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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Kili-Aufstieg mit medizinischer Begleitung

Kilimandscharo

So habe ich noch nie einen Aufstieg auf einen hohen Berg begonnen. Gleich am Marangu Gate, dem Eingang zum Kilimandscharo-Nationalpark, nehmen uns Professor Harald Renz, Dr. Christian Kreisel und Dr. Tim Jäcker Blut ab. Zuvor haben wir bereits mehrere Fragebögen ausgefüllt, zu unserer körperlichen und mentalen Verfassung. Die 24 Expeditionsmitglieder haben sich bereiterklärt, als „Versuchskaninchen“ für eine Studie zur Höhenkrankheit zur Verfügung zu stehen. „Wir hoffen, mehr über die Zusammenhänge der Krankheit herauszufinden“, sagt Harald Renz, welche Faktoren dafür sorgen, dass sie ausbricht. Ob es auch genetische Faktoren gibt, die eine Rolle spielen. Und welchen Einfluss die Psyche hat.“

Hohe Quote an Höhenkranken

Blutentnahme am Marangu-Gate

Der Kilimandscharo bietet sich für eine solche Studie an. Zum einen, weil innerhalb weniger Tage rund 4000 Höhenmeter überwunden werden und damit eine ausreichende Akklimatisierung häufig nicht gegeben ist. Zum anderen, weil viele der rund 30.000 Bergsteiger, die alljährlich zum höchsten Berg Afrikas kommen, kaum Erfahrungen mit großer Höhe haben. Der Kili gilt auf den Normalrouten als ein „Wanderberg“. Doch mit 5895 Metern ist er eben auch ein hoher Berg, der gerne unterschätzt wird. Bis zu zwei Drittel aller Gipfelaspiranten berichten anschließend über Symptome der Höhenkrankheit. Etwa die Hälfte erreicht den Gipfel nicht. Und es gibt auch alljährlich Todesfälle.

Krankenwagen mit Blaulicht

Aufstieg durch den Regenwald

Wie viele es sind, wird offiziell nicht kommuniziert. Unter der Hand wird von rund 50 Toten pro Jahr gesprochen. „Die Regierung hat kein Interesse daran, die Zahlen zu veröffentlichen“, erzählt mir David während des Aufstiegs. „Das schadet dem Tourismus, der derzeit wegen der unklaren politischen Lage im Land ohnehin nicht so gut floriert.“ David arbeitet als Arzt in einem kleinen Krankenhaus zu Füßen des Kilimandscharo und träumt davon, eines Tages auch über eine Unterdruckkammer zu verfügen, um schwer höhenkranke Patienten behandeln zu können. Während unserer Mittagspause an einem Picknickplatz der Marangu-Route rast ein Krankenwagen mit Blaulicht an uns vorbei und wirbelt jede Menge Staub auf. David schüttelt den Kopf.

Keine Hubschrauberrettung

„Ein funktionierendes Rettungssystem gibt es bisher am Kilimandscharo nicht“, berichtet er. Schwer höhenkranke Bergsteiger oder Träger müssten auf Tragen den Berg heruntergebracht werden, um dann mit dem Krankenwagen weiter befördert zu werden. „Eine Hubschrauberrettung fehlt, weil die dafür nötigen Spezialhelikopter und das für eine Höhenrettung ausgebildete Flugpersonal nicht zur Verfügung stehen.“

Erstbesteigung im Zeitalter des Imperialismus

„Schwarzweißaffe“

Durch den Regenwald steigen wir gemütlich auf und bestaunen neben der üppigen Vegetation auch einige Affen, die auf den Bäumen herumturnen. Am späten Mittag erreichen wir den ersten Rastplatz, die „Mandara Hut“ auf 2700 Meter Höhe. Wir übernachten in einfachen Holzhütten mit je vier einfachen Schlafplätzen. Früher einmal hieß diese Stelle „Bismarckhütte“. Nach der Erstbesteigung durch den Deutschen Hans Meyer, den Österreicher Ludwig Purtscheller und den einheimischen Bergführer Yohani Kinyala Lauwo im Jahr 1889 – also zur Zeit des Imperialismus – war der Kilimandscharo zum „deutschen Berg“ erklärt worden. Er blieb es offiziell bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918. Noch bis 1964 hieß die höchste Erhebung „Kaiser-Wilhelm-Spitze“, bis die tansanische Regierung im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung den Punkt in „Uhuru Peak“, Freiheitsgipfel, umbenannte.

Am morgigen Montag werden wir zur Horombo Hut (einst „Petershütte) auf 3700 Metern aufsteigen. Vorher werden wir nach unserer ersten Nacht in größerer Höhe einen weiteren Fragebogen ausfüllen. Die nächste Blutzapfstelle wird dann die Horombo Hut sein.

Datum

18. Februar 2018 | 20:41

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