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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Steck: „Es war gespenstisch“

Ueli Steck

Ueli Steck

Ueli Steck hat den Nebel gelichtet, der sich um das Lawinenunglück vor anderthalb Wochen am Achttausender Shishapangma gebildet hatte. Benedikt Böhm und er hätten sich etwas höher am Hang aufgehalten, „als sich plötz​lich ein Schnee​brett lös​te und die drei Leute unter uns, Sebastian Haag, Andrea Zambaldi und Martin Maier, mit​riss“, sagt Ueli in einem Interview, das er in Kathmandu der Schweizer „Sonntagszeitung“ gab. „Das Schneebrett lös​te sich fast geräuschlos. Es war gespenstisch.“ Maier habe sich selbst aus dem Schnee befreien können. „Er hat kei​ne le​bens​be​droh​li​chen Ver​let​zun​gen davongetragen. Er kam ja selber vom Berg run​ter und kämpf​te sich zu den Hel​fern vor. Jetzt ist er in Deutschland.“

Alle Versuche, den Lawinenkegel zu betreten, um möglicherweise nach den verschütteten Haag und Zambaldi zu suchen, seien erfolglos gewesen. „Es war zu riskant. Wir hät​ten neue La​wi​nen aus​ge​löst“, sagte Steck. „So mussten wir schließlich absteigen. In der Ver​zweif​lung darf man kei​nen Feh​ler ma​chen und damit womöglich an​de​re Leu​te in Ge​fahr brin​gen.“ 

Keine Harakiri-Aktion

Deshalb – so der Schweizer, der gestern 38 Jahre alt wurde – mache es auch keinen Sinn, zu versuchen, die beiden Leichen aus über 7500 Metern Höhe zu bergen. „Das wä​re nur ei​ne zu große Ge​fahr für das Suchteam. Lei​der ist das so.“ Ueli wurde auch gefragt, ob er denke, dass er eine Mitschuld am Tod von Basti Haag und Andrea Zambaldi trage. „Je​der der fünf Berg​stei​ger konn​te sel​ber ent​schei​den, ob er mitmacht. Kei​ner ist für den an​de​ren ver​ant​wort​lich“, antwortete Steck. „Wir wa​ren al​le dort, weil wir dort sein woll​ten. Es hät​te auch mich tref​fen kön​nen.“ Ausdrücklich nimmt Ueli die beiden deutschen Skibergsteiger Böhm und Haag in Schutz, die sich das Projekt Double8 – Speedbesteigung und Skiabfahrt an den Achttausendern Shishapangma und Cho Oyu, dazwischen mit dem Mountainbike von Basislager zu Basislager – ausgedacht hatten: „Es war si​cher kei​ne Ha​ra​ki​ri-Ak​ti​on. Da stan​den kei​ne ex​trem gefährlichen Wän​de im Weg. In​so​fern nen​ne ich es ein reizvol​les, an​ste​cken​des Proj​ekt. Auch wenn es jetzt sehr trau​rig her​aus​ge​kom​men ist.“

Auf seiner Homepage spricht Benedikt Böhm der Familie seines besten Freundes, Basti Haag, sein Mitgefühl aus – und erinnert sich an die Minuten vor dem Unglück: „Kurz bevor eine Lawine Sebastian Haag und Andrea Zambaldi aus dem Leben riss, erstrahlte der Gipfel der Shishapangma in der aufgehenden Morgensonne. Ein Moment des Glücks. Einer der vielen, die Basti und ich gemeinsam erleben durften.“

Datum

5. Oktober 2014 | 18:17

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