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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Rätsel wohl ungelöst

“Es klingt seltsam, aber ich konnte mir den Gedanken nicht verkneifen, dass der Berg sich bemühte, sein Geheimnis für sich zu behalten.“ So beschrieb der Australier Duncan Chessell seinen gescheiterten Versuch, auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest die Leiche des seit 1924 verschollenen Briten Andrew Irvine ausfindig zu machen – und natürlich dessen Fotoapparat. Die wohl meistgesuchte Kamera der Welt soll das Rätsel lösen, über das sich Generationen von Alpinhistorikern den Kopf zermartert haben. Was geschah wirklich am 8. Juni 1924, nachdem Irvine und George Leigh Mallory zu ihrem Gipfelversuch aufgebrochen waren? Die beiden kehrten nicht zurück. Mallorys Leiche wurde 1999 gefunden, seine Kamera nicht. Seitdem konzentrieren sich die Hoffnungen der Spurensucher auf die Leiche Irvines, wo immer sie auch liegen mag.
Nach seiner Rückkehr ins Basislager sagte Duncan Chessell, wie aus dem Nichts habe es zu schneien begonnen. Anderthalb Meter Schnee hätten sich über den Berg gelegt. Eine Suche nach Irvine sei unmöglich gewesen.


Der Australier Duncan Chessell

Geheimniskrämerei

Chessell hatte aus seinem Anliegen kein Geheimnis gemacht – im Gegensatz zu Jochen Hemmleb, der sich in diesem Frühjahr ebenfalls wieder auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest aufhielt. Der Deutsche, der in Südtirol lebt, leitete eine Expedition, zu der auch ein Regisseur und zwei Kameramänner aus Österreich gehörten, die sich auf spektakuläre Bergfilme spezialisiert haben. Hemmleb hatte mit seinen Recherchen die letztlich erfolgreiche Suchexpedition 1999 nach Mallory angestoßen und hat sich in diese Geschichte regelrecht verbissen. Elf Jahre und zwei Bücher später wollte er offenbar einen weiteren Coup landen. Sollte sich der Berg wirklich rechtzeitig gewehrt haben? Dann darf weiter kräftig spekuliert – und auch verdient werden. Denn auch ein offenes Rätsel kann lukrativ sein.

Datum

31. Mai 2010 | 16:33

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