Lager 1
Die alten Zeltteams haben sich wieder gefunden. Neben mir liegt Sergio in seinem Daunenschlafsack und genießt es, die müden Knochen auszuruhen. Mir geht es nicht anders. Heute werden wir die erste Nacht im Hochlager verbringen, auf 5.500 Metern. Das ist Teil unserer Akklimatisierung. Morgen früh schnallen wir uns erstmals die Steigeisen unter die Expeditionsschuhe und steigen zu Lagerplatz 2 auf etwa 6300 Metern auf.
Botschaft verstanden
Die heutige Etappe vom Basislager über die nicht enden wollenden Gletschermoränen war hart, aber nicht so erschöpfend wie der Aufstieg auf gleichem Weg vor zwei Tagen. Bei allen, die diese Tour am Mittwoch durchgestanden hatten, machte sich bemerkbar, dass der Körper die Botschaft offenbar verstanden hat. Natürlich schnauften wir auch diesmal, aber nicht so intensiv wie vorgestern. Im Schnitt waren wir nach rund drei Stunden oben, etwa eine halbe Stunde schneller als im ersten Anlauf. Für Joachim sowie Brigitte und Helmut, die ihre Bronchitis inzwischen recht gut überstanden haben, war die Wanderung nach Lager 1 dagegen Neuland. Tapfer kämpften sie sich nach fünf beziehungsweise sechseinhalb Stunden ins Ziel.
Salami und Nudelsuppe
Das Wetter ist zwar weiter stabil, doch hat der Wind aufgefrischt. Einige Schneeflocken rieseln auf die Zeltwand. Das entspricht ziemlich genau der Vorhersage, die wir telefonisch erhalten haben. Eine Wolkenwand soll das Dolpogebiet durchqueren. Anschließend wird wieder sonniges Wetter erwartet, mit wenig Wind, aber Temperaturen, die zehn Grad tiefer liegen als in den vergangenen Tagen.
In den Nachbarzelten höre ich die Gaskocher surren. Sergio und ich haben uns eine Salami munden lassen. Wir wollen den Kocher erst später anschmeißen. Nudelsuppe steht auf unserem Speiseplan. Die eigentlich für die Hochlager vorgesehenen Expeditions-Fertiggerichte sind erst im Laufe des Tages mit Yaks im Basislager eingetroffen. Immerhin noch rechtzeitig für unseren Gipfelversuch, der sich langsam aber sicher am Horizont abzeichnet. Morgen werden wir nach dem Ausflug ins Lager 2 bis ganz hinunter ins Basislager absteigen. Am Sonntag schöpfen wir Kraft für den finalen Aufstieg. Spielt das Wetter mit, könnten wir am Montag erneut ins Lager 1 aufsteigen, am Dienstag in Lager 2 übernachten, am Mittwoch unser höchstes Lager auf etwa 6700 Metern beziehen und am Donnerstag in Richtung Gipfel starten. Noch ist das jedoch pure Theorie. Jetzt schnuppern wir erst einmal dünne Höhenluft und sagen Eis und Schnee auf der Nordostflanke des Putha Hiunchuli „Hallo“!