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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Dominik Müller: „Wir hängen in der Luft“

Nordseite des Mount Everest

Nordseite des Mount Everest

Er könne nicht einfach weitermachen, als sei nichts geschehen, sagt Dominik Müller. Der Chef des deutschen Expeditionsveranstalters Amical alpin hat heute seine Expedition auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest abgeblasen – nach Rücksprache mit seinen Kunden, die auch nicht hätten weitermachen wollen. „Wenn ich in die Gesichter unseres Kochs, der Küchenjungen und all der anderen Sherpas hier schaue, kann ich nicht mit gutem Gewissen weiter aufsteigen“, berichtet Dominik per Telefon aus dem „Chinese Base Camp“, wo sich nach seiner Schätzung noch 250 bis 300 Leute aufhalten. Der Koch habe sein Haus in Kathmandu verloren, viele anderen hätten bisher nicht einmal Kontakt zu ihren Familien herstellen können. „Wir können doch hier nicht auf einer schönen Insel sitzen und auf Friede, Freude, Eierkuchen machen. Und um uns herum gibt es Tausende von Toten.“  

Eine SMS, kein offizielles Dokument

Dominik Müller

Dominik Müller

Noch immer, so Müller,  gebe es Verwirrung darüber, ob der Everest nun endgültig geschlossen sei: „Heute früh hat Thomas Lämmle, unser Expeditionsleiter am Cho Oyu, einen Anruf der chinesischen Behörden erhalten, dass alle tibetischen Berge ab 9 Uhr gesperrt sind und die Frühjahrssaison gestrichen ist.“ Daraufhin fragte Dominik beim chinesisch-tibetischen Bergsteiger-Verband CTMA an, ob dies auch definitiv für den Everest gelte. „Ich erhielt per SMS die Antwort: Everest is closed“, sagt der 44-Jährige. „Aber hier im Basislager gibt es keinen Verbindungsoffizier oder sonst jemanden, der ein offizielles Dokument dazu hat oder der sagt: ‚Ja, er ist zu hundert Prozent geschlossen.‘ Wir hängen ein bisschen in der Luft.“ In den bisherigen Gesprächen hätten die chinesischen Beamten vor allem auf die Gefahr von Nachbeben verwiesen. Außerdem seien nach ihren Angaben durch die Erdstöße neue Spalten aufgerissen worden. Der Nordsattel sei in diesem Jahr sehr gefährlich.

Dujmovits im vorgeschobenen Basislager

Das Team der chinesischen Bergsteiger, das die Fixseile auf der Normalroute verlegen sollte, hat nach Dominiks Worten das Basislager verlassen und ist in tiefer gelegene Orte gebracht worden – für ihn ein weiteres Zeichen dafür, dass es am Everest wohl nicht weitergehen wird. „Sähen die Behörden noch eine Chance, wäre da noch der Drang nach oben, wäre das für die Fixseile zuständige Team noch hier, und man würde es ins ABC (Vorgeschobenes Basislager) schicken, um dort ein paar Tage abzuwarten.“ Er gehe davon aus, dass die gesamte Infrastruktur abgezogen werde. Im ABC auf 6200 hält sich unter anderen noch Ralf Dujmovits auf, der als bisher einziger deutscher Höhenbergsteiger alle 14 Achttausender bestiegen hat. Ralf hatte das Lager erreicht, bevor die chinesischen Behörden das Gros der Bergsteiger zurückpfiffen.

Weg nach Nepal abgeschnitten

Müllers Kunden werden Anfang Mai über Lhasa und Peking nach Deutschland zurückkehren. Dominik selbst will weiter bei den Sherpas seines Teams im Basislager bleiben. „Es geht um die Sherpas und deren Familien“, sagt Dominik. „Sie haben uns so oft unterstützt. Da ist es für mich selbstverständlich, in dieser schwierigen Situation bei ihnen zu sein und dafür zu sorgen, dass sie auch heimkommen.“ Nach seinen Informationen ist der Weg von Tibet nach Kathmandu noch abgeschnitten.

Datum

28. April 2015 | 17:15

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