sind, es zu verstehen, werden sie wieder abgelöst.“ Deshalb ziehe sich auch die Diskussion über neue Bergsteiger-Regeln für den Mount Everest so in die Länge, sagt der NMA-Chef. Die Reform sei dringend nötig: „Der Everest ist der höchste Berg der Erde und nicht leicht zu besteigen. Egal, ob die Gipfelanwärter in den europäischen Alpen, sonstwo im Ausland oder auf den Bergen Nepals bergsteigen, sie sollten einfach mehr Erfahrung haben.“

Bergsteiger interessiert nur der Preis“

Wie viele andere, sieht auch Ang Tshering das Problem, dass vor allem neu auf den Markt drängende Expeditionsveranstalter aus Nepal die Kundschaft mit Dumpingpreisen anlocken. „Sie krallen sich auch Leute, die keine Ahnung vom Bergsteigen haben und nicht wissen, wie man mit der Ausrüstung umgeht. Diese Agenturen verderben die Tourismusbranche.“ Der Präsident der NMA leitet gleichzeitig Asian Trekking, einen der größten Expeditionsveranstalter des Landes. „Es darf nicht sein, dass die Sicherheitsmaßnahmen anderer nepalesischer Anbieter dadurch kompromittiert werden“, sagt Ang Tshering Sherpa. Es gebe durchaus erfahrene und gut organisierte Veranstalter in Nepal. „Aber die Bergsteiger schauen nur auf den Preis, nicht auf die Sicherheitsstandards. Das ist das Problem.“

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Hubschrauber-Materialtransport ins Everest-Hochlager https://blogs.dw.com/abenteuersport/hubschrauber-materialtransport-ins-everest-hochlager/ Sat, 23 Apr 2016 10:24:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32449 Hubschrauber hebt vom Flugplatz Syangboche oberhalb von Namche ab

Hubschrauber hebt vom Flugplatz Syangboche oberhalb von Namche ab

Die Zeit bleibt nicht stehen, auch nicht im Khumbu. Zwei Dinge haben sich in dem Gebiet rund um den Mount Everest zwischen meinem ersten Besuch im Jahr 2002 und dem letzten im vergangenen März gravierend verändert. Zum einen sind die sanitären Anlagen – im Schnitt – deutlich moderner und auch sauberer als vor 14 Jahren. Zum anderen hat der Fluglärm erheblich zugenommen. Bei klarer Sicht fliegen, gefühlt regelmäßig, Hubschrauber durch das Tal von Lukla nach Namche Bazaar und dann auch weiter Richtung Everest-Basislager.

Billiger als Maultiere

„Inzwischen wird ein Großteil des Materialtransports mit Hubschraubern erledigt“, erzählte mir Ang Dorjee Sherpa, Lodgebesitzer in Namche. „Das ist fast billiger als der Transport mit Maultieren.“ Doch nicht nur Material wird transportiert, auch Menschen nutzen den Heli-Transfer. Als wir auf der Terrasse des Everest View Hotel, oberhalb von Namche Bazaar, einen (teuren) Milchtee tranken, trafen wir auch ein Ehepaar aus den USA, das förmlich nach Geld roch. Die beiden waren gerade mit dem Helikopter samt eigenem Piloten neben dem Hotel gelandet. „Wir sind über das Basislager und den Khumbu-Eisbruch geflogen und haben hinterher auch noch eine Runde durch das Gokyo-Tal gedreht“, erzählten die beiden begeistert. Ein echtes Gefühl für diese wunderschönen Berge habt ihr dabei aber nicht gewonnen, dachte ich bei mir.

Gut 80 Lasten weniger durch den Eisbruch

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Wie der US-Blogger und Bergsteiger Alan Arnette – er will in diesem Frühjahr den Lhotse besteigen – aus dem Basislager zu Füßen des Everest berichtet, hat die nepalesische Regierung in dieser Saison erstmals erlaubt, mit dem Hubschrauber Material nach Lager 1 auf etwa 6000 Metern zu fliegen: Seile, Eis- und Firnanker sowie Flaschensauerstoff. Alles in allem, so Alan, summierten sich die bereits ins Hochlager transportierten Güter auf mehr als 80 Einzellasten, die andernfalls von Sherpas durch den gefährlichen Khumbu-Eisbruch hätten getragen werden müssen. Auch wenn sie ein Beitrag zur Sicherheit sind, bedeuten die Hubschraubertransporte einen weiteren Schritt auf dem Weg der Kommerzialisierung des Everest.

