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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Winter-Wahrheiten und ein (halbes) Märchen

Winter am Nanga Parbat

Der Winter steht kalendarisch vor der Tür, meteorologisch ist er längst im Haus. Für die Wetterfrösche beginnt die kalte Jahreszeit nämlich schon am 1. und nicht erst am 21. Dezember. Das passt zum heutigen Blick aus dem Fenster: Selbst hier im Rheinland fallen Schneeflocken. Sie bleiben jedoch nicht lange liegen. Das ist an den höchsten Bergen der Welt naturgemäß anderes. Auch in diesem Winter werden sich wieder einige wetterfeste Bergsteiger an jenen Achttausendern im Karakorum versuchen, die noch nie im Winter bestiegen wurden. 

Gerechtigkeit für alle? 

Am 8125 Meter hohen Nanga Parbat werden nach derzeitigem Stand mindestens zwei Expeditionen unterwegs sein. Am zweiten Weihnachtstag brechen die Ungarn David Klein und Zoltan Acs zusammen mit dem US-Amerikaner Ian Overton nach Pakistan auf. Sie wollen über die Diamir-Flanke aufsteigen – über dieselbe Route, auf der im vergangenen Winter der Italiener Simone Moro und der Kasache Denis Urubko bis auf eine Höhe von 6000 Meter gelangt waren, ehe sie wegen Dauerschneefalls hatten umkehren müssen. Über die so genannte Schell-Route am westlichen Rand der Rupal-Wand streben fünf Polen unter Leitung von Tomasz Mackiewicz gipfelwärts. Es ist die zweite Auflage der „Justice For All Nanga Panga Winter Expedition“. Im vergangenen Winter waren Maciewicz und Co gescheitert. Was eine Nanga-Parbat-Besteigung mit Gerechtigkeit für alle zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz. 

Wielicki am Broad Peak

Broad Peak (mit Schatten des K 2)

Auch der Achttausender Broad Peak im Karakorum wartet noch auf seine erste Winterbesteigung. Wie schon Anfang dieses Jahres will auch 2013 eine polnische Expedition den 8051 Meter hohen Berg angehen. Geleitet wird sie von der lebenden Legende Krzysztof Wielicki. Dem heute 62-Jährigen war 1980 mit seinem Landsmann Leszek Cichy die erste Winterbesteigung des Mount Everest gelungen. Auch den Kangchendzönga (1996 mit Jerzy Kukuczka) und den Lhotse (1990 solo) bestieg Krzysztof in der kalten Jahreszeit. Der Mann weiß also, wie es geht.

Erst im Frühjahr  

Denis Urubko

Im Internet kursieren derzeit Meldungen, der Kasache Denis Urubko und der Russe Alexej Bolotov wollten in diesem Winter am Mount Everest eine neue Route erschließen – und das im Alpinstil. Das wäre ein echter Leckerbissen. Stimmt auch alles – bis auf die Jahreszeit. Wir werden uns bis zum Frühjahr gedulden müssen. Er wolle „Mitte Mai in Topform den Gipfel des Mount Everest“ erreichen, sagte Denis in einem Interview mit der kasachischen Internetseite sports.kz. Die beiden sind sicher ein schlagkräftiges Team. Der 39 Jahre alte Urubko hat alle 14 Achttausender ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Zudem gelangen ihm mit Simone Moro die ersten Winterbesteigungen der Achttausender Makalu und Gasherbrum II. Der 49-jährige Bolotov wurde bereits zweimal mit dem Piolet d’Or geehrt, dem Oscar der Bergsteiger. 2001 gelang ihm außerdem die Erstbesteigung des 8410 Meter hohen Lhotse-Westgipfels. Ein Jahr später stand er auf dem Gipfel des Mount Everest, ohne zur Atemmaske gegriffen zu haben.

Datum

3. Dezember 2012 | 18:29

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