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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Schachmatt am Burke Khang

Blick in den Abgrund

Blick in den Abgrund

Was ich nicht wusste, ist, dass auch Berge Schach spielen können. „Was wir nicht wussten, ist, dass der Berg, in einem sehr schlauen Schachzug, seine Verteidigungslinie auf seinen Flanken viel weiter nach unten verschoben hatte, in Vorausahnung unseres Angriffs 2016“, schreibt Bill Burke. „Wir wurden komplett überrascht.“ Der 74 Jahre alte US-Amerikaner wollte – wie berichtet – den nach ihm benannten Burke Khang erstmals besteigen. Ein Versuch Burkes vor einem Jahr war im Gipfelbereich des 6942 Meter hohen Bergs im Everest-Gebiet wegen zu gefährlicher Wechten gescheitert. Jetzt stellten sich die unüberwindlichen Probleme bereits am tiefer gelegenen Südostgrat.  

Neuer Eisbruch

Eis gebrochen

Eis gebrochen

Auch dort trafen Naga Sherpa und Shera Sherpa, die für Burke die Fixseile hinauf zum geplanten Lager 2 legen sollten, jetzt auf Wechten in prekärem Zustand. „Ein falscher Schritt, und die Wechten brechen ab und schicken die Sherpas in den sicheren Tod“, beschreibt Bill die gefährliche Passage. Endgültig schachmatt gesetzt – um im Bild zu bleiben – wurde das Team jedoch erst durch einen neuen Eisbruch, mit „gewaltigen Spalten, Eistürmen und brüchigen Schneebrücken“. Naga Sherpa schätzte, dass 15 Aluminiumleitern nötig gewesen wären, um die Spalten zu überqueren. Die beiden Sherpas erklärten den Grat daraufhin für unpassierbar und kehrten um. „Ich habe fortwährend um mein Leben gefürchtet“, sagte Naga. Der sechsmalige Everest-Besteiger David Liano, der zu Burkes Team gehörte, wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen. Auch der 35-jährige Mexikaner machte am Eisbruch kehrt, nachdem er eine Schneebrücke getestet und das Eis schon beim ersten Schritt zu brechen begonnen hatte.

Burke vorerst nicht mehr zum Burke Khang

Bill Burke vor "seinem" Berg

Bill Burke vor „seinem“ Berg

„Runde zwei geht an den Burke Khang“, bilanziert Bill. „Politisch gesprochen war es ein Erdrutschsieg. Wir hatten nie eine Chance.“ Burke hält „seinen“ Berg dennoch für besteigbar, allerdings nur „zur richtigen Zeit, bei den richtigen Bedingungen“.  Bevor der Versuch, den Burke Khang zu besteigen, in eine Sucht oder einen Kreuzzug ausarte, ziehe er jetzt erst einmal die Bremse. „Außerdem wirkt sich das Alter auf meinen Körper aus“, sagt der 74-Jährige, „und andere Abenteuer winken. Deshalb habe ich jetzt keine Pläne für eine weitere Burke-Khang-Expedition. Aber ganz ausschließen möchte ich einen neuerlichen Versuch auch nicht.“ Und wir warten in der Zwischenzeit gespannt auf die nächste Verteidigungsstrategie des Schach spielenden Bergs im Himalaya.

Datum

17. November 2016 | 16:11

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