Viele Risse und tiefe Löcher

Bereits nach der riesigen Lawine, die durch das Erdbeben am 25. April 2015 am Siebentausender Pumori ausgelöst worden war, das Everest-Basislager getroffen und dort 19 Menschen das Leben gekostet hatte,  hatte die nepalesische Regierung einem Materialtransport per Helikopter nach Lager 1 zugestimmt. Dazu war es jedoch nicht mehr gekommen, die Saison war beendet worden, wie schon 2014 nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten.

Die Icefall Doctors sprechen in diesem Frühjahr von sehr schwierigen Verhältnissen nach dem Erdbeben, das am Montag vor genau einem Jahr zuschlug. „Ich habe noch nie so viele Risse und tiefe Löcher auf der Route gesehen“, sagte Ang Kami Sherpa, Chef der Spezialisten, die den Weg durch den Eisbruch und weiter hinauf präparieren und sichern. „Es ist in diesem Jahr gefährlich.“ Die Regierung hat nach eigenen Angaben für diese Saison 289 Everest-Permits für ausländische Bergsteiger ausgestellt. Viele nutzen ihre Genehmigungen von 2014 oder 2015, deren Gültigkeit um fünf beziehungsweise zwei Jahre verlängert worden war.

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Zehn populäre Everest-Irrtümer https://blogs.dw.com/abenteuersport/zehn-populaere-everest-irrtuemer/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zehn-populaere-everest-irrtuemer/#comments Tue, 12 Apr 2016 22:27:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32353 Mount Everest

Mount Everest

Die Everest-Saison nimmt Fahrt auf. Das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest füllt sich. Nach Angaben der Regierung in Kathmandu haben sich 279 Bergsteiger aus 38 Ländern für den höchsten Berg der Erde angemeldet. Die Icefall Doctors haben inzwischen die Route bis hinauf nach Lager 2 auf 6400 Metern vorbereitet. Auch die Teams, die den Everest von der tibetischen Nordseite aus besteigen wollen, haben inzwischen ihre Permits von den chinesischen Behörden erhalten. Dort kann es also ebenfalls losgehen. Bevor auch die mediale Everest-Saison beginnt, möchte ich mit ein paar immer wieder auftauchenden Irrtümern aufräumen.

1) Der Everest ist ein gefahrloser Berg.

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Die technischen Schwierigkeiten auf den beiden Normalrouten mögen sich in Grenzen halten, da sowohl der Weg über den Südostgrat als auch jener über den Nordostgrat inzwischen bis zum Gipfel mit Fixseilen gesichert werden. Doch ein gefahrloser Berg ist der Everest darum nicht. Schließlich ist er 8850 Meter hoch, der Sauerstoff wird dort nur noch mit einem Drittel des Drucks in die Lungen gepresst wie auf Meereshöhe. Auch eine Besteigung mit Atemmaske ist kein Pappenstiel. Selbst wenn es wirklich so sein sollte, dass der Everest mit Flaschensauerstoff zu einem Sechstausender degradiert wird, will auch ein solcher erst einmal bestiegen sein. Der Klimawandel hat zudem die objektiven Gefahren verstärkt. Teile der Route, die früher fast immer verschneit waren, sind jetzt häufig schnee- und eisfrei. In der Lhotse-Flanke kommt es zu Steinschlag. Auch die Lawinengefahr hat zugenommen, nicht nur im Khumbu-Eisbruch.

2) Der Everest ist ein Killerberg.

Das Gegenteil zu 1) ist genauso falsch. Auch wenn es in den beiden letzten Jahren keine Gipfelerfolge von der Südseite aus gab, aber zwei schwere Lawinenunglücke mit insgesamt 35 Toten, ist der Mount Everest nach wie vor bei weitem nicht der gefährlichste Achttausender. Zwar starben bisher rund 280 Menschen am höchsten Berg der Erde, dem stehen aber über 7000 Besteigungen gegenüber. Mit diesem Verhältnis gehört der Everest eher in die Kategorie der sicheren als jener der extrem gefährlichen Achttausender. Die meisten Todesfälle pro Besteigungen verzeichnet die Annapurna, dahinter liegt der K 2.

