Jimmy Roberts, Vater des Trekkings in Nepal
„Die Gipfelkuppe war deutlich steiler als die unteren Hänge, aber ohne wirkliche technische Schwierigkeiten“, schrieb James Owen Merion, genannt „Jimmy“ Roberts. Der Engländer bestieg gemeinsam mit dem Sherpa Ang Nyima am 11. November 1954 erstmals den Putha Hiunchuli – jenen 7246 Meter hohen Berg in Nepal, an dem auch ich mich im Rahmen einer kommerziellen Expedition im Herbst versuchen will. Am Gipfel genoss Roberts die Aussicht: „Um 13.13 Uhr, vier Stunden nachdem wir das oberste Lager verlassen hatten, schauten wir voller Dankbarkeit auf im Süden gelegene Meer grüner Hügel, Täler und das Land, das wir sechs Wochen zuvor durchquert hatten.“
Als Soldat in den Bergen
Auch wenn er nie höher stieg als an jenem Novembertag 1954, war Jimmy Roberts einer der Pioniere des Himalaya-Bergsteigens. 1916 geboren, verbrachte Roberts seine Kindheit als Sohn eines Schulleiters in Indien. Später schlug er eine militärische Laufbahn ein. Roberts wurde mehrfach für seinen Mut ausgezeichnet. Als Offizier in Ghurka-Bataillonen verschlug es ihn häufig in die Berge des Himalaya, nach Indien oder Burma. Das kam seiner Leidenschaft für das Bergsteigen entgegen.
Everest-Chance ausgeschlagen
Nachdem Jimmy Roberts in Großbritannien, den Alpen und Norwegen geklettert war, versuchte er sich 1938 erfolglos am Fast-Achttausender Masherbrum in Pakistan. 1946 erkundete Roberts das im Osten des Karakorum gelegene Massiv um den Siebentausender Saser Kangri.
Er gehörte auch zum engeren Kreis der Kandidaten für die britische Everest-Expedition 1953, wurde aber nicht ausgewählt. Er organisierte lediglich den Transport der Sauerstoff-Flaschen von Kathmandu ins Basislager.
Später lud John Hunt, der Leiter der Expedition, Roberts ein, doch noch zum Team zu stoßen. Roberts lehnte ab. Er wollte lieber noch unberührte Gebirgsregionen Nepals erkunden. Am 20. Mai 1953, neun Tage bevor Edmund Hillary und Tenzing Norgay auf dem Gipfel des Mount Everest standen, bestieg Jimmy Roberts mit dem Sherpa Sen Tenzing erstmals den Sechstausender Mera Peak, heute ein beliebter Trekkinggipfel.
Lieber führen als geführt werden
Zu dieser Zeit hatte Roberts bereits seine Liebe zur Region um die weiter westlich gelegenen Achttausender Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu entdeckt. 1950 hatte er an einer – wie er schrieb – „miserabel organisierten und schlecht geführten“ Expedition ins Annapurna-Massiv teilgenommen. Diese Erfahrung dürfte dazu geführt haben, dass Roberts anschließend selbst in die Rolle des Expeditionsleiters schlüpfte. Mit dem Putha Hiunchuli gelang ihm und Ang Nyima die erste Besteigung eines hohen Gipfels im Dhaulagiri-Massivs. Auf seinen Sherpa-Gefährten hielt Roberts große Stücke: „Unterhalb der Schneefallgrenzen ist er ein eigenwilliger Typ, den man kennen und verstehen muss. Am Berg aber, besonders unter schwierigen Bedingungen, verwandelt er sich zum geborenen Anführer.“
Putha Hiunchuli
Posthum geehrt
Später leitete Jimmy Roberts im Westen Nepals noch einige andere Expeditionen – mit wechselndem Erfolg. Nach dem Abschied aus der Armee gründete er 1964 „Mountain Travel Nepal“, die erste Trekkingagentur des Landes. Heute gibt es in Nepal mehrere hundert Agenturen. 1997 starb Jimmy Roberts im Alter von 81 Jahren in Pokhara. Wie er es sich gewünscht hatte, wurde seine Leiche dort verbrannt und die Asche in den Fluss Seti Khola gestreut. 2006 ehrte die nepalesische Regierung Roberts posthum mit dem „Sagarmatha National Award“ für seine Pionierrolle im Trekkingtourismus.
Zurück zum Putha Hiunchuli im November 1954. „Der Abstieg war eine einzige Freude“, schrieb Jimmy Roberts. Ich hoffe, ich kann das Ende Oktober auch sagen.
P.S. Ich habe leider bisher noch kein rechtefreies Bild von Jimmy Roberts gefunden. Hier könnt ihr sehen, wie er im Alter aussah.