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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

„Das hat der Mount Everest nicht verdient“

Gerlinde Kaltenbrunner

Gerlinde Kaltenbrunner träumt noch immer vom Mount Everest. Den Plan, durch die Nordwand über die so genannte „Supercouloir“-Route zum 8850 Meter hohen Gipfel aufzusteigen, hat die 42 Jahre alte Österreicherin trotz zweier gescheiterter Versuche nicht aufgeben. 2005 und 2010 ließen die Verhältnisse in der Wand einen Aufstieg nicht zu. „Für mich ist der Mount Everest immer noch ein wunderschöner Berg, speziell von der Nordseite her, wenn man direkt vor der Nordwand steht“, schwärmt Gerlinde (Ihre Äußerungen könnt ihr auf der rechten Blog-Seite auf den beiden Pinnwänden zum 60-Jahr-Jubiläum der Erstbesteigung nachlesen und -hören). „Trotzdem werde ich in nächster Zeit nicht mehr zum Everest zurückkehren.“ 

Vom Nuptse aus zugesehen 

Zu tief sitzt der Schock über das, was sie im letzten Frühjahr am höchsten Berg der Erde mit ansehen musste. Mit ihrem Seilpartner David Göttler war Gerlinde die erste sechste Besteigung des 7861 Meter hohen Nuptse gelungen – in unmittelbarer Nachbarschaft des Mount Everest. Von dort konnte sie die lange Schlange Hunderter von Gipfelanwärtern in der Lhotse-Flanke sehen. Weiter unten hatte sie auch beobachtet, wie unsicher sich viele von ihnen auf Steigeisen bewegten. „Das alles hat mich sehr beschäftigt“, sagt Gerlinde. „Es hat mir sehr weh getan zu sehen, was sich dort abspielt. Das hat dieser Berg nicht verdient.“ Gerlinde Kaltenbrunner hatte als erste Frau alle 14 Achttausender ohne Atemmaske bestiegen, 2010 auch den Everest über die tibetische Normalroute. 

Vorstoß lief ins Leere 

Zum 60. Geburtstag der Erstbesteigung wünscht Gerlinde dem Mount Everest mehr Ruhe und außerdem Bergsteiger, die „aus Überzeugung, mit einer echten inneren Begeisterung“ kommen und ihn „aus eigener Kraft“ besteigen wollen, „nicht mit allen Mitteln, ganz egal, was es kostet“. Nach ihrer Expedition 2012 hatte Gerlinde beim so genannten „Debriefing“, dem Abschlussgespräch mit den zuständigen Behörden in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu, vorgeschlagen, nur noch Bergsteiger für den Everest zuzulassen, die zuvor mindestens einen anderen Achttausender bestiegen haben. Sie stieß auf taube Ohren.

Datum

14. Februar 2013 | 16:37

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