More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Blickkontakt

Ganz rechts Dhaulagiri I, irgendwo links der Putha Hiunchuli

Liebe auf den ersten Blick? Heute konnten wir das Ziel unserer Expedition erstmals in Augenschein nehmen. Eine Viertelstunde vor der Landung in Kathmandu öffnete sich über den Wolken der Blick auf die westlich in Nepal gelegenen Achttausender Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu. Der Putha Hiunchuli gehört zum Dhaulagiri-Massiv und wird deshalb auch Dhaulagiri VII genannt. Joachim und ich diskutierten, welcher der Gipfel „unser Berg“ sei. Schnell wurden wir uns einig: Der mit dem großen schneebedeckten Gipfelplateau muss es sein. Mein Puls beschleunigte sich. Nicht, dass ich den Berg schon ins Herz geschlossen hätte. Es war vielmehr so, dass für mich in diesem Augenblick der Startschuss für die Expedition fiel. Die Zeit der Planungen und Vorbereitungen war abgehakt, das Abenteuer konnte beginnen.

Entdeckung der Langsamkeit

Warten auf die Stempel

Auf dem Flughafen Kathmandu wartete eine Neuerung: Statt wie früher die rund 50 Meter von der Gangway zum Gebäude zu Fuß zurückzulegen, mussten wir uns jetzt im Bus über diese lächerliche Entfernung kutschieren lassen. „Internationaler Standard““, witzelte Joachim. „Vielleicht wollen die sich demnächst um die Olympische Spiele bewerben.“ In diesem Fall müssten sich die Nepalesen allerdings noch eine Reform ihres Visa-Verfahrens ausdenken. Vor den Schaltern bildeten sich im Nu lange Schlangen: die Entdeckung der Langsamkeit, eine Lektion in Entschleunigung, vielleicht gar nicht einmal so übel nach der Hetzerei der letzten Tage. Die Empfehlung, vor Beginn einer Expedition Stress zu vermeiden, ist zwar gut gemeint und ohne Zweifel sinnvoll, doch ziemlich unrealistisch. Hier, vor den Visa-Schaltern in der Flughafenhalle von Kathmandu, wurden wir endlich zur Ruhe gezwungen. Mehr als eine Stunde lang warteten wir, bis die nötigen Stempel unsere Pässe zierten. Mit Angelique und Marianne, die nicht wie die anderen über Abu Dhabi, sondern von Amsterdam aus direkt nach Nepal geflogen waren, stießen schließlich auch die letzten beiden Expeditionsteilnehmer zu uns.

Groß, laut, stickig

Müde, aber angekommen

Vor dem Flughafengebäude erwartete uns „Mister Rai“, der Chef der Agentur, die hier vor Ort die Strippen unserer Expedition zieht. Einer seiner Mitarbeiter hängte jedem einen orangefarbenen Blumenkranz um den Hals – ein Begrüßungsritual der Hindus. Die Fahrt zum Hotel dauerte deutlich länger, als ich es von früheren Nepalbesuchen in Erinnerung hatte. Ein heilloses Verkehrschaos herrschte. Ich habe das Gefühl, Kathmandu wird von Mal zu Mal immer größer, lauter und die Luft stickiger. Unser Hotel ist dagegen eine Oase der Ruhe. Heute abend trafen wir uns zum gemeinsamen Essen. Den meisten standen die Reisestrapazen ins Gesicht geschrieben. Der morgige Tag ohne großartiges Programm tut not. Inzwischen sind wir uns übrigens nicht mehr sicher, ob wir beim Landeanflug den richtigen Berg als Putha Hiunchuli ausgemacht haben. Ich tippe jetzt eher auf den Gipfel ganz links, da wir von Süden auf die Gebirgskette blickten, das Schneeplateau aber die Nordostflanke des Siebentausenders ist. Möglicherweise sind meine Gedanken aber auch einfach nur vernebelt. Ich gehöre ins Bett. Sucht euch doch einfach einen Gipfel aus!

Datum

1. Oktober 2011 | 19:33

Teilen