„Der Lausbua in mir“
„Hast Du schon den Werbespot der Huberbuam gesehen?“, wurde ich vor einiger Zeit gefragt. Natürlich nicht. Schließlich schalte ich den Fernseher in der Werbepause immer auf stumm, suche das stille Örtchen auf oder gehe an den Kühlschrank, um mir einen Pausensnack zu gönnen. Genau für einen solchen werben die beiden bayrischen Extremkletterer Thomas und Alexander Huber. „Kritiker haben uns deswegen vorgeworfen, wie seien schlechte Vorbilder“, erzählt mir Thomas, der ältere der beiden, bei unserem Treffen in Köln. „Dabei geben wir doch das richtige Vorbild ab, indem wir zeigen, dass wir uns bewegen. Und wer sich viel bewegt, kann essen, was er will.“ Aber Entwarnung: Man muss nicht gleich wie im Spot die Fassade eines Hauses hinaufturnen, um sich einen süßen Riegel gönnen zu dürfen.
Thomas (l.) und ich: Zwei Riegelesser, aber nur ein Extremkletterer
Wenn die Zeit stehen bleibt
Für den 43-Jährigen Extrembergsteiger aus Berchtesgaden war das eine leichte Übung. Schließlich klettert er sonst Felswände, bei deren Anblick anderen schon schwindlig wird. 2009 etwa gelang es Thomas und Alexander Huber, „Eternal Flame“, eine äußerst schwierige Route an den Granitwänden der über 6000 Meter hohen Trango-Türme im Karakorum in Pakistan zu klettern – und das erstmals frei, also indem sie Seile und Haken nur zur Sicherung, nicht aber zur Fortbewegung nutzten. „Wir sind leidenschaftliche Bergsteiger, Kletterer, Sportler, Abenteurer, immer auf der Suche, die Grenzen neu zu definieren“, sagt Thomas. Er finde in den Bergen jene magischen Augenblicke, „die das Leben lebenswert machen: Wenn, subjektiv empfunden, die Zeit stehen bleibt.“ Diese Erfahrung könne jeder machen, auch abseits der Berge. „Ich habe diesen Moment z.B. auch bei der Geburt meiner drei Kinder erlebt oder als ich meine Frau ehelichte.“ Thomas Huber hat 2010 ein Familienjahr eingelegt, will nur kleinere Trips in den Alpen machen. Erst für 2011 plant er, gemeinsam mit seinem Bruder Alexander wieder zu einer größeren Expedition aufzubrechen, wahrscheinlich erneut nach Pakistan.
Die Huberbuam in der „Eternal Flame“ am 6251 Meter hohen Nameless Tower
Nein sagen können
Ein überzeugter und verantwortungsvoller Familienvater als Extrembergsteiger, wie lässt sich das verbinden? „Es ist manchmal sehr schwierig, den Spagat zu schaffen“, räumt Thomas ein. Dabei helfe ihm seine Frau als „starker Partner, der Vertrauen zu mir hat und auch weiß, dass ich nein sagen kann“. Schließlich – so Huber – sei nicht der ein guter Bergsteiger, „der versucht, auf Biegen und Brechen den Gipfel zu erreichen, sondern jener, der, auch wenn der Gipfel in greifbarer Nähe ist, Nein sagen kann.“ Auch wenn er mit 43 Jahren nicht mehr zu den Jüngsten der Szene gehört, fühlt sich Thomas noch nicht zu alt für das Leben eines Abenteurers: „Ich habe nach wie vor diese kindliche Leidenschaft des Lausbua in mir.“ Der wahrscheinlich wirklich die Fassade hochklettert, wenn er seinen Hausschlüssel vergessen hat. Und der dann noch einen Abstecher zum Kühlschrank macht.
Interview mit Kletter-Ass Thomas Huber
P.S. Wenn Ihr die Gelegenheit habt, besucht Thomas Hubers Vortrag „Im Vakuum der Zeit“, bei dem es jede Menge spektakuläre Bilder und Filmsequenzen zu sehen und natürlich auch Thomas zu hören gibt. Apropos: Unser Gespräch könnt Ihr unten nachhören.