Goldener Pickel für Ueli?
Dieser Oscar ist ein Pickel. Ein goldener Eispickel. Am Samstagabend wird in Courmayeur, auf der italienischen Seite des Mont Blanc, der Piolet d’Or verliehen , der „Oscar der Bergsteiger“. Oder werden wieder sechs Pickel vergeben, wie 2013? Vor einem Jahr hatte die Jury alle nominierten Teams mit der begehrten Auszeichnung bedacht, was gegenüber den Beteiligten zwar nett war, die ganze Veranstaltung aber eher ad absurdum geführt hatte. In diesem Jahr leitete der frühere US-Spitzenkletterer George Lowe die sechsköpfige Jury. Zu ihr gehörten außerdem Frankreichs legendäre Kletterin Catherine Destivelle, der russische Top-Bergsteiger Denis Urubko, der koreanische Bergsteiger Sungmuk Lim sowie die Publizisten Karin Steinbach aus Deutschland und Erri de Luca aus Italien. Sie haben fünf erfolgreiche Bergprojekte für den Piolet d’Or nominiert, ein weitere Besteigung wird außer Konkurrenz „besonders erwähnt“. Im Gegensatz zu 2013 gibt es diesmal unter den fünf Kandidaten einen eindeutigen Favoriten.
Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen
Gemessen an den Schlagzeilen, die sein Erfolg weltweit produzierte, dürfte es eigentlich keinen anderen Gewinner geben als Ueli Steck. Der Schweizer hat mit seiner Solo-Durchsteigung der Annapurna-Südwand im Oktober 2013 einen Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen gesetzt. Der 37-Jährige brauchte für Auf- und Abstieg nur 28 Stunden. Ueli vollendete am gefährlichsten der Achttausender die schwierige Route, die die Franzosen Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille 1992 bis auf eine Höhe von 7300 Metern eröffnet hatten, ehe schlechtes Wetter sie zur Umkehr gezwungen hatte. Béghin war beim Abstieg in den Tod gestürzt.
Die Franzosen Stéphane Benoist and Yannick Graziani wiederholten Stecks Route nur zwei Wochen später bei schwierigen Verhältnissen, wofür sie bei der Piolet-d’Or-Gala am Samstag mit einer „besonderen Erwähnung“ geehrt werden.
Vier weitere Hochkaräter
Auch die neben Stecks Solo-Besteigung der Annapurna nominierten vier anderen Projekte hatten es wirklich in sich. Die beiden Tschechen Marek Holecek und Zdenek Hruby durchstiegen im Alpinstil erstmals die Nordwand des 7439 Meter hohen Talung in Indien. Den beiden österreichischen Brüdern Hansjörg und Matthias Auer und ihrem Schweizer Freund Simon Anthamatten gelang im Karakorum die Erstbesteigung des 7400 Meter hohen Kunyang Chhish East über die Südwestwand. Die Kanadier Raphael Slawinski und Ian Welsted eröffneten am 7040 Meter hohen K 6 im Karakorum eine elegante Linie durch die Nordwestwand. Nicht ganz so hoch, aber darum nicht weniger spektakulär kletterten der US-Amerikaner Mark Allen und der Neuseeländer Graham Zimmerman. Sie bestiegen den 3052 Meter hohen Mount Laurens in Alaska erstmals über den Nordpfeiler und den Nordgrat.
Piolet d’Or für Roskelleys Lebenswerk
Ein Preisträger steht schon fest. Heute abend erhält in Chamonix der US-Amerikaner John Roskelley den Goldenen Eispickel für sein Lebenswerk als Bergsteiger. Der heute 65-Jährige hatte vor allem in den 1970er Jahren im Himalaya und Karakorum für Furore gesorgt. So gehörte Roskelley 1977 zu den Erstbesteigern des Großen Trango-Turms (6782 Meter) und ein Jahr später zu der US-Expedition, die am K 2 eine neue Route über den Nordostgrat eröffnete.