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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Schwarze Liste

Wieder einer. Langsam wird es mir unheimlich. Der Niederländer Ronald Naar ist die Nummer sechs in der Liste der Bergsteiger, die ich 2004 auf meiner Trekkingreise zum Basislager des K 2 in Pakistan kennenlernte und die inzwischen nicht mehr unter den Lebenden weilen. Naar starb nach einem abgebrochenen Gipfelversuch am Achttausender Cho Oyu. Der 56-Jährige kollabierte kurz nachdem er seinen Gefährten gesagt hatte, er fühle sich nicht wohl.


Ronald Naar, 1955-2011

Sue und Karl

Wie gesagt, die Nummer sechs auf meiner schwarzen Pakistan-Liste. Als erste erwischte es 2006 die Australierin Sue Fear, die ich in Urdukas am Baltoro-Gletscher getroffen hatte. Die 43-Jährige verschwand beim Abstieg vom Gipfel des Manaslu, ihrem fünften Achttausender, auf etwa 7800 Metern in einer Gletscherspalte. Dieses Schicksal teilte auch Karl Unterkircher, der mich 2004 immer wieder zum Essen ins Zelt seiner italienischen Expedition eingeladen hatte. Der Südtiroler, der in jenem Jahr innerhalb von zwei Monaten den Mount Everest und den K 2 ohne Atemmaske bestieg, stürzte 2008 am Nanga Parbat in eine 15 Meter tiefe Spalte. Simon Kehrer und Walter Nones, die mit ihm aufgestiegen waren, konnten nur noch seinen Tod feststellen.

Inaki, Walter und Mick

Im gleichen Jahr starb Iñaki Ochoa de Olza, der zwölf Achttausender bestiegen hatte, im Alter von 40 Jahren, höhenkrank an der Annapurna. Mit Iñaki hatte ich 2004 im K 2-Basislager gemeinsam am Tisch gesessen. Im nicht weit entfernten Broad Peak-Basislager traf ich damals Mick Parker. Fünf Jahre später, 2009, wurde der Australier tot in einem Hotel in Kathmandu aufgefunden – gestorben an einem Höhenödem, das er sich bei der Besteigung des Makalu zugezogen hatte. Parker wurde 36 Jahre alt. Mit 38 Jahren verabschiedete sich der schon erwähnte Walter Nones, auch er ein Mitglied der italienischen K 2-Expedition von 2004. Er verunglückte 2010 tödlich, als er versuchte, den Cho Oyu über eine neue Route zu besteigen.

Ikone mit Kratzern

Ronald Naar traf ich 2004 bei den Jubiläumsfeiern zum 50. Jahrestag der Erstbesteigung des K 2 in Islamabad. Naar war der erste Bergsteiger aus den Niederlanden, der die Seven Summits bestieg, die höchsten Berge aller Kontinente. „Eine Ikone des niederländischen Bergsports“ wurde er in Nachrufen genannt. Doch sein Image war nicht ganz ohne Kratzer. 1992 hatte Naar am Everest-Südsattel einen indischen Bergsteiger, der für tot gehalten worden war, plötzlich aber doch noch Lebenszeichen von sich gab, einfach im Schnee liegen lassen, ohne nach ihm zu sehen, geschweige denn zu helfen. „Ich wollte nicht, dass sich einer von uns verletzte“, schrieb Naar später.

Datum

28. Mai 2011 | 19:24

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