3) Der Everest ist kein Berg mehr für Top-Bergsteiger.

Everest-Nordwand

Everest-Nordwand

20 Routen wurden bisher am Everest geklettert, dazu noch einige Variationen dieser Wege. Das bedeutet jedoch nicht, dass es an weiteren Möglichkeiten fehlt. So führen durch die Kangchung-Wand bisher gerade einmal zwei Routen, in den letzten Jahren war die Everest-Ostwand fast immer verwaist. Auch in der Nord- und in der Südwestwand gibt es sicher noch denkbare neue Wege Richtung Gipfel. Ganz zu schweigen von der ultimativen Herausforderung, der „Hufeisen-Route“: den Westgrat des Nuptse hinauf, dann über den Lhotse, auf den Everest und über dessen Westgrat zurück zum Ausgangspunkt.

4) Der Everest ist eine Müllhalde.

Müll am Südsattel

Müll am Südsattel

Es gibt bereits seit Jahrzehnten Müll-Vorschriften für Everest-Expeditionen. Die Bergsteiger sind verpflichtet, ihren Bio-Abfall zu vergraben oder verbrennen. Wiederverwertbares Material wie Plastik oder Glas muss ebenso nach Kathmandu zurückgebracht werden wie verbrauchte Sauerstoffflaschen oder leere Batterien. Wer gegen die Auflagen verstößt, riskiert, seine Umweltkaution in Höhe von 4000 US-Dollar nicht zurückzuerhalten. Mehrere Öko-Expeditionen haben dafür gesorgt, dass tonnenweise Altmüll aus der Zeit, als sich Bergsteiger noch wenig Gedanken über Umweltschutz machten, vom Berg gebracht wurde. Viele Alpengipfel sind eher Müllkippen als der Mount Everest.

5) Der Everest ist übersät mit Leichen.

Es stimmt, dass sich Everest-Gipfelaspiranten mental darauf einstellen sollten, an Leichen verstorbener Bergsteiger vorbeizusteigen. Doch es nicht so, dass der Weg mit „Toten gepflastert“ ist, wie Berichte immer wieder suggerieren. Viele der Toten, die an Erschöpfung starben, wurden von anderen Bergsteigern in Gletscherspalten „beigesetzt“ oder die Everest-Wände hinunterbefördert, manchmal besorgte auch ein Sturm diese Arbeit.

6) Die Moral der Everest-Sherpas ist verlorengegangen.

Viel Verkehr in der Lhotse-Flanke

Viel Verkehr in der Lhotse-Flanke

Es ist wie überall: Wo viele Menschen unterwegs sind, finden sich auch schwarze Schafe. So gab es 2013 die tätlichen Angriffe von Sherpas gegen Simone Moro, Ueli Steck und Jonathan Griffith im Hochlager und ein Jahr später Gewaltdrohungen gegen Bergsteiger, die sich nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch nicht mit einem Abbruch der Saison einverstanden erklären wollten. Aber daraus zu schließen, dass nun alle Sherpas zur Gewalt neigen oder ihren Job nicht mehr richtig machen, ist unredlich. Immer mehr Sherpas erwerben internationale Bergführer-Zertifikate. Der nepalesische Bergsteigerverband NMA bildet regelmäßig einheimische Kletterer aus. Zweifellos treten die jungen, gut ausgebildeten Sherpa-Bergsteiger inzwischen selbstbewusster auf. Sie sind sich ihrer Fähigkeiten bewusst und wollen auch als vollwertige Kletterer behandelt werden – und nicht wie Lakaien.

7) Der Everest sollte gesperrt werden.

Wem würde das nutzen? Vielleicht den Verfechtern einer vor allem westlich geprägten Bergsteigerphilosophie, aber bestimmt nicht den Menschen im Khumbu, die an der Nabelschnur des Everest-Tourismus hängen: Einheimische Bergführer, Climbing Sherpas, Köche und Küchenhelfer im Basislager, Basislager-Personal, Träger, Besitzer von Lodges und Läden auf dem Weg zum Everest, Bauern und die Familien aller. Die westlichen Kritiker sollten sich fragen, ob sie mit denselben Argumenten, die sie vorbringen, nicht auch den Mont Blanc in den Alpen oder den Denali in Alaska sperren müssten.

