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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Kein Ort für einen Wettlauf


Ich halte nichts von Wettläufen am Berg oder im Eis. Pionierleistungen ja, doch Wettläufe erhöhen die ohnehin schon reichlich vorhandenen Risiken unnötig. Die sogenannte „Eroberung“ der Pole und der höchsten Berge der Welt sollten Warnung genug sein. Viele Abenteurer haben mit ihrem Leben dafür bezahlt. In diesen Tagen wird erneut viel über einen „Wettlauf im Himalaya“ geredet: Wer wird die erste Frau sein, der es gelingt, alle 14 Achttausender zu besteigen?

Die Kandidatinnen

Die besten Chancen hat die Südkoreanerin Oh Eun-Sun. Die 44-Jährige ist inzwischen am Fuß der 8091 Meter hohen Annapurna in Nepal eingetroffen ist, des letzten 8000ers, der ihr noch fehlt. Im Basislager begegnete Oh der Spanierin Edurne Pasaban. Die 36-Jährige will in diesem Jahr ebenfalls ihre 8000er-Sammlung vervollständigen, erst als ihre Nr. 13 die Annapurna besteigen, dann die Shishapangma in Tibet. Auch die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner hat – wie Pasaban – zwölf 8000er bestiegen. Sie ist gerade nach Tibet eingereist, auf dem Weg zur Nordwand des Mount Everest. Der 39-Jährigen fehlt neben dem höchsten Berg der Erde auch noch der zweithöchste, der K 2 in Pakistan.


(v.l.) Edurne Pasaban, Oh Eun-Sun, Gerlinde Kaltenbrunner

Mit allen Mitteln

Doch es kommt nicht nur darauf an, ob jemand auf einen Gipfel gekommen ist, sondern auch wie. Das Vorgehen der Koreanerin Oh Eun-Sun ist für mich ein Rückfall in die Frühphase des 8000er-Bergsteigens, in der es in erster Linie um nationales Prestige ging. Damals galt: Heraufkommen um jeden Preis, mit allen Mitteln. Südkorea hatte gleich zwei Bergsteigerinnen ins Rennen (wörtlich gemeint) um die Achttausender-Krone geschickt. In kürzester Zeit schlossen Oh Eun-Sun und Go Mi-Sun zu den bis dahin in der Statistik führenden Europäerinnen auf. Im Gegensatz zu diesen rückten Oh und Go den Bergen mit großen Teams auf den Pelz, setzten teilweise Atemmasken ein, flogen, um Zeit zu sparen, mit Hubschraubern von einem zum nächsten Basislager. Allein im Frühjahr 2009 bestieg Go innerhalb von sechs Wochen drei 8000er, im Sommer desselben Jahres wollte sie drei weitere folgen lassen. Doch sie zahlte den höchsten Preis für ihren waghalsigen Wettlauf: Am Nanga Parbat stürzte die 41-Jährige zu Tode. Es wäre Go Mi-Suns elfter 8000er gewesen.

Liveübertragung am Gipfeltag

Auch Oh Eun-Sun bestieg neun ihrer 13 Achttausender zwischen 2007 und 2009. Ihr Erfolg am Kangchendzönga wurde wegen eines nicht ganz eindeutigen Gipfelfotos angezweifelt. Andere Bergsteiger berichteten, sie hätten gesehen, wie Sherpas die Koreanerin an einem Achttausender am kurzen Seil den Berg hinaufgezogen hätten. Oh spricht von einer „Kampagne“ gegen sie. Ihr bevorstehender Aufstieg auf die Annapurna soll live im koreanischen Fernsehen übertragen werden. Ein 30-köpfiges TV-Team begleitet die Bergsteigerin. Oh hat übrigens Edurne Pasaban gefragt, ob sie die Fixseile, die das spanische Team schon bis hinauf nach Lager drei gelegt hat, benutzen darf. Pasaban hat zugestimmt. Sie hält wahrscheinlich auch nichts von Wettläufen am Berg.

Datum

8. April 2010 | 14:48

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