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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Födleblutt

Manchmal beneide ich die Schweizer. Um ihre beeindruckenden Berge, die leckere Schokolade oder Wörter wie „födleblutt“ (oder „füdliblutt“). Das Adjektiv aus dem Schwyzerdütschen schaffte es jetzt in die Zeitungsartikel auch seriöser Schweizer Zeitungen. „Födleblutt“ bedeutet splitternackt, doch die wörtliche Übersetzung ist schöner: mit blankem Gesäß oder, drastischer formuliert, nacktarschig.

Nacktwanderern geht es an den nicht vorhandenen Kragen

„Das Ausserrhoder Obergericht hat einen Nacktwanderer schuldig gesprochen. (…) Er war im Oktober 2009 „födleblutt“ auf einem Wanderweg bei Herisau erwischt worden“, heißt es in der Neuen Zürcher Zeitung.


Seit zwei Jahren tauchen die Appenzeller Kantone Inner- und Außerrhoden, nicht weit vom Bodensee gelegen, immer wieder in den Schlagzeilen auf, weil sie sich nicht damit abfinden wollen, dass Wanderer, nur mit Schuhen und Rucksack bekleidet, in ihren Bergen umherflitzen. Der jetzt bestrafte Mann, in erster Instanz noch freigesprochen, soll 100 Schweizer Franken plus Verfahrenskosten von 3330 Franken berappen – „wegen unanständigen Benehmens“.

Weltnacktradeltag

Die Appenzeller, mit denen ich sonst eher ihren würzigen, streng riechenden Käse verbinde, machen also ernst in Sachen Etikette. Das hätte ich eher meinen deutschen Landsleuten zugetraut, die ihren Nachbarn doch schon fast verklagen, wenn Nacktschnecken, von dessen Grundstück aus kommend, die Blumenbeete verschleimen.
Gibt es Nacktwanderer denn nur in der Schweiz? Von wegen. Ein Blick ins Internet zeigt: Auch in Deutschland wird fleißig „födleblutt“ Sport getrieben: Neben dem Nacktwandern treffen sich die Anhänger der Freien Körperkultur auch zum Nacktjoggen, Nacktreiten, Nacktpaddeln oder Nacktradeln. Letztgenannte „födleblutt“-Sportler haben sich sogar im Juni 2010 zu einem weltweiten Nacktradeltag (World Naked Bike Ride) verabredet. Motto: Go as bare as you dare! Fahre so nackig wie du dich traust!

Nackt am Nordpol

Auch Nacktbergsteiger vor Gipfelkreuzen finden sich als Fotomotive im Netz. In den USA wird seit Jahren ein „stone nudes“-Kalender vertreiben, in dem gut gebaute Mädels „födleblutt“ im Fels kletternd abgelichtet sind, um „die Seele des Klettern einzufangen“. Das Nacktklettern sei im Land der unbeschränkten Möglichkeiten bereits eine Trend-Extremsportart, heißt es dazu in einem Zeitungsbericht.
Vielleicht müssen wir uns ja auch auf Nackttrekking im Himalaya einstellen – oder Last-degree-Nacktexpeditionen zum Nordpol. Das entsprechende Lied dazu gibt es schon: „Füdliblutt am Nordpol“ von der Schweizer Gruppe Schtärneföifi. Den Refrain könnt ihr euch auf der nackten Zunge zergehen lassen: „Füdliblutt am Nord-po-ol, das schtel-li mer rächt chüel vo-or. Aber mir wär’s gliich wo-ohl, füdliblutt am Nord-po-ol.“

Datum

26. Januar 2011 | 10:58

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