8) Die Regierung wird es schon regeln.

Wenn man eines aus den vergangenen Jahren am Everest lernen kann, dann dies: Die Regierung Nepals redet mehr, als dass sie handelt. Politiker des zuständigen Tourismusministeriums legen immer wieder neue Vorschläge für Everest-Regeln auf den Tisch, um sich ins Gespräch zu bringen. Umgesetzt wird davon so gut wie nichts. Selbst für eine einfache Entscheidung wie jene, die Permits nach den Unglücken der letzten beiden Jahre zu verlängern, brauchten die Verantwortlichen in Kathmandu jeweils fast ein Jahr. Reformen scheitern wahrscheinlich auch daran, dass die Regierung am Everest selbst kräftig mitverdient. Wohin das Geld aus dem Verkauf der Permits, immerhin 11.000 Dollar je Bergsteiger, genau fließt, bleibt im Dunkeln.

9) Die Bergsteiger können den Everest alleine „verwalten“.

Everest-Basislager

Everest-Basislager

Auch dagegen spricht das Geschäft, das mit dem Everest gemacht wird. Am Ende des Tages will jeder Unternehmer schwarze Zahlen schreiben. Je mehr Kunden er auf den Gipfel bringt, desto besser wird sein Ruf, und damit steigt voraussichtlich auch sein Gewinn im Folgejahr. Das führt sicher bei dem einen oder anderen Expeditionsleiter zu Egoismus am Berg, nach dem Motto: Was interessieren mich die anderen Gruppen? Nötig wäre jedoch, das Geschehen am Berg zu „managen“, um zu verhindern, dass alle am selben Tag aufsteigen und es deshalb zu Staus an den Schlüsselstellen kommt. Es könnte funktionieren, doch auch unter den Expeditionsleitern gibt es immer wieder schwarze Schafe.

10) Man sollte nicht mehr über den Everest berichten.

Der Mount Everest ist der höchste Berg der Erde. Deshalb wird es immer Bergsteiger geben, die hinauf wollen. Und die Menschen werden sich wohl auch immer für den Everest interessieren. Deshalb sollte auch weiterhin über das Geschehen dort berichtet werden ohne zu beschönigen, aber auch ohne zu verteufeln. Am Everest gilt wie überall auf der Welt: Man löst keine Probleme, indem man sie verschweigt.

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Mingma Sherpa: „Am Ende entscheidet der Preis“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mingma-sherpa-am-ende-entscheidet-der-preis/ Tue, 01 Mar 2016 18:41:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32019 Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Die bevorstehende Frühjahrssaison am Mount Everest wirft ihre Schatten voraus. Zehn „Icefall Doctors“ wurden zum Basislager auf der nepalesischen Seite des höchsten Bergs der Erde geschickt, um die Route für die kommerziellen Expeditionen vorzubereiten. In den vergangenen beiden Jahren hatte es keine Gipfelerfolge von Süden aus gegeben (Ich ignoriere hierbei ganz bewusst den „Erfolg“ der Chinesin Wang Jing und ihrer Sherpas, die sich 2014 mit dem Hubschrauber nach Lager 2 hatten fliegen lassen). 2014 war die Frühjahrssaison vorzeitig zu Ende gegangen, nachdem bei einer Eislawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. 2015 hatte das verheerende Erdbeben am 25 April eine mächtige Lawine am Pumori ausgelöst, die das Everest-Basislager getroffen und 19 Menschen getötet hatte.

Am Montag hat das nepalesische Kabinett – endlich! – grünes Licht dafür gegeben, dass die Besteigungsgenehmigungen (Permits) von 2015 zwei weitere Jahre gültig bleiben. „Das ist ein begrüßenswerter Schritt der Regierung“, sagte Ang Tshering Sherpa, Präsident des nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA. „Wir hoffen, dass er dabei hilft, die Bergsteiger wieder auf die Berge zu bringen.“ Für viele der rund 800 Bergsteiger mit 2015er Permits, darunter 357 Everest-Asprianten, dürfte die Entscheidung jedoch zu spät kommen, um schon in diesem Frühjahr nach Nepal zurückzukehren.

