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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Everest mit Fußballschuhen rückwärts?

Sigi Hupfauer

Sigi Hupfauer wird definitiv nicht den Altersrekord auf dem Everest brechen. „Auf keinen Fall“, sagt der 72-Jährige und lacht. „Irgendwann muss Schluss sein. Dann muss man erkennen, dass man selbst zum Problemfall werden könnte.“ Sigi geht nicht mehr auf Expedition, aber noch regelmäßig auf Trekkingreisen oder Skitouren. Sechstausender schafft er immer noch locker. Über 60 davon hat Hupfauer in seiner langen Karriere gesammelt, dazu elf 7000er und acht 8000er, darunter im Herbst 1978 auch den Mount Everest. 

Sigi Hupfauer über die Everest-Expedition 1978

Nur Schnee, Eis und Kälte 

Sigi 1978 auf dem Everest

„Damals, vor 35 Jahren, waren wir die erste große Expedition dort im Nachmonsun“, erinnert sich Sigi. „Wir hatten furchtbar schlechtes Wetter, lange Wochen ohne eine Aussicht auf Erfolg. Der Berg war jungfräulich, kein Fixseil, nur Schnee, Eis und Kälte.“ Am 16. Oktober stand Hupfauer dann doch auf dem 8850 Meter hohen Gipfel und vergoss „keine Freudentränen. Ich empfand einfach nur Freude, dass wir es geschafft hatten.“ Der Everest heute ist nicht mehr Sigis Welt. 

Quantität vor Qualität 

„Er ist zum Berg der Eitelkeiten verkommen, zu einem Massenberg, von dem man jetzt sagen kann, es ist der höchste Klettersteig der Welt“, sagt Sigi. „Leider steht jetzt Quantität vor Qualität.“ Früher hätten die nationalen Bergsteiger-Verbände noch die Qualifikation der Everest-Anwärter nachweisen müssen. Heute dürfe jeder hin. Und viele davon gehörten schlichtweg nicht an diesen Berg. „Oftmals geht ein Sherpa voraus und zieht den Kunden. Dahinter folgt einer, der schiebt. Und dazu trägt noch einer den Rucksack mit der Sauerstoff-Ausrüstung.“ Hupfauer rät diesen Bergsteigern, sich doch lieber niedrigere Berge auszusuchen. „Die können für den Einzelnen auch ein Everest sein.“ 

Sigi Hupfauer: Zum Berg der Eitelkeiten verkommen

Prothese im Fuß 

Zweimal die Woche trainiert Sigi in der Kletterhalle. So oft wie möglich geht er auch in die Berge. Seine Knie seien durch die jahrzehntelange Belastung geschädigt, erzählt Hupfauer. „Und im linken Fuß habe ich eine Totalprothese. Aber Skitouren gehen damit noch bestens.“ Wie seine Frau Gaby, ebenfalls eine früher erfolgreiche Höhenbergsteigerin,  arbeitet Sigi weiterhin als Bergführer für den DAV Summit Club. Und er bildet junge Bergsteiger aus. Denen rät Hupfauer wahrscheinlich vom Everest ab. „Vielleicht steigt eines Tages noch einer mit Fußballschuhen rückwärts hinauf. Weiß Gott, was da alles noch bevorsteht.“ 

P.S. Sigis Äußerungen zum Everest könnt ihr auch als neueste (und letzte) Beiträge auf den beiden Everest-60-Pinnwänden auf der rechten Seite des Blogs nachlesen.

Datum

7. Juni 2013 | 14:15

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