Eier (und Gipfelquatsch) mit Soße
Ich war in Nepal. Zumindest mit der Nase. Ich brauchte mich nur über den Topf zu beugen, die Augen zu schließen und fühlte mich schon in ein Restaurant in Kathmandu versetzt. Um die noch in Menge vorhandenen Ostereier einem sinnvollen Ende zuzuführen, hatte meine Frau ein Rezept des WDR-Kochs Helmut Gote ausprobiert: Indische Eier. Köstlich. Ich weiß, Kathmandu liegt nicht in Indien, aber die Zutaten Ingwer, Kurkuma und Curry sind auch in der nepalesischen Küche verbreitet. Ich habe nach Ostern ein paar Tage ausgespannt, daheim am Rhein. Ab und zu informierte ich mich, was an den höchsten Bergen los war. Eigentlich recht wenig. Die Bergsteiger sind vor Ort, akklimatisieren sich aber noch. Für ein mittleres Rauschen im Blätterwald sorgte ein schwaches Remake der Bergsteiger-Seifenoper „Gipfellüge“.
Verwechslung?
Am Pranger steht der Südtiroler Hans Kammerlander, der im Januar behauptet hatte, als Erster die sogenannten „Second Seven Summits“, die zweithöchsten Berge aller Kontinente, bestiegen zu haben. Jetzt wird bezweifelt, dass der 55-Jährige wirklich auf der Spitze des 5959 Meter hohen Mount Logan, des zweithöchsten Bergs Nordamerikas, gestanden hat. Sein Gipfelfoto zeigt ein kleines Plateau, während auf den Beweisbildern anderer ein scharfer Grat und ein zurückgelassener Eispickel als markantes Zeichen zu sehen ist. „Ich habe keine Eisaxt gesehen“, sagt Hans. Möglicherweise handle es sich um eine „Verwechslung, nicht um eine Lüge mit böser Absicht“.
„Wir hatten keine topografische Karte dabei, nur eine grobe Skizze“, berichtet sein Partner bei dieser Tour, der Südtiroler Konrad Auer – in GPS-Zeiten eine ungewöhnlich schlampige Vorbereitung für Profibergsteiger. Vielleicht haben die beiden ja den nur 34 Meter niedrigeren Westgipfel des Mount Logan bestiegen. Kammerlander kündigte an, er werde mit einem Flugzeug über das Massiv fliegen: „Wenn ich dann sehe, dass ich den Gipfel verwechselt habe, dann möchte ich das sofort richtigstellen und werde den richtigen Gipfel besteigen.“
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Zweithöchste im Land?
Zu allem Überfluss soll Hans bei seiner „Second Seven Summits“-Serie auch noch einen weiteren Berg irrtümlich bestiegen haben: den Puncak Trikora in Indonesien. Nach Satellitenmessungen der NASA aus dem Jahr 2000 sei dies gar nicht der zweithöchste Berg Ozeaniens, sagt Eberhard Jurgalski, ein sehr genauer und gewissenhafter Chronist des Bergsteigens aus dem badischen Lörrach. Der Puncak Mandala, ebenfalls in Indonesien, sei rund 30 Meter höher. Der Österreicher Christian Stangl, der ebenfalls auf der Jagd nach den „Second Seven Summits“ ist, macht die Verwirrung komplett. Er hält den Ngga Puli für den zweithöchsten Berg Ozeaniens. Andere bewerten ihn lediglich als Nebengipfel der Carstencz-Pyramide. Um sicher zu gehen, sollte man vielleicht alle drei Gipfel besteigen.
Stangl war 2010 für das unerreichte Original „Gipfellüge“ verantwortlich. Mit einem geschwindelten Gipfelbild hatte er vorgegeben, im Alleingang den K 2 bestiegen zu haben. Solch vorsätzlichen Betrug sollten wir Kammerlander, der in seiner langen Karriere als Extrembergsteiger Großartiges geleistet hat, nicht vorhalten. Er wäre aber ein möglicher Kandidat für den Preis „Schlampigste Recherche“. Und dass Kammerlander und Stangl im Januar als Seilschaft den Mount Tyree, den zweihöchsten Berg der Antarktis, gemeinsam bestiegen, entbehrt nicht einer gewissen Komik.