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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Abschied vom Kilimandscharo

Sonnenaufgang auf dem Kilimandscharo

Wanderberg? Das würde ich nicht unbedingt unterschreiben. Ich räume ein, dass ich den 5895 Meter hohen Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, unterschätzt habe. Auf etwa 5500 Metern erwischte er mich auf dem falschen Fuß. War es der nervtötende Aufstieg über den Schotterhang, bei dem ich den Eindruck hatte, dass ich, wenn ich zwei Schritte vorwärts machte, einen zurückrutschte? Oder war es der eiskalte Wind, der bis in die Finger- und Fußspitzen vordrang? Was auch immer dafür verantwortlich war, plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mich meine Kräfte im Eiltempo verließen. Unser Guide Bayo bemerkte, dass ich Probleme hatte. Wir machten eine kleine Ess- und Trinkpause, und Bayo bestand darauf, meinen Rucksack zu übernehmen. Danach bekam ich wieder die Kurve. Mindestens 20 Prozent meines Gipfelerfolgs gehören also meinem tansanischen Bergführer, ohne den ich womöglich nicht den höchsten Punkt erreicht hätte.

Individuelle Bilanzen

Begegnung mit Affe

Von Bayo verabschiedete ich mich heute nachmittag mit ein wenig Wehmut am Eingang zum Kilimandscharo-Nationalpark. Unser gesamtes afrikanisches Team – die Guides, die Träger, die Köche und deren Helfer – sangen für uns den „Jambo, Jambo“-Song und tanzten dazu. Zuvor waren wir rund 2000 Meter weit abgestiegen, hinein in den Regenwald, wo uns noch einmal eine Affenfamilie ihre Aufwartung machte. Ein beeindruckendes Erlebnis zum Abschluss einer Reise, die bei uns allen noch eine Weile nachklingen wird. Jeder nimmt seine ganz persönlichen Erinnerungen mit. Wie die 68 Jahre alte Irene, die sich trotz gesundheitlicher Probleme bis zum Gilman’s Point auf 5,684 Metern hinauf kämpfte und dafür zu Recht ein (leicht modifiziertes) Gipfelzertifikat für den Kili erhielt. Oder die 64 Jahre alte Monika, die sich mit dem Erreichen des höchsten Punktes einen Kindheitstraum erfüllte. Oder der 19 Jahre alte Linus und die 20 Jahre alte Franzi, bei denen es sich bald entscheiden wird, in welche Richtung sich ihr Leben entwickeln wird und denen der Gipfelerfolg am Kilimandscharo sicher noch einmal einen besonderen Schub geben wird.

Auch Erlebnisse, die nachdenklich machen

Unser Expeditionsteam

Wir alle kehren mit tollen Erfahrungen vom höchsten Berg Afrikas zurück. Von gastfreundlichen Menschen, von einer beeindruckenden Landschaft. Doch wir konnten auch mit eigenen Augen sehen, wie unvernünftig, teilweise sogar fahrlässig viele Gipfelaspiranten aus anderen Expeditionen den Kili in Angriff nahmen und dabei sogar ihr eigenes Leben riskierten. Einige bezahlten ihre fehlende Demut schwer höhenkrank mit dem Abtransport auf der Rolltrage. Gespannt warten wir auf die Ergebnisse der Studie, die das Ärzteteam der Universität Marburg während unserer Expedition durchführte. Hoffentlich hat unser Aufstieg dazu beigetragen, die Höhenkrankheit besser verstehen zu lernen.

Hakuna Matata

Elias Lyimo (l.) und Rainer Braehler (r.)

Bevor ich an diesem Montag wieder nach Deutschland zurückfliege, möchte ich mich bedanken. Bei unserem Expeditionsleiter Rainer Braehler und dem tansanischen Organisator vor Ort, Elias Lyimo. Bei allen afrikanischen Helfern. Bei den Ärzten aus Marburg, die echte Teammitglieder waren. Bei allen Expeditionsteilnehmern, die mich offen angenommen und als einen der ihren akzeptiert haben. Bei unseren Familien, die uns zum Kilimandscharo haben fahren lassen. Ich hoffe, wir können ihnen mit der Schilderung unserer Erlebnisse ein wenig zurückgeben. Nicht zuletzt möchte ich allen danken, die unser Abenteuer am höchsten Berg Afrikas verfolgt haben. „Kilimanjaro, Hakuna Matata“ – Kilimandscharo, alles in Ordnung!

Datum

26. Februar 2018 | 1:25

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