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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Instant Everest

Auf der Annapurna-Runde

Auf der Annapurna-Runde

Ein Merkmal unserer Zeit ist, dass niemand mehr Zeit hat. Oder sie sich nicht nimmt. Das hat auch Auswirkungen auf den Bergtourismus. Deutsche Veranstalter registrieren seit einigen Jahren ein nachlassendes Interesse an Expeditionen, die 50 oder gar 60 Tage in Anspruch nehmen. Umso mehr Bergsteiger interessieren sich für Unternehmungen, für die sie nur etwa 30 Tage Urlaub einplanen müssen. Mit anderen Worten: 7000er-Expeditionen boomen, 8000er-Expeditionen schwächeln. Offenbar gilt der Trend „In der Kürze liegt die (Reise-) Würze“ auch für Trekkingtouristen. Experten in Nepal forderten jetzt, vermehrt kurze Wanderungen anzubieten, um dem sich verändernden Markt Rechnung zu tragen. Immer mehr Trekker kämen aus China und aus südostasiatischen Ländern. Und die hätten schlicht nicht mehr die Zeit, eine dreiwöchige Annapurna-Runde zu drehen oder ebenso lang zum Everest-Basislager zu wandern.

Die Chinesen kommen

Die Chinesen scheinen Nepal als Reiseland entdeckt zu haben. 2013 reisten nach Informationen der Regierung in Kathmandu erstmals mehr als 100.000 Menschen aus dem Reich der Mitte nach Nepal ein: Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl von knapp 72.000 auf gut 113.000. Über 90 Prozent von ihnen kamen zum ersten Mal, 70 Prozent, um Urlaub zu machen. Folgt man den statististischen Angaben aus Kathmandu, scheinen die Chinesen allerdings noch nicht für den Bergtourismus in Nepal gewonnen zu sein. Bergsteigen oder Trekking kreuzten vergleichsweise wenige (5388) auf ihrem Visaantrag als Reisezweck an. Hier lag China 2013 nur auf Rang sieben der Nationen-Rangliste. Sie wurde von Deutschland (9352), Frankreich (8807) und Großbritannien (8775) angeführt. Gerade junge Chinesen entdeckten jedoch zunehmend die „leichten“ Abenteuerangebote Nepals wie Trekking oder Paragliding für sich, sagte ein nepalesischer Reiseveranstalter, der sich auf den chinesischen Markt spezialisiert hat.

Everest-Highway

Mit dem Jeep nach Manang auf der Annapurna-Runde

Mit dem Jeep nach Manang (auf der Annapurna-Runde)

Viele nepalesische Agenturen haben sich bereits auf die neue Kundschaft mit dem kleinen Zeit-Budget eingestellt. Neben den klassischen Routen bieten sie auch Kurztrips an, wie den „Instant Everest“, ein nur achttägiges Trekking im Khumbu-Gebiet.

Dass kürzere Trips möglich sind, liegt auch daran, dass in den meistbesuchten Gebieten, etwa rund um die Annapurna, immer mehr Straßen gebaut werden – oder wenigstens Pisten, die für Jeeps geeignet sind. Auf Umweltschutz wird dabei nicht unbedingt immer Rücksicht genommen. Doch mit diesen neuen Verkehrswegen können mögliche neue Startorte für Trekkingtouren schnell erreicht werden.

Im August kündigte die nepalesische Regierung an, eine Art „Everest Highway“ bauen zu lassen: Mit der etwa 100 Kilometer langen Straße von Jiri nach Surkhe sollen Touristen auch das Gebiet rund um den höchsten Berg der Erde leichter als bisher erreichen können. Surkhe ist nur etwa zwei Stunden Fußmarsch von Lukla entfernt. Dieser traditionelle Ausgangsort für Wanderungen im Khumbu wird bisher fast ausschließlich angeflogen – weil ein Trekking dorthin vergleichsweise lange dauert. Und Zeit hat oder nimmt sich eben kaum noch jemand.

Datum

5. November 2014 | 21:28

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