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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Micks Tipps

Mick Fowler

Mick Fowler

Für uns im „Club der Halbhunderter“ wirken Leute wie Mick Fowler wie ein Antidepressivum. Der 1956 (!) geborene britische Extrembergsteiger beweist alljährlich, dass einem auch noch jenseits der 50 großartige sportliche Projekte gelingen können. Der Zenit der körperlichen Leistungsfähigkeit mag überschritten sein. Gott mag uns auch – wie Bruce Willis einst treffend bemerkte – die Haare vom Kopf genommen und in die Ohren gesteckt haben. Aber uns bleibt immer noch die Erfahrung als Pfund, mit dem wir wuchern können. An seinem reichen Erfahrungsschatz lässt Fowler nun alle teilhaben. Der 58-Jährige hat zehn Tipps für erfolgreiche Expeditionen zu den höchsten Bergen der Welt zusammengetragen.

Richtiger Partner, richtiges Ziel

Mick (r.) und Paul Ramsden

Mick (r.) und Paul Ramsden

„Du brauchst jemand, der dieselbe Einstellung zu Risiko und Wagnis hat wie du selbst“, sagt Mick. (Tipp 1) Er hat den idealen Seilpartner in seinem Landsmann Paul Ramsden gefunden, mit dem er regelmäßig wilde Touren zu Sechstausendern im Himalaya unternimmt. Zweimal (2002 und 2013) wurden Mick und Paul dafür bereits mit dem  Piolet d’Or ausgezeichnet, dem Oscar der Bergsteiger. “Suche dir ein Ziel aus, an dem du eine realistische Erfolgschance hast”, rät Mick. (2) Dabei gelte es, einige Faktoren zu berücksichtigen, etwa die verfügbare Zeit, die Höhe und die Entfernung vom Basislager bis zum Einstieg der Route. „Und beurteile, soweit möglich, schon im Vorfeld die wahrscheinlich auftretenden objektiven Gefahren.“ Wichtig sei ferner, was eigentlich auf der Hand liege: eine vernünftige Akklimatisierung. (3) Die Versuchung sei groß, an der Zeit zu sparen, sagt Fowler. Er selbst verbringe vor dem Gipfelversuch mindestens drei Nächte in der Zone tausend Meter unterhalb des höchsten Punkts und lege dann einen Ruhetag im Basislager ein, bevor er Richtung Gipfel aufbreche. „Dann habe ich eine gute Erfolgschance – sofern ich nicht zu schnell vorankomme und mich noch auf der Route weiter akklimatisieren kann.“

In der Ruhe liegt die Kraft

Apropos Geschwindigkeit: Mick rät dazu, früh aufzubrechen und nicht zu lange unterwegs zu sein. (4) „Früh aufzuhören, ist kein Verbrechen. Beeile dich nicht! Genieße es, in den Bergen zu sein! Genau dafür bist du doch dort!“ Ruhe und Geduld seien unabdingbar für anspruchsvolle Touren im Himalaya, schließlich seien Wetterumschwünge jederzeit möglich. „Denke nicht gleich an den Abstieg, wenn erste Vorboten schlechten Wetters auftauchen, sondern sei darauf vorbereitet, es auszusitzen!“, empfiehlt der Brite. „Nimm eine zusätzliche Gaskartusche mit und ein Buch, um die Zeit totzuschlagen!“ (5) Am Gipfeltag sollten Bergsteiger nach Meinung Fowlers der Versuchung widerstehen, den Großteil der Ausrüstung im letzten Lager zurückzulassen, um mit möglichst wenig Gewicht aufzusteigen (6): „Allzu oft ist der Weg zum Gipfel weiter als erwartet, und du musst ein unplanmäßiges Biwak ohne Ausrüstung einlegen. Und das führt allzu oft zu einem Rückzug und einem Team, das zu müde ist, um es am nächsten Tag noch einmal zu versuchen. Aus diesem Grund habe ich meine gesamte Ausrüstung immer dabei.“

Tröstende Worte

Ausrüstung ist das halbe (Über-) Leben

Ausrüstung ist das halbe (Über-) Leben

Und hier sind Micks übrige vier Tipps in Kürze:

(7) Denke auch an die mögliche Hitze im Himalaya!
(8) Trinke viel und nimm etwas zum Essen mit, das du nicht aufwärmen musst!
(9) Packe nicht nur einen Biwaksack ein, sondern zumindest ein leichtes Zelt!
(10) Spare nicht an der Ausrüstung!

Für alle, die sich jetzt an zahlreiche Fehler im Hochgebirge erinnern und sich für die großen Bergtrottel halten, hat Fowler noch ein paar tröstliche Worte parat: „Über die Jahre habe ich alle erwähnten Fehler selbst gemacht. Ich hoffe, dass euch meine Tipps dabei helfen, einige zu vermeiden und dass ihr die Freude erlebt, Erfolge im Himalaya zu feiern.“ Wie Mick, unser Ü50-Antidepressivum.

Datum

9. Dezember 2014 | 18:28

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