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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Fragen bleiben

Die erste Winterbesteigung des Broad Peak, aber insgesamt drei vermisste Bergsteiger, die inzwischen für tot erklärt wurden. Das ist die Bilanz der fünf Winterexpeditionen in Pakistan. Wie immer lohnt es sich, genauer hinzusehen. Bei den vier Gruppen am Nanga Parbat handelte es sich um kleine Teams von maximal drei Bergsteigern. Am weitesten kam der Pole Tomasz Mackiewicz, der immerhin, zuletzt im Alleingang, eine Höhe von 7400 Metern erreichte. Die anderen blieben bei eisiger Kälte in den Schneemassen stecken. Ein Rätsel bleibt für mich das Soloprojekt von Joel Wischnewski.

Warum fuhr er nicht heim?

Vollmundig hatte der junge Franzose – bisher ein unbeschriebenes Blatt im Höhenbergsteigen –  verkündet, er wolle den 8125 Meter hohen Gipfel solo und im Alpinstil erreichen und anschließend mit dem Snowboard abfahren. Später beschrieb er in seinem Blog immer häufiger, wie schlecht es ihm gesundheitlich ging. „Heute blute ich aus dem Darm. Na toll“, schrieb Joel noch am 3. Februar, um gleich hinzuzufügen, dass er wisse, wie er damit umgehen müsse. Die nahe liegende Konsequenz, seine Expedition abzubrechen, kam für ihn nicht in Frage: „Ich bleibe lieber hier, selbst im Sturm, bis zum letzten Augenblick.“ Am 6. Februar meldete er sich ein letztes Mal. Danach verlor sich seine Spur. Waren es Selbstüberschätzung, Übermut, Realitätsverlust, die Joel das Leben kosteten oder hatte er am Ende einfach nur Pech?

Warum trennte sich das Team?

Während wir hierauf aller Wahrscheinlichkeit nach keine Antwort mehr erhalten werden, könnte sich im Falle der beiden vermissten polnischen Bergsteiger am Broad Peak der Nebel noch lichten. Schließlich sind Adam Bielecki und Artur Malek, die am 5. März gemeinsam mit Maciej Berbeka und Tomasz Kowalski den 8051 Meter hohen Gipfel bestiegen, sicher ins Basislager gelangt. Vielleicht können sie nach ihrer Rückkehr aus Pakistan die Fragen beantworten, die sich aufdrängen: Warum gelangte das Quartett erst zwischen 17 und 18 Uhr zum Gipfel, so spät, dass ein nächtlicher Abstieg unumgänglich wurde? Warum trennte sich das Team anschließend? Warum benötigten Berbeka und Kowalski auf dem Rückweg bis zum Sattel auf 7900 Metern fast acht Stunden und damit etwa dreimal so lang wie normalerweise üblich? Warum nutzte Berbeka sein Funkgerät nicht? Warum hatten sie kein leichtes Zelt für ein Notbiwak dabei?

Doch letztlich wird auch jetzt – wie schon im Winter 2012, als der Österreicher Gerfried Göschl, der Schweizer Cedric Hählen und der Pakistaner Nisar Hussein am Achttausender Gasherbrum I spurlos verschwanden – sicher Raum für Spekulationen bleiben. Allzu oft nehmen Bergsteiger im Himalaya und Karakorum das Geheimnis ihres Unglücks mit ins eisige Grab.

Datum

13. März 2013 | 18:56

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