Free-Solo-Kletterer abgeriegelt
Ein bisschen Gefahr ist gut fürs Geschäft, aber bloß nicht zu viel. So könnte man die Entscheidung des US-Energieriegel-Herstellers Clif Bar zusammenfassen, das Sponsoring der Kletterer Alex Honnold, Dean Potter, Steph Davis, Cedar Wright und Timmy O’Neill zu beenden. „Wir haben vor über einem Jahr begonnen, über Base-Jumping, Highlinen und Free-Solo-Klettern zu diskutieren“, teilte Clif Bar mit. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Disziplinen des Sports Grenzen überschreiten und das Risiko so weit ausreizen, dass wir als Unternehmen nicht mehr mitziehen wollen.“ In der Kletterszene hat die Entscheidung von Clif Bar eine heftige Diskussion darüber ausgelöst, wie viel Einfluss Sponsoren nehmen dürfen. „Ich ziehe die Grenzlinie selbst”, schrieb Alex Honnold, der vier Jahre lang von Clif Bar finanziell unterstützt worden war, in der New York Times. “Sponsoren haben keinen Einfluss auf meine Entscheidungen oder meine Gefahrenanalyse. Wenn ich alleine am Fuße einer Wand stehe, hinauf blicke und überlege, ob ich einsteigen soll, sind die Sponsoren wirklich das Letzte, an das ich denke. Wenn ich Risiken eingehe, betreffen sie mich selbst, nicht irgendeine Firma.“
Auer: „Wer will schon ein Verrückter sein?“
Wie Honnold hat auch der österreichische Topkletterer Hansjörg Auer schon mit Free-Solo-Projekten für Aufsehen gesorgt. So kletterte er 2007 in den Dolomiten die schwierige 1220 Meter lange Route „Weg durch den Fisch“ durch die Marmolada-Südwand alleine und ohne Seilsicherung. Probleme mit seinen Sponsoren habe er deswegen nie gehabt, schreibt mir der 30-Jährige: „Allerdings habe ich das Thema ‚Free Solo‘ nie extrem medial gepusht. Ich wollte, dass mich die Leute nicht ausschließlich mit diesem Thema identifizieren. In Europa funktioniert es sowieso anders. In Amerika werden mit risikoreichen Sportarten sofort Helden kreiert. Als Free-Solo-Kletterer in Österreich bist du eher ein Verrückter als ein Held. Und wer will schon ein Verrückter sein?“ Auer findet, dass Clif Bar durchaus das Recht habe, zu entscheiden, Free-Solo-Kletterern, Basejumpern oder Highlinern nicht länger zu unterstützen. „Unverständlich ist für mich, dass es so plötzlich passiert ist“, sagt Hansjörg. „Die Protagonisten sind schon seit vielen Jahren für ihren risikoreichen Sport bekannt.“ Der Österreicher plädiert dafür, Topkletterer nicht ständig nach dem Sinn ihres Tuns zu fragen: „Im Grunde gibt es für das Free-Solo-Klettern keine Rechtfertigung, und es ist auch nicht notwendig, eine zu suchen. Wer es nicht versteht, warum man so etwas macht, der soll sich für etwas anderes interessieren.“