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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Weitermachen am Everest? Bitte nicht!

Rettungsaktion im Basislager nach der Lawine vom Pumori

Rettungsaktion im Basislager nach der Lawine vom Pumori

Business as usual am Mount Everest, wenige Tage nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal? Die Regierung des Landes scheint wild entschlossen, die Klettersaison am höchsten Berg der Erde nicht abzubrechen, sondern fortzusetzen – trotz der chaotischen Situation überall im Land. „Die Leitern (auf der Route durch den Khumbu-Eisbruch) werden in den nächsten zwei bis drei Tagen repariert sein, dann kann wieder geklettert werden. Es gibt für niemanden einen Grund, die Expedition abzubrechen“, sagte Tulsi Gautam, Generaldirektor des nepalesischen Tourismusministeriums, der französischen Nachrichtenagentur AFP. Gyanendra Shrestha, ein anderer Beamter der Behörde, bestätigte: „Wir haben die Expeditionen nicht abgeblasen. Einige Teams haben uns mitgeteilt, dass sie gerne weitermachen würden.“ Wenn die Route vom Basislager nach Lager 2 wiederhergestellt sei, könnten alle Teams, die wollten, den Aufstieg versuchen. „So ist Abenteuer“, sagte Shrestha. „Es ist unvorhersehbar. Jeder muss selbst für seine Sicherheit sorgen. Die Regierung kann Katastrophen nicht verhindern.“

Wie gestern berichtet, will unter anderen das Expeditionsteam des neuseeländischen Veranstalters Himalayan Experience in den nächsten Tagen noch im Basislager bleiben. „Phurba (der Sirdar der Sherpas) sagt mir, dass die Sherpas bereit sind, wieder ins Basislager zu kommen, die Bedingungen in den nächsten Tagen zu begutachten und dann gemeinsam eine Entscheidung zu treffen“, schrieb Himex-Chef Russell Brice in seinem Newsletter.

Ich finde: Das geht gar nicht!

Aber sollten die Bergsteiger wirklich wieder damit beginnen, auf dem Everest herumzukraxeln? Nachdem am Samstag eine Lawine 19 Menschen im Basislager getötet hat? Während in Nepal jede Hilfe und jedes Material benötigt wird, während Tausende von Verletzten behandelt werden müssen, während ganze Regionen immer noch von der Außenwelt abgeschnitten sind? Können Bergsteiger das alles wirklich ausblenden? Ich finde: Das geht gar nicht! Ich fände es geradezu zynisch. Natürlich brauchen die Sherpas ihre Jobs, um ihre Familien zu ernähren. Aber es sollte doch andere Möglichkeiten geben, dies sicherzustellen, als in diesem Frühjahr auf den Everest zu steigen. Die Expeditionsteilnehmer könnten zum Beispiel denjenigen, die es am schlimmsten getroffen hat, Geld zukommen lassen. Sie könnten noch Tage oder Wochen im Khumbu oder in anderen Regionen Nepals bleiben, mit anpacken, um die zerstörten Häuser wieder aufzubauen und ihre Zelte jenen Einheimischen zur Verfügung stellen, die ihr Dach über dem Kopf verloren haben. Und sie könnten im nächsten Jahr wieder zurückkehren, um den Everest zu besteigen. Der Berg läuft nicht weg. Und Nepal wird weiter an der Nabelschnur des Tourismus hängen, erst recht in den Jahren nach der Erdbebenkatastrophe.

Datum

30. April 2015 | 18:12

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