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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Cool(e) Story

Cool mit Goldmedaille, die auf den Everest soll

Ich habe eine Schwäche für starke Geschichten. Wie die folgende: Der britische Bergsteiger Kenton Cool will in diesem Frühjahr eine olympische Goldmedaille auf den Gipfel des Mount Everest bringen – und damit nach 88 Jahren ein Versprechen erfüllen, das ein anderer gegeben hat. Bei den Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix waren 13 Mitglieder der britischen Everest-Expedition 1922 für ihren Mut mit Gold ausgezeichnet worden. Bei der Expedition hatten die Bergsteiger George Finch und Geoffrey Bruce auf der tibetischen Nordseite des höchsten Bergs der Erde mit 27.300 Fuß, also 8321 Metern, einen neuen Höhenrekord aufgestellt. Dabei nutzten die beiden Flaschensauerstoff.

In Vergessenheit geraten

Die Expedition endete tragisch: Sieben Träger kamen beim Abgang einer Lawine unterhalb des Nordsattels ums Leben. Auch ihnen wurde später noch posthum olympisches Gold verliehen. Zurück nach Chamonix. Bei der Abschlussfeier der Spiele versprach der stellvertretende Expeditionsleiter Edward Strutt dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Pierre de Coubertin, eine der Medaillen auf den höchsten Punkt der Erde zu bringen. Der nächste Versuch 1924 blieb erneut erfolglos: George Mallory und Andrew Irvine kehrten von ihrem Gipfelversuch nicht zurück. Das Versprechen, das Strutt dem IOC-Chef gegeben hatte, geriet in Vergessenheit.

„Noch nie so entschlossen wie jetzt“

„Einer meiner Freunde recherchierte zu den Olympischen Spielen 2012 in London und stieß auf die Geschichte“, berichtet Kenton Cool. „Als ich das hörte, sagte ich sofort: Ich muss das Versprechen erfüllen.“ Cool hat bereits neunmal den Mount Everest bestiegen. „Ich war noch niemals so entschlossen wie jetzt, den Gipfel zu erreichen“, behauptet der 37-Jährige.

Expeditionsmitglieder 1922 in Darjeeling (Wakefield obere Reihe 2.v.l.)

Er hatte sich auf die Suche nach einer der Goldmedaillen von 1924 gemacht – und war fündig geworden. Ein Enkel des Bergsteigers Arthur William Wakefield (1876-1949) erklärte sich bereit, das Familienerbstück auf die Reise zum Mount Everest zu schicken. Wakefield war 1922 bis zum Nordsattel auf 7000 Metern aufgestiegen. „Kein Mann meines Alters war bisher höher“, hatte der damals 46-Jährige an seine Frau geschrieben.

Kein Prahlhans

Von der Goldmedaille erzählte Wakefield seinen Enkeln nichts. „Er wollte nicht angeben, sondern hatte einfach Spaß am Bergsteigen. Das hatte nichts mit Medaillen oder Ehrungen zu tun“, sagt Charles Wakefield, der überzeugt ist, dass sein Großvater Kenton Cools Idee unterstützt hätte. Alles nur ein Werbegag des Profibergsteigers? Vielleicht. Aber eine gute Geschichte.

P.S. Für eine gute Story könnte in diesem Frühjahr auch Simone Moro sorgen. Der Italiener will erst den Everest besteigen und dann vom Südsattel aus zum Lhotse aufsteigen – ohne Flaschen-Sauerstoff. Die Traverse war 2011 dem US-Bergsteiger Michael Horst erstmals gelungen, allerdings mit Atemmaske.

Datum

7. April 2012 | 20:07

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