Dujmovits am Everest: „Ich bin zuversichtlich“
Alle Welt schreibt, wie voll es am Mount Everest ist. „Der Berg ist fast komplett ausgestorben“, erzählt mir heute Ralf Dujmovits per Satellitentelefon. Der einzige Deutsche, der bisher alle 14 Achttausender bestiegen hat, ist gerade von seinem zweiten Akklimatisierungs-Anstieg auf der tibetischen Nordseite des Everest zurückgekehrt. Eine Nacht hat er in Lager 2 auf 7700 Metern verbracht, anschließend stieg er wieder, wie geplant, zum vorgeschobenen Basislager (ABC) auf 6300 Metern Höhe ab.
Fixseile bis 8300 Meter
Das ABC ist natürlich nur vorübergehend verwaist. „Fast alle sind nach weiter unten abgestiegen“, erzählt Ralf. Die Teams der meisten kommerziellen Expeditionen wollten im so genannten „Chinese Base Camp“ auf 5200 Metern Höhe oder sogar noch weiter unten vor dem ersten Gipfelversuch noch einmal „dickere Luft“ tanken. Die Route, so Dujmovits, sei inzwischen bis Lager drei auf 8300 Metern mit Fixseilen gesichert, am Donnerstag oder Freitag sollten die Arbeiten bis zum Gipfel abgeschlossen werden. Auf der Nordseite halten sich derzeit rund 140 ausländische Bergsteiger auf, dazu etwa ebenso viele Sherpas. In der Summe sind es nur halb so viele Gipfelaspiranten wie auf der nepalesischen Südseite des Everest, wo insgesamt rund 750 ausländische und einheimische Bergsteiger unterwegs sind.
Regeneration auf 6300 Metern
„Ich mache jetzt erst mal drei bis vier Tage Pause, um mich komplett zu regenerieren“, sagt Ralf. „Ich werde hier im ABC bleiben und nicht weiter absteigen. Dafür sehe ich keinen Grund. Ich fühle mich echt wohl. Mal sehen, wie sich das Wetter entwickelt.“ Der 55-Jährige will noch einen letzten Versuch – seinen inzwischen achten – machen, den Everest ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Bei seinem Gipfelerfolg im Herbst 1992 hatte er bei schlechtem Wetter oberhalb des Südsattels zur Atemmaske gegriffen. Die anderen 13 Achttausender hatte Dujmovits ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen. Nur am Everest scheiterte er immer wieder – aus unterschiedlichen Gründen. Bei seinem nach eigenen Worten „definitiv letzten“ Versuch gönnt er sich eine Absicherung: Ralf hat Mingma Sherpa, einen Sherpa aus dem Khumbu-Gebiet, engagiert, der für den Deutschen eine Flasche Sauerstoff mitträgt – nur für den Notfall. Sollte er gezwungen sein, zur Flasche zu greifen, will Ralf sofort absteigen.
Seit Tagen kaum Wind
Danach sieht es derzeit nicht aus. „Ich bin ganz zuversichtlich“, sagt Ralf. Nach seiner Vorakklimatisierung im Khumbu, wo er mit seiner Partnerin Nancy Hansen den Sechstausender Cholatse bestiegen hatte, fühle er sich „überdurchschnittlich fit“. Die Nacht auf 7700 Metern sei allerdings „etwas durchwachsen“ gewesen, räumt Dujmovits ein. „Ich hatte wohl zuvor irgendetwas Falsches gegessen.“ Heute Morgen habe er dann im Schneetreiben zusammengepackt und sei abgestiegen: „Wir haben hier seit Tagen quasi Windstille. Deshalb bilden sich immer wieder Wolken, und es beginnt zu schneien.“
Sicht bis zu den Füßen
Die teilweise heftigen Schneefälle im Himalaya haben bereits einige Gipfelversuche an Achttausendern durchkreuzt. So kehrte der Deutsche Thomas Lämmle, der den Makalu ohne Flaschensauerstoff besteigen will, heute in Lager 3 auf knapp 7500 Metern um. Der Spanier Kilian Jornet, inzwischen auf dem Weg zum Everest, erreichte nach eigenen Worten am Sonntag in dichtem Schneetreiben am Achttausender Cho Oyu einen Punkt, den er für den höchsten hielt: „Ganz ehrlich, ich bin mir nicht sicher, ob es der Gipfel war, weil ich nur meine Füße sehen konnte. Aber ich war irgendwo in der Nähe.“