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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Nachhaltig nachgefragt

Dirk Reiser, Experte für Nachhaltigkeit

Die Krux mit Modewörtern ist, dass sie inflationär, häufig unpassend, manchmal sogar bewusst falsch verwendet werden. Das gilt auch für „nachhaltig“, einen durchweg positiv besetzten Begriff. Kaum ein Politiker verzichtet in seinen Sonntagsreden auf das Wort, Wirtschaftunternehmen werben mit Nachhaltigkeit, nicht immer wahrheitsgetreu. Professor Dirk Reiser ist einer, der sich auskennt. Der 47 Jahre alte Wissenschaftler lehrt an einer Kölner Privat-Uni „Sustainable Tourism Management“. Studenten mit einem Bachelor-Abschluss in der Tasche können an der Cologne Business School ihren Master in nachhaltigem Tourismus-Management machen. Auf Reiser bin ich durch ein Zeitungsinterview aufmerksam geworden. Darin findet sich seine Aussage: „Sensible Gebiete wie die Antarktis oder den Mount Everest sollte man in Ruhe lassen.“ Mehr nicht. Dennoch macht die Zeitung daraus eine Schlagzeile. Ich beschließe nachzufragen. 

Sensibles System  

Junges Eis

Dirk Reiser war noch nie am Everest und auch nicht in der Antarktis. Aber er hat Feuerland besucht. Damals, erzählt der Wissenschaftler, habe er sich bewusst gegen eine Tour ins ewige Eis entschieden. „Wir haben ganz wenige letzte unberührte Stellen. Die sollte man so gut wie möglich beschützen.“ Ein unvorsichtiger oder übermütiger Kapitän wie jener von der Costa Concordia am Steuer eines Expeditionsschiffs, und schon könnte es passiert sein. „Die Gefahr, in einem so sensiblen Ökosystem wie der Antarktis immense Schäden anzurichten, ist mir einfach zu groß.“

Ast, auf dem Nepal sitzt 

Die Situation am Mount Everest ist komplizierter. Auf der einen Seite, so Reiser, stünden die Probleme, die durch die extreme Kommerzialisierung entstanden seien. „Auf der anderen Seite ist der Berg für das arme Land Nepal ökonomisch sehr wichtig.“ Die Regierung Nepals sei gefordert, diesen bedeutenden Wirtschaftszweig zu erhalten, gleichzeitig aber auf nachhaltigen Tourismus zu drängen. „Das Land selbst muss erkennen: Wenn wir so weitermachen, zerstören wir die Ressource, von der wir leben.“ 

Prof. Dirk Reiser: Die lokale Kultur respektieren

Strafen zu niedrig  

Müllsammeln am Everest

Kommerzielle Expeditionen auf den Gipfel des Mount Everest sind für Reiser nur schwer vertretbar: „Der Müll ist ja nur ein Aspekt. Kontrolle ist da sehr schwer. Wer hat was wo zurückgelassen, zum Beispiel die Sauerstoffflaschen?“ Bei den Geldsummen, die bei Expeditionen im Spiel seien, lachten viele doch nur über die Höhe der Strafen für Umweltsünden. Der Wissenschaftler stört sich auch an der Einstellung mancher Kunden: „Wir haben alles gesehen, jetzt gehen wir auch noch auf den Everest.“ Diese Bergsteiger setzten dann ihr Leben aufs Spiel und gefährdeten damit auch andere. „Die Gefahr ist individuell, die Rettung aber nicht.“ 

Bewusstsein ändern 

Nachhaltiger Tourismus zeichnet sich dadurch aus, dass er einerseits wirtschaftlich ist, andererseits aber auch umweltverträglich und sozial. In Nepal könnte durchaus mehr Geld in der lokalen Wirtschaft verbleiben, sagt Reiser. „Viele der Expeditionen werden ja immer noch von der westlichen Welt geleitet und organisiert.“

Prof. Dirk Reiser: Umdenken ist nötig

Ich frage den 47-Jährigen, was er einem Himalaya-Reisenden empfehlen würde. „Vor allem muss sich das Bewusstsein ändern“, antwortet Reiser und gibt ein paar praktische Tipps: Müll vermeiden, Wasser sparen, den öffentlichen Nahverkehr benutzen, bei lokalen Händlern einkaufen, in einem einheimischen, vielleicht bescheideneren Quartier absteigen statt im Hotel einer internationalen Kette. „Ich als Wissenschaftler hoffe immer noch“, sagt Reiser, „dass wir die Kurve kriegen und uns bewusst machen, dass wir uns verändern müssen – auch in der Art und Weise, wie wir reisen.“ 

P.S. Im Forum Anders Reisen sind etwa 130 Reiseunternehmen zusammengeschlossen, die sich dem nachhaltigen Tourismus verpflichtet haben.

Datum

8. August 2013 | 17:45

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