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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Shity-Tour

Apak Hoja Mazar

Apak Hoja Mazar

Das dürfte eine der kürzesten Stadtrundfahrten in der Geschichte Kaschgars gewesen sein. An unserem letzten Tag in der Metropole an der Seidenstraße will uns Fremdenführer Akbar einige Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Mit dem Bus fahren wir zunächst zur Apak Hoja Mazar. In diesem Mausoleum, das 1640 erbaut wurde, sind 72 Mitglieder des Hoja-Clans bestattet. Das waren Uiguren, die zu ihrer Zeit ganz gut darin waren, mit ihren Truppen gegen scheinbar übermächtige Gegner anzutreten und sich einiges unter den Nagel zu reißen, was ihnen vorher nicht gehört hatte. Das Mausoleum ist ein sehr gut erhaltenes, schönes Bauwerk. „Seit fast 400 Jahren ist die Farbe unverändert, selbst die weißen Teile“, erzählt Akbar. „Ein kleines Wunder“. Das hätten wir auch gebraucht, um zu unserem zweiten Tagesziel zu gelangen, der großen Moschee Kaschgars. Es bleibt aus, wir stranden an einer Straßensperre.

Ungeliebter Imam ermordet

Akbar spricht mit einem schwer bewaffneten Polizisten. Doch der schüttelt immer wieder den Kopf. Wir erfahren, dass in der vergangenen Nacht der Imam von Kaschgar ermordet worden ist. Ausgerechnet zum Ende des moslemischen Fastenmonats Ramadan. Aus chinesischer Sicht handelt es sich nicht um ein gewöhnliches Verbrechen, sondern einen politischen Affront. Der Imam galt als Peking- treu und war bei der uigurischen Bevölkerung der Stadt, um es vorsichtig zu formulieren, nicht gerade beliebt. „Für viele hier ist heute ein Feiertag“, sagt Akbar. Die chinesischen Behörden verstehen in dieser Hinsicht keinen Spaß. Sie wittern einen Aufruhr der chronisch aufmüpfigen Uiguren und schließen nicht nur die Moschee, sondern auch die Märkte der Stadt und fast alle Geschäfte und Restaurants. Polizei und Armee sperren die großen Straßen. Alle Versuche, per Smartphone ins Internet zu gelangen, scheitern. Viel geht nicht mehr in Kaschgar.

Zur Fahndung ausgeschrieben

Zur Fahndung ausgeschrieben

Take it easy!

Immerhin gelangen wir noch zu einem netten Restaurant, das eigentlich auch geschlossen haben müsste. Doch Akbar kennt den Besitzer gut und so dürfen wir Kebab und andere Köstlichkeiten der lokalen Küche genießen. Damit endet allerdings unsere Stadtrundfahrt. Der Fahrer unseres Busses will eigentlich nur tanken, bleibt dann aber im Netz der vielen Straßensperren hängen. Wir müssen nach dem Essen lange warten. Einige vertreiben sich die Zeit mit einem Nickerchen im Restaurant. Schließlich verkündet Akbar, dass wir dem Bus entgegengehen sollten, da unser Fahrer an einer der Sperren nicht vorbeikomme. Zehn Minuten später stehen wir an besagter Kreuzung und blicken in die  Gesichter einiger grimmiger Soldaten mit Maschinenpistolen im Anschlag. Die Jungs würde ich heute nicht unbedingt zum Skatspielen einladen. Meine Kamera habe ich vorsichtshalber tief im Rucksack versteckt. Gerade als wir die Sperre hinter uns gelassen haben, wird die Straße freigegeben. Wenig später biegt unser Bus um die Ecke, und wir fahren zurück zum Hotel. „Das war keine City-Tour, sondern eine Shity-Tour“, witzelt Hannes. Auch Akbar muss lachen. „Nehmt es leicht! Dann kauft ihr eure Souvenirs eben nicht in Kaschgar, sondern morgen in Kirgistan!“

Datum

30. Juli 2014 | 15:05

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