Ich habe Mingma Gyalje Sherpa zur bevorstehenden Saison befragt. Der 29-Jährige, der schon sieben Achttausender bestiegen hat und kürzlich mit seinem Solo in der Westwand des 6685 Meter hohen Chobutse für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist Chef von Dreamers Destination, eines in Kathmandu ansässigen Veranstalters von Expeditionen und Trekkingreisen.

Mingma, die Frühlingssaison steht vor der Tür. Was erwartest du, speziell am Mount Everest?

Ich denke, es werden wieder etwa so viele Teams am Berg sein wie zuvor, sie werden jedoch kleiner sein. Ich bin froh, dass der Everest in diesem Jahr weniger überlaufen sein wird. Es wird sicherer sein, und die Bergsteiger werden in diesem Jahr mehr Spaß haben. Es ist gut, dass es weniger Staus am Hillary Step, an der Lhotse-Flanke und im Khumbu-Eisfall geben wird.

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa

Dein Unternehmen Dreamers Destination bietet eine von dir geleitete Expedition auf der nepalesischen Seite des Everest an. Hast du als Folge der Ereignisse von 2014 und 2015 eine niedrigere Nachfrage festgestellt?

Klar haben sich die Zwischenfälle 2014 und 2015 auf den Everest ausgewirkt, das liegt in der Natur der Sache. Aber ich glaube nicht, dass sie einen so großen Einfluss hatten. Wir hatten schon im vergangenen Herbst eine gute Zahl an Kunden und haben einen ordentlichen Umsatz gemacht. Und wir haben auch in diesem Frühjahr ausreichend Bergsteiger für den Everest und den Lhotse.

Die Blockade (im Grenzgebiet zu Nepal) hat die Nachfrage nach Nepalreisen viel mehr gedrückt. Die meisten meiner ausländischen Freunde machen sich Sorgen wegen der Blockade, die fünf Monate lang andauerte. Sie wollen weder Geld noch Zeit verschwenden, indem sie in einer solchen Situation Nepal besuchen. Doch jetzt ist die Blockade vorbei, die Lage bessert sich. Deshalb dürfen wir auf eine zufriedenstellende Zahl an Touristen in der Herbstsaison hoffen, aber noch nicht in diesem Frühjahr.

Wie ist die Stimmung unter den Sherpas? Depressiv, optimistisch oder irgendwo dazwischen?

Wegen der Unglücke 2014 und 2015 haben einige Sherpa-Bergsteiger ihren Job erst einmal an den Nagel gehängt, weil sie Druck von ihren Familien bekamen. Aber die Mehrheit hofft auf eine ausreichende Zahl an Touristen und darauf, für sie zu arbeiten.

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Wie so oft, sorgte das zögerliche Verhalten der nepalesischen Regierung wieder einmal für Verunsicherung. Die Entscheidung über die Verlängerung der Permits von 2015 kam spät, die vorgeschlagenen neuen Bergsteiger-Regeln für den Everest stehen weiterhin aus. Bereitet euch Expeditionsveranstaltern dieses schläfrige Verhalten der Regierung Probleme?

Ja, definitiv. Wir stehen nur noch ein paar Wochen vor Beginn der Frühjahrssaison, und bis gestern gab es noch keine endgültige Entscheidung über die Verlängerung der Permits. Jetzt liegt sie vor. Es ist eine gute Entscheidung für die Bergsteiger und auch für das Überleben der Tourismusbranche in Nepal. Die neuen Bergsteiger-Regeln erwarten wir nicht in näherer Zukunft.

Einige westliche Veranstalter haben entschieden, sich vom Everest zurückzuziehen.  Sie begründen ihren Schritt damit, dass sie nicht mit den Dumpingpreisen nepalesischer Veranstalter mithalten könnten. Wie siehst du das?

