Leid ohne Ende
Normalerweise wirkt die Ankunft im Hushe-Tal nach einer Expedition zu den Bergriesen im Karakorum wie eine Rückkehr ins Leben. Nach Wochen in Schnee, Eis und Fels erwarten einen in dem wildromantischen Tal grüne Almen mit Rindern, man wähnt sich fast im Allgäu. Dann das erste Dorf, zurück in der Zivilisation.
Kleine Bäche wurden zu reißenden Flüssen
Als jedoch Gerlinde (Kaltenbrunner) und Ralf (Dujmovits) nach ihrer K 2-Expedition ins Hushe-Tal abstiegen, liefen sie mitten hinein in eine Katastrophe.
Auch mehrere Tage nach seiner Rückkehr aus Pakistan klingt Ralf am Telefon noch tief bewegt (Das Gespräch könnt ihr unten nachhören). Starke Regenfälle hatten verheerende Erdrutsche ausgelöst. So wurde das Dorf Talis in großen Teilen unter Lehmmassen begraben. „Leute suchten mit Schaufeln, Spitzhacken, zum Teil auch mit bloßen Händen nach ihren Angehörigen“, erzählt Ralf. „Es war erschütternd zu sehen, wie die Leute dort leiden müssen.“
Familien stehen vor dem Nichts
Die Felix-Baltistan-Stiftung, die im Nachbardorf Machulu Projekte betreut, habe Soforthilfe geleistet. Die Organisation wurde vom Bruder des baskischen Bergsteigers Felix Iñurrategi gegründet, der 13 Achttausender bestiegen hatte, ehe er im Jahr 2000 am Gasherbrum II ums Leben kam. Die Mitarbeiter der Stiftung hätten für die Menschen in Talis zwei Tonnen Lebensmittel bereit gestellt, die sie in der Stadt Skardu besorgt hätten, sagt Ralf. „Aber auch in Skardu gehen allmählich die Vorräte aus, weil der Karakorum-Highway fast nicht mehr befahrbar ist. Damit ist die Verbindung nach Süden Richtung Islamabad abgebrochen, der Nachschub für viele Dörfer abgeschnitten. Und für die Versorgung aus der Luft fehlen einfach die Kapazitäten.“
Spur der Verwüstung in Talis
Das Leben in den Dörfern Nordpakistans sei ohnehin schon hart. Jetzt aber, so Ralf, stünden viele Menschen vor dem Nichts. „Oftmals haben wir mitbekommen, dass der Familienvater, der für die ganze Sippe aufgekommen ist, aus dem Leben gerissen wurde. Damit sind die finanziellen Nöte der Leute noch einmal viel größer geworden. Es ist einfach Leid ohne Ende.“
Drama am K 2 noch nicht verdaut
Da wurde Gerlindes traumatisches Erlebnis am K 2, der tödliche Absturz des Schweden Fredrik Ericsson, zumindest vorübergehend in den Hintergrund gedrängt. Verarbeitet habe seine Frau das Drama aber noch längst nicht, sagt Ralf: „Gerlinde hat nach wie vor die Situation vor Augen, wie Fredrik direkt an ihr vorbei abgestürzt ist. Es wird sicher noch eine ganze Weile brauchen, bis sie es verdaut hat.“
Interview mit Ralf Dujmovits zur Katastrophenlage in Nordpakistan
P.S. Wollt ihr für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan spenden? Eine Möglichkeit: Bündnis Entwicklung Hilft, Kontonummer 5151, Bank für Sozialwirtschaft, Bankleitzahl 370 205 00.