Dujmovits bricht Nanga-Parbat-Expedition ab
Ralf Dujmovits hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. „Nach genauem Abwägen der Situation habe ich mich heute Morgen – wir sind im Tiefschnee noch einmal zwei Stunden zum Gletscher aufgestiegen – zu einem Abbruch der Expedition entschlossen“, schreibt Ralf im Abschlussbericht seiner Winterexpedition zum Nanga Parbat. Sein polnischer Gefährte Darek Zaluski unterstütze die Entscheidung. „Mit einem gewissen Risiko hatte ich beim Aufstieg im Winter auf der Diamir-Seite – speziell auf der Messner-Route – gerechnet. Nicht aber mit unabsehbaren Risiken, die ich nicht bereit bin einzugehen. Der schwere Unfall am K2 oberhalb des Flaschenhalses im Jahr 2008 wegen eines abbrechenden Teils des großen Seracs ist eines von vielen Beispielen von vermeidbaren Eisschlag-Unfällen.“ Bei dem Unglück am zweithöchsten Berg der Erde waren elf Bergsteiger ums Leben gekommen.
Wie ein Damoklesschwert
Ralf und Darek war das Risiko zu groß, lange Zeit unterhalb zweier mächtiger Eistürme zu klettern, die wie ein Damoklesschwert über dem unteren Teil der Messner-Route hängen. „Beide sind zur Eisbarriere hin eingerissen und bereits nach außen geneigt“, berichtet Ralf. „Bei einem weiteren Erkunden der Route und natürlich dann auch bei einem Durchstieg Richtung Gipfel und beim Abstieg wäre jeweils über längere Strecken ein Aufenthalt in unmittelbarer Falllinie dieser Eistürme unumgänglich.“ Die beiden Bergsteiger wollen noch das Lager auf 4900 Metern räumen und dann in einigen Tagen das Basislager verlassen. Ihr Koch Essan hat sie für ein paar Tage zu seiner Familie in Aliabad im Hunzatal eingeladen.
„Hartes, wildes und schönes Abenteuer“
Auch wenn er seinen Traum nicht verwirklichen konnte, zieht Ralf eine positive Bilanz der Expedition. „Wir hatten hier im Norden Pakistans am Nanga Parbat eine gute, sehr kalte und abenteuerliche Zeit“, schreibt Ralf. Er und Darek hätten sich mit Essan, dessen Helfer Karim und auch mit den drei Polizisten im Basislager „bestens und freundschaftlich“ verstanden. Die Polizisten waren zum Schutz der Expedition abgestellt worden, nachdem im Sommer Terroristen an gleicher Stelle elf Bergsteiger erschossen hatten. Ralf hatte mit seiner Expedition auch ein Zeichen setzen wollen, der Region trotz des schrecklichen Anschlags nicht den Rücken zu kehren: „Ich gehe mit Wehmut von hier weg – es war ein hartes, aber auch wildes und schönes Abenteuer. Für 2014 meine besten Wünsche – letztlich zählt nur die Gesundheit und die liebenden Menschen um einen herum. Hush raho! (In Urdu: Be happy!)”
Den anderen viel Glück!
Als wir noch einmal über Satellit miteinander telefonieren, ergänzt Ralf, dass er immer noch davon überzeugt sei, dass seine Idee einer schnellen Nanga-Parbat-Winter-Expedition auf der Diamir-Seite mit vorhergehender Akklimatisierung an einem anderen hohen Berg funktionieren könne. „Man braucht aber sehr viel Glück, und die Verhältnisse am Berg müssen stimmen”, sagt Ralf. „Die Idee ist realisierbar, aber ob wirklich ich derjenige bin, der sie eines Tages umsetzt, darüber muss ich erst einmal in Ruhe nachdenken.” Den beiden Winter-Expeditionen auf der Rupal-Seite des Nanga Parbat wünscht Ralf zum Abschluss „viel, viel Glück und Erfolg.”