Es ist wahr, dass der Preiskampf mit den nepalesischen Veranstaltern die Sache nicht leicht macht. Es gibt nur einige wenige nepalesische Unternehmen, die einen besseren Service bieten als westliche Veranstalter. Aber es gibt deutlich mehr nepalesische Unternehmen, die nur darauf aus sind, den Preis zu drücken, um immer mehr Kunden anzulocken. Und diese Veranstalter sind auch dafür verantwortlich, dass es mehr Unfälle gibt. Aber diese Veranstalter werden nicht lange überleben.

Ich glaube, dass westliche Unternehmen in der Regel verlässlicher und verantwortungsbewusster sind, was die angebotenen Dienste und die Zusagen an die Kunden betrifft.

Everest-Basislager

Everest-Basislager

Den Wettbewerb gibt es übrigens nicht nur mit westlichen Unternehmen, sondern auch zwischen den verschiedenen nepalesischen Veranstaltern. Ich denke, wir gehören zu denen, die einen guten Service bieten. Wir versuchen, die Erwartungen der Kunden nicht zu enttäuschen. Auch für uns ist sehr schwer, gegen die Billiganbieter zu bestehen. Aber es gibt das alte Sprichwort „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“. Und so finden sowohl die Billiganbieter als auch wir und die westlichen Veranstalter Kunden, die jeweils zu ihnen passen. Ich habe das Gefühl, dass die Bergsteiger eher den westlichen als den nepalesischen Veranstaltern vertrauen, aber am Ende entscheidet der Preis. Doch es gibt auch immer mehr Touristen, für die ihre Sicherheit wichtiger ist als der Preis. 

Die erwähnten westlichen Veranstalter beschuldigen die nepalesischen Konkurrenten auch, einheimisches Personal aus ärmeren Regionen Nepals anzuheuern und sie schlecht zu bezahlen. Ist das wahr?

50/50. Ja, es gibt viele Unternehmen, die schlechte Löhne zahlen, doch es hängt auch von der Qualifikation des Personals ab. Ich habe Freunde mit einem Bergführer-Zertifikaten der UIAGM (Internationale Vereinigung der Berführerverbände). Sie berechnen 15.000 US Dollar für Everest-Expeditionen, das ist mehr, als westliche Führer verlangen. Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile lokale Bergführer, die nur 85.000 nepalesische Rupien (etwa 800 Dollar) fordern.

Es liegt also in den Händen der Kunden. Je mehr sie an nepalesische oder westliche Veranstalter bezahlen, desto wahrscheinlicher erhalten sie gute und erfahrene Sherpas. Je weniger sie zahlen, desto wahrscheinlicher bekommen sie unprofessionelles Personal, das sie in Schwierigkeiten bringen wird.

Vor zwei Monaten hast du mir gesagt, dass 2016 über die Zukunft des Bergtourismus in Nepal entscheiden würde. Wie ist dein Gefühl jetzt?

2016 wird ein sehr schwieriges Jahr für Nepal. Ganz sicher werden in dieser Frühjahrssaison weniger Touristen ins Land kommen. Für die Herbstsaison bin ich zuversichtlicher. Wenn die Zahl der Touristen im Herbst jedoch ebenfalls zurückgehen sollte, sehe ich auf Jahre hinaus schwarz für die Tourismusbranche in Nepal.

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Jamling Tenzing Norgay: „Mein Vater wäre geschockt“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/jamling-tenzing-norgay-mein-vater-waere-geschockt/ Mon, 30 Mar 2015 12:04:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28811 Jamling Tenzing Norgay

Jamling Tenzing Norgay

Jamling verdanke ich meine ersten Erfahrungen im Himalaya. Ich lernte den Sohn des Everest-Erstbesteigers Tenzing Norgay 2001 kennen, als er in Deutschland sein Buch „Auf den Spuren meines Vaters“ vorstellte. 1996 hatte er selbst auf dem Gipfel des höchsten Bergs der Erde gestanden. Jamlings Buch war das erste, in dem das Unglück am Mount Everest im Mai 1996 aus Sherpa-Sicht betrachtet wurde. Damals waren zwölf Bergsteiger ums Leben gekommen, die meisten Kunden kommerzieller Expeditionen. Am Ende unseres Treffens sagte Jamling: „Wenn du irgendwann mal nach Nepal kommen willst, sag‘ mir Bescheid! Dann helfe ich dir dabei, die Reise zu organisieren.“ Er hielt Wort. Im folgenden Jahr war es soweit: 2002, im Internationalen Jahr der Berge, wanderte ich zum Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest. Heute ist Jamling Tenzing Norgay ein begehrter Vortragsredner. Ich habe den 48-Jährigen gefragt, was er in diesem Jahr am Mount Everest erwartet.

