Trauer um US-Kletterer Dempster und Adamson
Thomas Hubers neues Karakorum-Abenteuer begann mit einer Rettungsaktion. Die genauen Ortskenntnisse des deutschen Topkletterers am Ogre (auch Baintha Brakk genannt) waren gefragt. Vor gut einer Woche (ich berichte erst jetzt darüber, weil ich mich zu dieser Zeit im Urlaub in den Alpen befand) bestieg der 49-Jährige einen pakistanischen Rettungshubschrauber, um gemeinsam mit der Besatzung nach den vermissten Kyle Dempster und Scott Adamson zu suchen. Vergeblich. Keine Spur von den Amerikanern. Die Suche wurde abgebrochen, weil keine Hoffnung mehr bestand, sie noch lebend zu finden.
Geldsammlung im Internet
Der pakistanische Expeditionskoch der US-Kletterer hatte die beiden vom Basislager aus zum letzten Mal am 22. August gesichtet: etwa in halber Höhe der bisher noch nie durchstiegenen Nordwand des 6960 Meter hohen Ogre II. Danach schlug das Wetter um, Sturm und heftiger Schneefall setzten ein. Als es auch nach Tagen kein Lebenszeichen von Dempster und Adamson gab, starteten Familie und Freunde eine Geldsammlung im Internet, um eine Hubschrauber-Rettungsaktion zu finanzieren. Innerhalb weniger Tage brachten sie die benötigte Summe von knapp 200.000 US-Dollar zusammen.
Zweifacher Piolet d’Or-Gewinner
Kyle und Scott hatten sich bereits 2015 an der Nordwand versucht, Adamson hatte sich dabei knapp unterhalb des Gipfelgrats das Bein gebrochen. Mit viel Glück hatten beide den Abstieg überlebt. Dempster und Adamson waren bekannte Größen in der internationalen Kletterszene. Dem 34-jährigen Adamson waren einige Erstbegehungen in Nepal und Alaska gelungen. Der 33 Jahre alte Dempster liebte den Karakorum, eine „ziemlich umwerfende Gegend“, wie er einmal sagte. Kyle hatte zweimal den Piolet d’Or gewonnen, den „Oscar der Bergsteiger“: 2010 (mit Bruce Normand und Jed Brown) für die Erstbegehung des Nordwand des 6422 Meter hohen Xuelian West in China – und dann 2013 (mit Hayden Kennedy und Josh Wharton) für eine neue Route auf der Südostseite des Ogre I. Dem Trio war ein Jahr zuvor die erst dritte Besteigung des 7285 Meter hohen Granitriesen im Karakorum gelungen. Die legendäre Erstbesteigung des Ogre I hatten die Briten Doug Scott und Chris Bonington 1977 geschafft. Danach hatte es 24 Jahre gedauert, ehe Thomas Huber 2001 mit den Schweizern Iwan Wolf und Stöcker als zweite Seilschaft den Gipfel erreichten. Knapp drei Wochen zuvor war dem Trio bereits die Erstbesteigung des 6800 Meter hohen Ogre III gelungen.
Ziel: Nordseite des Latok I
Thomas Huber kennt sich also bestens an dem Bergmassiv aus. Doch auch mit seiner Unterstützung blieb die Suche nach Dempster und Adamson erfolglos. Thomas versucht sich in diesem Herbst mit seinen deutschen Kletterpartnern Toni Gutsch und Sebastian Brutscher an der nicht allzu weit vom Ogre entfernten Nordseite des 7145 Meter hohen Latok I. Weder die Nordwand noch die Route über den Nordgrat wurden bisher bis zum höchsten Punkt durchstiegen. „Ich habe auch den Mut, in jedem Moment Nein zu sagen“, hatte mir der ältere der beiden Huber-Brüder vor der Abreise gesagt. „Wenn ich merke, es passt körperlich nicht, sage ich Nein.“ Thomas hatte am 5. Juli einen 16-Meter-Sturz aus einer Felswand im Berchtesgadener Land überlebt – „mit unglaublichem Glück“, wie er selbst einräumte. Ein solches Glück hatte die beiden US-Kletterer am Ogre leider nicht.