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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Dujmovits: „Ich will es für mich erreichen“

Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Noch immer steckt sein Lesezeichen im Buch Everest. Ralf Dujmovits hat als bislang einziger Deutscher alle 14 Achttausender bestiegen. Nur 1992 am Mount Everest griff Ralf zu Flaschensauerstoff. Das empfindet der 53-Jährige bis heute als Makel und will diese Scharte auswetzen. Zum nun schon siebten Mal will Ralf in diesem Frühjahr zum höchsten Berg der Erde reisen, zum vierten Mal auf die tibetische Nordseite. Im letzten Jahr hatte Dujmovits auf dem Nordostgrat eine Höhe von 8300 Metern erreicht. Anschließend hatte er sich über seine eigenen Fehler geärgert. Und so wurde aus dem von Ralf schon mehrmals angekündigten „definitiv letzten“ Versuch am Everest wieder einmal nur ein vorerst letzter. In diesem Jahr will er mit der kanadischen Kletterin Nancy Hansen ein Team bilden. Ich traf Ralf bei der ISPO in München und fragte ihn nach seinen Everest-Plänen:

Ralf und der Everest, eine unendliche Geschichte?

Unendlich nicht. Ich hatte ja letztes Jahr gesagt, dass 2014 definitiv mein letzter Versuch wäre. Aber es hat mich doch nicht in Ruhe gelassen, weil ich 2014 einfach nicht das Gefühl hatte, eine echte Chance bekommen zu haben. Ich will mir jetzt zumindest noch einmal eine Chance gönnen, bei der ich das Gefühl habe, alles geben zu können und nicht vom Wind weggeblasen zu werden. Wenn ich dann umdrehen müsste, wäre es eine andere Geschichte. Aber ich will zumindest Richtung Gipfel aufbrechen und mich noch einmal richtig ins Zeug legen.

Ralf Dujmovits: Noch mal ins Zeug legen

Aufstieg nach Lager 3 (2014)

Aufstieg nach Lager 3 (2014)

Du hast eine neue völlig neue Definition des Wortes „definitiv“ kreiert. Vermeidest du diesmal die Formulierung „der definitiv letzte Versuch“?

Ich habe gelernt, dass man niemals nie sagen soll. „Definitiv nicht mehr“, möchte ich diesmal nicht sagen. Ich bin im Moment so motiviert. Und ich spüre, dass ich mit intensivem Training noch mal so fit geworden bin, dass ich es ganz einfach nicht ausschließen möchte, selbst wenn es jetzt nicht hinhauen sollte. Aber man wird natürlich zurückhaltender und vorsichtiger. Ich glaube, das ist auch richtig so. Es muss einfach alles zusammenpassen und alles stimmen, dass man sich noch einmal zu so einem ganz großen Ziel aufmacht und dort auch wirklich eine echte Chance erhält.

Positiv formuliert, bist du Anfang 50, weniger positiv gesagt, näherst du dich schon Mitte 50. Fällt es einem da schwerer, sich auf ein so extremes Projekt vorzubereiten?

Ich bin nach wie vor sehr motiviert und tue mich überhaupt nicht schwer zu trainieren. Ich merke, dass ich das Training mit sehr viel Hirn angehen muss, ich darf in dieser Phase nicht allzu viele andere Sachen machen. Ich komme gerade aus der Antarktis (Ralf leitete eine kommerzielle Expedition zum Mount Vinson, dem höchsten Berg des weißen Kontinents). Das war zwar bergsportlich einigermaßen intensiv. Trotz allem hatte es natürlich nicht die Intensität wie ein gutes Training. Nach vier Wochen quasi Nichtstun in der Antarktis habe ich einen echten Trainingsrückstand. Insofern muss ich jetzt konsequent dranbleiben, um das Level zu erreichen, das ich mir an Fitness vorstelle für so eine Geschichte. Und ich will auch nur dann wieder aufbrechen, wenn ich das Gefühl habe, dass alles passt.

Ralf Dujmovits: Konsequent dranbleiben

Hast du das Gefühl, dass du heute deutlich schneller umdrehst, als du es früher getan hast?

Ich hänge vielleicht noch mehr an meinem Leben als früher. Ich weiß auch, all das Schöne neben dem Bergsteigen zu schätzen. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen, sondern möchte es nur noch gerne für mich erreichen. Ich drehe inzwischen wahrscheinlich wirklich leichter um, weil ich überhaupt keinen Druck mehr habe. Ich möchte es für mich machen, aber auch immer wieder gut unten ankommen. Damit darf ich auch einfach sehr viel zurückhaltender sein.

Ralf Dujmovits: Ich mache es fuer mich

Im Everest-Hochlager

Im Everest-Hochlager

Den Everest hast du schon so oft kennengelernt, von diversen Seiten, in vielen Versuchen. Was genau hast du dir diesmal vorgenommen?

Ich habe mir vorgenommen, mich zunächst wirklich gut zu akklimatisieren, um dann bestens akklimatisiert Richtung Gipfel aufzubrechen. Auf welcher Route ich letztlich aufsteigen werde, nachdem wir uns am Nordgrat akklimatisiert haben, werde ich erst noch sehen. Es hängt von den Verhältnissen ab und davon, wie wir beieinander sind. Ich möchte gar nicht viel im Voraus erzählen. Ich denke, wenn ich mich gut fühle, kann ich auch eine andere Route als den Nordostgrat gehen, der unendlich lang dem Wind ausgesetzt ist. Aber das entscheide ich ganz zum Schluss.

Rechnest du damit, dass es in diesem Jahr auf der tibetischen Nordseite mehr Rummel gibt – aufgrund der Ereignisse auf der nepalesischen Südseite im letzten Jahr?

Ich habe sehr intensiv verfolgt, wer von den kommerziellen Anbietern wirklich auf die Nordseite wechselt. Eigentlich ist das nur der Veranstalter Alpenglow, der aber in den letzten Jahren immer nur sehr kleine Gruppen hatte. Ich gehe schon davon schon aus, dass einige Bergsteiger mehr dort sein werden. Aber es wird sicher nicht den großen Rummel geben, wie er früher schon einmal auf der Nordseite herrschte. Ganz einfach deshalb, weil es vor allem für die Amerikaner immer noch ungewiss bleibt, ob sie überhaupt nach China hereingelassen zu werden.

Aber du hast mit den Chinesen keine Probleme?

Ich habe insofern keine Probleme, dass ich dorthin nur zum Bergsteigen gehe und mich dann wieder vom Acker mache. Es gibt andere Dinge, über die man diskutieren kann. Ich will aber das Bergsteigen nicht mit etwas anderem vermischen.

Datum

9. Februar 2015 | 17:34

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