Jamling, wir stehen am Beginn der Frühlingssaison am Everest. Glaubst du, dass es in Nepal „business as usual“ gibt oder dass es wegen der Ereignisse im letzten Jahr ganz anders kommt?

Ich denke, es wird wieder auf die gleiche Weise ablaufen wie in den Jahren zuvor. Ich fürchte, dass in diesem Jahr sogar mehr Leute dort sein werden, weil zu den Neulingen auch noch die Bergsteiger hinzukommen, die im vergangenen Jahr nicht zum Zuge kamen. Der einzige Unterschied im Vergleich zum Vorjahr ist, dass die Sherpas einen besseren Versicherungsschutz haben werden – und dass die kommerziellen Veranstalter und die lokalen Partneragenturen sie hoffentlich in diesem Frühjahr auch besser bezahlen.

Jamling mit Peter Hillary, dem Sohn des anderen Everest-Erstbesteigerns (2013)

Jamling mit Peter Hillary, dem Sohn des anderen Everest-Erstbesteigers (2013)

Hat sich die Stimmung unter den Sherpas nach dem Lawinenunglück des letzten Jahres und dem darauf folgenden vorzeitigen Ende der Klettersaison verändert?

Wir Sherpas sind fröhliche und zufriedene Menschen. Aber natürlich betrauern wir auch den Verlust unserer Sherpa-Brüder, die beim Bergsteigen ums Leben kommen. Nichtsdestotrotz machen wir mit dem weiter, was wir am besten können, und das ist Bergsteigen. Das Risiko nehmen wir bei unserer Arbeit in Kauf.

Was hältst du vom Auftreten der Expeditionsveranstalter? Haben sie aus den Geschehnissen von 2014 gelernt? Oder gab es möglicherweise gar keinen Grund für sie, irgendetwas zu ändern?

Ich finde, das Unglück von 2014 sollte den kommerziellen Veranstaltern und ihren lokalen Agenturen eine Lehre gewesen sein. Das Wichtigste, das jeder im Leben anstrebt, ist Sicherheit. Wir brauchen bessere Lebensversicherungen für die Climbing Sherpas und auch eine bessere Bezahlung.

Am allerwichtigsten ist, dass ihre Familien und Kinder im Falle unvorhersehbarer Ereignisse abgesichert  sind. Die Regierung Nepals sollte einen bestimmten Prozentsatz der Besteigungsgebühren in eine Stiftung einzahlen, die die Familien tödlich verunglückter Sherpas finanziell unterstützt und die Ausbildung der betroffenen Kinder sicherstellt.

Was würde wohl dein Vater sagen, wenn er noch lebte und sähe, was sich am Everest abspielt?

Ich glaube, er wäre geschockt, wenn er sähe, wie kommerzialisiert der Berg geworden ist – und dass der Everest von heute eine Spielwiese für jene ist, die glauben, man könne quasi über Nacht zu richtigen Bergsteigern werden.  

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Brice: „Das schadet Nepals Tourismus“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/brice-das-schadet-nepals-tourismus/ Sat, 21 Mar 2015 18:15:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28747 Russell Brice

Russell Brice

Nicht nur spät, sehr spät kam die Entscheidung der nepalesischen Regierung, die Permits von 2014 für den Mount Everest bis 2019 zu verlängern. „Die Everest-Saison beginnt in ein paar Tagen. Meine Mitarbeiter sind bereits auf dem Weg zum Basislager. Unsere Planungen laufen nun schon seit Monaten“, schreibt mir Russell Brice, Chef des neuseeländischen Expeditionsveranstalters Himalayan Experience. „Lebensmittel, Sauerstoff und Ausrüstung sind bereits im Khumbu, die Expeditionsmitglieder treffen von Montag nächster Woche an in Kathmandu ein.“ Einige von ihnen seien bereits im vergangenen Jahr mit dabei gewesen, sagt Russ. 2014 war die Saison nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten vorzeitig abgebrochen worden. Brice findet deutliche Worte für die zögerliche Haltung der Regierung in der Frage der Permits. Von Euphorie ist bei ihm keine Spur: „Dass die Regierung für ihre Entscheidung so lange gebraucht hat, schadet Nepals Tourismusbranche und ist verheerend für die Beschäftigungsmöglichkeiten der einheimischen Bevölkerung und die lokale Wirtschaft.“ Es sei nicht akzeptabel, sagt Brice, dass die Expeditionsveranstalter ihre Vorbereitungen unter  einem „riesigen finanziellen Risiko“ hätten vorantreiben müssen.

Kleines Papier

Der 62 Jahre alte Neuseeländer leitet bereits seit 1974 Expeditionen in den Himalaya. Wegen seiner immensen Erfahrung gilt er als die Stimme der ausländischen Veranstalter. Offensichtlich hat Russell Brice den Glauben an die Kompetenz der Verantwortlichen in Kathmandu längst verloren: „Was willst du von einer Regierung erwarten, die es in neun Jahren nicht schafft, die Verfassung Nepals umzuschreiben? Da können wir von Glück reden, dass sie so ein kleines Papier in einem Jahr durchgebracht haben.“

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(Nicht ganz) Allein in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/nicht-ganz-allein-in-nepal/ Wed, 22 Aug 2012 15:22:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=16289

Trekking in Nepal (hier im Dolpo)

Da werden aber einige Weltbummler aufatmen. Die nepalesische Regierung hat ihren Plan, Solo-Trekkingtouren im Land grundsätzlich zu verbieten, erst einmal zurückgestellt. Damit ist die Kuh aber noch lange nicht vom Eis. Das Tourismusministerium teilte mit, die Diskussion darüber, „wie man die Sicherheit der Trekkingtouristen in Nepal garantieren könne“, dauere an. Sehr bald werde es eine Entscheidung geben.

Vermisst, ermordet

Ursprünglich sollte das Solo-Trekking-Verbot bereits vom 1. September an in Kraft treten. Alleinreisende sollten mindestens einen Träger oder einen Führer engagieren, zu einem Tagessatz zwischen zehn und 15 US-Dollar. Damit reagierte die Regierung in Kathmandu auf Übergriffe gegen ausländische Trekkingurlauber. Seit April wird ein 27 Jahre alter britischer Tourist im Khumbu vermisst, der Region um den Mount Everest. Im Juni wurde im Nationalpark Langtang, nördlich von Kathmandu an der Grenze zu Tibet gelegen, die enthauptete Leiche einer belgischen Trekkingtouristin gefunden. Die 23-Jährige war wie der Brite allein unterwegs. Auch in den vergangenen Jahren hatte es ähnliche Fälle gegeben. 2005 etwa waren zwei europäische Solo-Wanderer verschwunden und später ermordet aufgefunden worden. „Es wird dringend empfohlen, nicht alleine zu trekken“, heißt es schon seit einiger Zeit beim Auswärtigen Amt in Berlin. Die USA und Großbritannien haben gleichlautende Warnungen herausgegeben.

Nepalesische Freunde

Besser nicht allein

Die Zwischenfälle – so ein Sprecher des nepalesischen Tourismusministeriums – hätten „den Ruf des Landes beschädigt, das doch in erheblichem Maße von den Einnahmen durch den Tourismus abhängt“. 2011 besuchten rund 720.000 Ausländer Nepal, jeder zehnte ging auf Trekkingtour.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Nach wie vor gilt Nepal als recht sicheres Reiseland. Doch überall auf der Welt finden sich eben auch einzelne Bösewichte. Nicht nur deswegen kann ich aus eigener Erfahrung Alleinreisenden wirklich nur empfehlen, in Nepal mit Einheimischen auf Tour zu gehen. Zum einen habe ich dadurch vieles gesehen, erfahren und verstanden, das mir verborgen geblieben wären, wäre ich alleine unterwegs gewesen. Zum anderen habe ich auf diese Weise in Nepal gute Freunde gefunden, zu denen ich noch heute, viele Jahre später, Kontakt habe.

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